Willi Stern
*2.12.1896 in Ennigerloh; ✡30.12.1944 in der Schiffswerft Schichau , Danzig
Vater Natan Stern *?
Mutter Henriette Löwenstein *26.6.1865 (unsicher)
Geschwister
Hedwig Stern *8.11.1898 in Sendenhorst; oo Max Baum; ✡Dez.1944 in Stutthof
Adressen Recklinghausen, Holzmarkt 1; zuletzt Kellerstr.1, Ghettohaus
Beruf Rechtsanwalt, Dr. jur., Amtsgerichtsrat
Heirat Maria Stern, geb. Diesrich *1900; geschieden
Weiterer Lebensweg
Amtsgerichtsrat
1930 Repräsentant der jüdischen Gemeinde
12.10.1930 Sonntag, Willi Stern spricht bei Eröffnung des jüdischen Jugendheims am Westerholter Weg als Leiter des Jugendvereins (Bericht in der RZ vom 14.10.1930)
Die RjF Ortsgruppe Recklinghausen – Reichsbund jüdischer Frontsoldaten
Initiator der Recklinghäuser RjF-Ortsgruppe war 1919 Sanitätsrat Dr. Sally Löwenstein aus Herten, langjähriger Repräsentanzvorsitzender. Anfang 1935 legte der bisherige Vorsitzende Dr. Ludwig Fischbein sein Amt nieder, das Sally Gottlieb, bis dahin Schriftführer, übernahm. Dessen Nachfolger wurde Anfang 1938 Otto Lilienfeld.; Willi Stern aktives Mitglied der RjF Ortsgruppe Recklinghausen;
Der RjF veranstaltete bis Ende 1936 u. a. Boxkämpfe. Die Mitglieder von C. V. und RjF hatten die Möglichkeit, regelmäßig Vorträge zu hören. 1938 veranstaltete der Ortsverband auch Referate zu Auswanderungsfragen
Haus Berta am Freudenberg bei Alt-Schermbeck
Auf Betreiben von Leo Gompertz, Vorsitzender der RjF-Ortsgruppe Gelsenkirchen entstand 1934 auf dem Heide und Waldgelände des Julius Goldschmidt ein Jugend-und Ferienheim, Haus Berta, benannt nach der Mutter des Julius Goldschmidt. Die feierliche Eröffnung fand am 29.7.1934 im Beisein von reichsweiter RjF- und Rabbinats-Prominenz statt. Heimleiter wurde Dr. jur. Willi Stern, 1933 von den Nazis außer Dienst gestellter Amtsgerichtsrat aus Recklinghausen. Madrich für das erste Landsommerhalbjahr 1935 war Heinz Kahn (HaKa)aus Eschwege.
Die geistliche Betreuung übernahm der zuständige Bezirksrabbiner Dr. Selig Auerbach aus Recklinghausen. Das Ehepaar Leo und Rosa Auerbach war für die Hauswirtschaft zuständig, Ruth Stamm für den Jugendsport und die Gymnastik. Die vom Hamburger Oberrabbiner Dr. Joseph Carlebach empfohlene Edith Möller aus Hamburg-Altona führte die streng koschere Küche.
Vom 10.5.-31.10.1935 fand das bereits an einer Hachschara ausgerichteten erste Landhalbjahr statt; Madrich war Heinz Kahn (HaKa) aus Eschwege.
Als vermutlich bewusste Provokation wurde Haus Berta 1937 während eines wie immer besonders festlich begangenen Freitagabend-Gottesdienst zum jüdischen Schabbat von der Gestapo geschlossen.
Aus dem Lagebericht von 1937 der Staatspolizeidienststelle für den Regierungsbezirk Münster:
„Die polizeiliche Schließung des jüdischen Ferienhauses (…) hat nach dem vorliegenden Bericht des Landrats in Recklinghausen in der Bevölkerung lebhafte Befriedigung ausgelöst.“
Willi Stern in Haus Berta
1934-1937 Willi Stern Heimleiter des RjF-Jugendheim Haus Berta in Alt-Schermbeck mit ständigem Sitz der Verwaltung in Haus Stern; als Bürokraft arbeitet ein Herr Baehr
7.8.1934 Ansprache an die Jugendlichen in Haus Berta anlässlich der Hindenburg-Gedenkfeier
Noch 1935 findet eine Hindenburgfeier statt; Charles Wolff aus New York schreibt:
„Noch erinnere ich mich der Gedenkfeier am 4. August 1935 anlässlich des einjährigen Todestages des Generalfeldmarschalls und Reichspräsidenten von Hindenburg. Während des Morgenappells wurde die Fahne auf Halbmast gesetzt und der Heimleiter Dr. Stern sprach einige Worte des Gedenkens.“
Rabbiner Dr. Selig Auerbach berichtet:
Weiter Selig Auerbach zu Willi Stern und seiner Schwester Hedwig Baum:
Er wohnt mit seiner Schwester Hedwig in Recklinghausen, Löhrgasse 1
1937 mit Rabbi Dr. Selig Auerbach nach Nuttlar, um Erich Jacobs als Lehrer einzustellen
1938 Repräsentantenvorsteher in Recklinghausen
Mitte 1938 die Gemeinde unter Leitung von Rabbiner Dr. Auerbach und Dr. Willi Stern richtet auf Veranlassung des ‚Preußischen Landesverbandes jüdischer Gemeinden‘ englische Sprachkurse in Recklinghausen ein und zwar für Kinder, für Anfänger und Fortgeschrittene.
28.10.1938 versorgt die abgeschobenen polnischen Juden noch am Bahnhof
Sommer 1941 Zwangsumsiedlung ins Ghettohaus Kellerstr. 1
Ab August 1941 Nachfolger des verstorbenen Willi Hirschberg als RVJD Vertrauensmann für Recklinghausen
24. 1.1942 deportiert nach Gelsenkirchen Wildenbruchhalle als Leiter der Recklinghäuser Juden
27. 1.1942 Deportation über Dortmund ins Ghetto Riga
Walter Elsbach wurde im Ghetto Riga Gruppenältester der Dortmunder Gruppe (Westfalen II) neben Hermann Voosen (Westfalen I); Willi Stern als Vertreter von Voosen der Gruppe Westfalen I (Gelsenkirchen und Recklinghausen)
Bericht Hermann Voosen aus Gelsenkirchen:
Mitglied des Ältestenrates in Riga
1.10.1944 Ankunft in Stutthof; aus Stutthof ins Arbeitslager Burggraben überstellt. Er arbeitete dort im Außenkommando Danzig-Schichau, Schiffswerft.
30.12.1944 Tod in Danzig-Schichau
Bericht Rolf Abrahamsohn:
„Aber es gab ja auch Leute, wie den Amtsgerichtsrat Dr. Stern, die diesen seelischen Kummer nicht aushalten konnten; die sind in den Stacheldraht gelaufen.“
Quellen
Hermann Voosen, Brief an Leo Gomperts, Schweden, 28.Juli 1945
www.dorsten-unterm-hakenkreuz.de
Bernd Philipsen, Fred Zimmak, Hrsg., Wir sollten leben, Novalis 2020
Rolf Abrahamsohn, Was machen wir, wenn der Krieg zu Ende ist? Klartext, 2010
Heinz Reuter, Die Juden im Vest Recklinghausen, Vestische Zeitschrift Bd. 77/78, 1978/1979
Werner Schneider, Jüdische Heimat im Vest Gedenkbuch 1983
Werner Schneider, Jüdische Einwohner Recklinghausens 1816-1945, in: 750 Jahre Stadt Recklinghausen. 1236-1986, hrsg. von Werner Burghardt, Recklinghausen 1986
Georg Möllers / Jürgen Pohl: Abgemeldet nach „unbekannt“ 1942, Die Deportation der Juden aus dem Vest Recklinghausen nach Riga, hrsg. von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Recklinghausen, Klartext Verlag, Essen 2013.
Kreisarchiv Warendorf, Standesamt Sendenhorst, Geburtsregister 1896, Nr. 68
Bundesarchiv Koblenz. Gedenkbuch-Opfer der Verfolgung unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 –1945. https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de977679
ITS Arolsen International Tracing Service, Bad Arolsen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
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