Isabella Elsa Wald geb. Willstädt

*15.6.1883 in Lüdenscheid; ✡nach dem 3.5.1942, Zamosc
Staatsangehörigkeit deutsch
Vater Julius Willstädt *31.1.1853; ✡19.6.1931 in Bochum

Mutter Bertha Blumenthal *8.4.1853; ✡6.7.1920 in Bochum
Geschwister
Helene Willstädt *1887 in Lüdenscheid; ✡11.12.1941 in Auschwitz; oo Berets
Erwin Willstädt *11.12.1889 in Lüdenscheid; ✡8.7.1952 in Hendon
Beruf –
Adressen Bochum;
Heirat 24.2.1915 in Bochum

Richard Wald *20.3.1875 in Bamberg; +21.8.1942 in Theresienstadt
Kinder

Sophie Lotte Nira Wald *19.2.1916 in Bochum; ✡13.11.2012 in Galed, Israel; oo Schnurmann
Carl Heinz (Carlos Enrique) Wald *15.4.1918 in Bochum; ✡24.1.1990 in Argentina
1.Ehe Margot Weil (23.7.1926-22.3.2006); gemeinsamer Sohn
Alfredo Julio Wald (*10.11.1944 in Uruguay; 1964 ✡3.7.1968 in Deutschland, Unfall)
Enkel Alfredo Weil der Junge rechts mit Krawatte (Barmitzwa?)
2. Ehe mit Ada Maria Montalti (19.1.1923-22.3.2006) aus dieser Ehe 2 Kinder
Daniel Hans- Günter „Dany“ Wald *23.8.1923 in Bochum; ✡26.4.1977 in Nazareth

Weiterer Lebensweg
Familie Willstädt betreiben „Geschäft für eleganten Damenputz“ auf der Hochstraße 22, später Kortumstraße 65, begründet vom Großvater Julius Willstädt
1934 Sohn Karl-Heinz emigriert nach Eindhoven, Holland
1934 Umzug der Familie in die Scharnhorststraße 6
7.12.1938 Sohn Karl-Heinz emigriert nach Uruguay
September 1938 Übernahme des Putzgeschäftes durch Verkäuferin Emilie Schmidt
1935 Habonim (Internationale sozialistisch-zionistische Bewegung) in Bochum, Tochter Lotte lernt auf einem Treffen der Gruppe in Berlin ihren zukünftigen Mann Heinrich Spittel kennen, seitdem sind sie „zusammen“
1.6.1936 bis 31.12.1938 Sohn Hans-Günter auf Hachschara in Neuendorf, Fürstenwalde
1937 Heinrich Spittel ins Hachschara-Lehrgut Jägerslust bei Flensburg;
10.2.-10.11.1938 Lotte Wald folgt Heinrich nach Jägerslust bei Flensburg, Chawerah des Hechaluz
10.11.1938 brutaler Überfall und Verwüstung des Gut Jägerhof. Alle Chawerim verhaftet, die Männer ins Polizeigefängnis Kiel, von wo sie später ins KL Sachsenhausen deportiert werden. Die Frauen kommen ins Gerichtsgefängnis in Flensburg im Südergraben und werden nach einem Tag entlassen.
27.1. 1939 Heinrich Spittels Entlassung aus Schutzhaft im KL Sachsenhausen
1939 Sohn Hans-Günter mit der Jugend-Aliyah nach Palästina
15.2.1939 Lotte Wald und Heinrich emigrieren nach Deventer, Niederlande
4.3.1939 Heinrich Spittel kommt zur Familie Wagenvoort in Vierakker.
4.3.1939 Tochter Lotte geht nach Steenderen.
2.6. 1939 fängt Heinrich im Werkdorp Wieringer Meer bei Hoorn eine Ausbildung als Gärtner an.
17.5.1939 Richard und Isabella Wald in Bochum bei Minderheiten-Volkszählung
21.11.1939 Lotte in Arnhem, Mesdaagslaan 64
2.4.1940 Umzug von Lotte nach Amsterdam, erst Spiegelgracht 9, dann Rokin 34
Mai 1940 arbeitet Lotte im vegetarischen Restaurant „Reinhard“ in Amsterdam.
31.10.1940 umgemeldet ins Werkdorp Wieringer Meer
20.3.1941 Auflösung des Werkdorp durch den SD Amsterdam; 210 der 290 Lehrlinge werden nach Amsterdam verbracht und in Familien untergebracht;
Gerd Vollmann aus Bochum berichtet darüber:
„Am 20. März kamen morgens blaue Busse von der Amsterdamer Gemeindebahn am Rande des Polders. … Die ca. 300 Werkdörfler wurden inspiziert durch Lages in Uniform (Willy Lages, SS-Sturmbannführer, Leiter des Sicherheitsdienstes in Amsterdam) und Barbie in Zivil (Klaus Barbie, SS-Obersturmführer, Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam). Unser Betriebsleiter Kemmerlin sorgte dafür, dass ca. 60 Jungen und Mädels bleiben durften, um das Vieh usw. zu versorgen. Die anderen kriegten 10 Minuten die Gelegenheit, um etwas zu packen und dann wurden wir mit Bussen nach Amsterdam gebracht…“
Heinrich hat das große Glück zu den 60 zu gehören die noch zur geordneten Auflösung Ende Juli 1941 bleiben dürfen. So entgeht er einer brutalen Vergeltungsaktion von Klaus Barbie, SS-Obersturmführer; dieser hatte sich nach einer Bombenexplosion im Marine-Offiziersclub Amsterdam bei der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam“ durch Täuschung die Adresslisten der „Werkdorper“ erschlichen. “ So ließ er bei einer Razzia 300 Jugendliche, davon 61 „Werkdorper“ im Durchgangslager Schoorl inhaftieren. Von den „Werkdorpern“ 4 wurden freigelassen, 57 in das KL Mauthausen deportiert, keiner überlebte das Jahr 1941.
Juni 1941 bis Dezember 1942, Lotte in Arnheim
6.11.1941 Antrag von Richard und Elsa Wald auf Ausreise nach Kuba wird endgültig abgelehnt
Ende Juli 1941 Heinrich nach Abwicklung des Werkdorps nach Arnheim, wo Lotte Arbeit gefunden hat
August 1941 bis April 1942 Heinrich zurück nach Hoorn, vermutlich arbeitet er für Bauern, für die er auch als Werkdorper gearbeitet hat
5.2.1942 Heirat der Tochter Lotte mit Heinrich in Hoorn
10.4.1942 Heinrich wieder zu Lotte nach Arnhem, Mesdaaglaan 64
28.4.1942 Deportation von Elsa in den Saal des Sportvereins Eintracht in Dortmund
30.4.1942 Deportation von Elsa vom Dortmunder Süd-Bahnhof nach Zamosc; Ehemann Richard zurückgestellt vom Transport wegen Krankheit, wohnt zuletzt im Judenhaus Wilhelmstraße 16
27.7.1942 Richard Wald zum Sammelpunkt Nordbahnhof in Bochum
Karola Freimark berichtet:
„Am 27.7.1942 wurde der Rest der Bochumer Juden, ca. 45, mit einem Bus nach Dortmund zum Viehhof gefahren.“
Deportation des Ehemannes nach Theresienstadt, Transport X/1
29.7.1942 Ankunft von Richard Wald in Theresienstadt
Herbst 1942 Vorbereitungen des Ehepaar Spittel um unterzutauchen können nicht mehr umgesetzt werden
21.8.1942 Richard Wald stirbt an Lungenentzündung in Theresienstadt
11.12.1942 alle Juden bei Razzia in Arnheim verhaftet, ins Polizeiliche Judendurchgangslager Westerbork verbracht; Heinrich durch „Albersheim-verklaring“ zunächst vor Deportation geschützt
Die 70-80 Chawerim wurden gemeinsam in einer Westerbork-Baracke untergebracht.
Es gab in dieser Gruppe eine Flucht; gemeint ist offensichtlich Max Windmüller, der am 14.8.1943 ins Lager kommt und bereits am 18. 8 flüchten kann.
13.5.1943 Roode Kruis Brief von Bruder Hans-Günter aus Palästina. Sie erhält daraufhin auch die Albersheim-verklaring
14.9.1943 Transport von Tochter Lotte und Heinrich von Westerbork nach Auschwitz, zusammen 40 Chawerim, davon 12 Mädchen; u.a. mit Erco Ernst Cosmann, Sohn des Fritz Cosmann aus Recklinghausen
Lotte zunächst im Experimentier-Block 10 im Stammlager von Auschwitz, wo Prof. Dr. Carl Clauberg und SS- Lagerarzt Dr. med. Eduard Wirtz im Auftrag von Himmler bei Hunderten Jüdinnen per Injektion in den Eileiter Massensterilisationen entwickelte.
Sommer 1944 verlegt nach Auschwitz-Birkenau, dort in Arbeitskommandos wie Straßenbau, Kartoffelkommando
26.10.1944 Heinrich von Auschwitz, Buna Monowitz ins KL Natzweiler, Elsass
29.10.1945 Heinrich verlegt vermutlich in rechtsrheinische Natzweiler Außenlager
Nov./Dezember 1944 Transport per Bahn von Lotte aus Auschwitz nach Bergen-Belsen.
Jan. 1945 Lotte meldet sich freiwillig für ein Arbeitskommando in der Munitionsfabrik Draht-
und Metallwarenfabrik in Salzwedel
30.1.1945 Heinrich Transport über KL Dachau ins KL Buchenwald
23.3.1945 Heinrich auf Transport von Buchenwald nach Bergen-Belsen
April 1945 Heinrich angemeldet für einen Repatriierungstransport von Bergen-Belsen in die Niederlande
14.4.1945 9. US-Army befreit etwa 3000 zumeist jüdische Frauen im Außenlager Salzwedel, das nach einer weiteren Woche aufgelöst wird.
14.4.1945 die befreiten Frauen in Salzwedel in Begleitung von US-Soldaten, um sich in der Stadt das Nötigste zu beschaffen; Fotos Dale Ramsey
15.4.1945 Max Spittel in Bergen-Belsen von der Royal Army befreit
25.4.1945 Tod von Max Spittel in Bergen-Belsen
28.4. 1945 Lotte kehrt in die Niederlande zurück, wird dort am Blinddarm operiert
Herbst 1945 Lotte auf Alijah nach Kriegsende illegal über Frankreich nach Palästina, Aufnahme im Kibbuz Gal-Ed bei Haifa
Briefwechsel mit Siegbert Vollmann, Gemeindevorsteher und Vater des o.a. Gert Vollmann
Gedenken
Grabstätte der Eltern Julius Willstädt und Berta Blumenthal, jüdischer Friedhof
März 1957 Interview Lotte Wald, Nira Schnurman
24.7.1995 und 22.9.1999 Page of Testimony für Max Spittel von seiner Witwe Lotte
4.10.2010 Stolpersteine für Richard und Isabella Wald vor dem Geschäftshaus Kortumstraße 65
Quellen
Index Bevolkingsregister Eindhoven 1929-1938
https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss=%7B%22q%22:%22Wald%201916%22%7D
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Ralph Piorr (Hrsg) Ohne Rückkehr. Die Deportation der Juden aus dem Regierungsbezirk Arnsberg
nach Zamość im April 1942; Essen 2012
https://www.statistik-des-holocaust.de/X1-38.jpg
www.spurenimvest.de/2021/10/08/cosmann-ernst/
https://collections.arolsen-archives.org/en/search/person/5126254?s=Richard%20Wald&t=6937&p=1
https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/7167665?s=Spittel%201918&t=222836&p=1
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1164723
www.werkdorpwieringermeer.nl/en/heinrich-max-spittel-2/
http://danielabraham.net/tree/related/hachshara/
www.spurenimvest.de/2021/10/12/vollmann-gert/
www.spurenimvest.de/2022/04/09/windmueller-max/
https://www.infocenters.co.il/gfh/notebook_ext.asp?book=56710&lang=eng&site=gfh
Philipsen, Bernd (2008): Jägerslust. Gutshof, Kibbuz, Flüchtlingslager, Militär-Areal. Schriftenreihe der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte (69). Flensburg. Philipsen, Bernd (2016):„Dat Judennest hebbt wi utrökert.“ Vom gewaltsamen Ende des Auswanderer-Lehrguts Jägerslust bei Flensburg. In: Hering, Rainer (Hg.) (2016): Die „Reichskristallnacht“ in Schleswig-Holstein. Der Novemberpogrom im historischen Kontext. Hamburg, S. 231-25
Barbara Petersen-Vollmann, Erinnerungen, in Erinnern für die Zukunft Nr. 9, Bochum, 2005
https://media.offenes-archiv.de/ha7_2_1_5_thm_2489.pdf
Hubert Schneider, Die Entjudung des Wohnraums: Judenhäuser in Bochum; Münster, 2010
Hubert Schneider, Leben nach dem Überleben; LIT-Verlag 2014
Gedenkbuch der Opfer der Shoa aus Bochum und Wattenscheid, 2000
Manfred Keller, Spuren im Stein, ein Bochumer Friedhof als Spiegel jüdischer Geschichte, 1997
Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011
Weiterer Lebensweg
17.5.1939 bei Minderheiten-Volkszählung
28.4.1942 Deportation in die Turnhalle des Sportvereins „Eintracht“ in Dortmund
30.4.1942 Deportation mit 791 Juden vom Sammellager zum Dortmunder Südbahnhof am Heiligen Weg deportiert nach Zamosc
3.5.1942 Ankunft in Zamosc
Tod nach dem 3.5.1942, Ort und Datum des Todes unbekannt
Gedenken
Stolperstein
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Ralf Piorr / Peter Witte (Hg.) Ohne Rückkehr. Die Deportation der Juden aus dem Regierungsbezirk Arnsberg nach Zamość im April 1942; Klartext, Essen 2012
Hubert Schneider, Die Entjudung des Wohnraums: Judenhäuser in Bochum; Münster, 2010
Hubert Schneider, Leben nach dem Überleben: Juden in Bochum nach 1945; LIT Verlag 2014
Gedenkbuch der Opfer der Shoa aus Bochum und Wattenscheid, 2000
Manfred Keller, Spuren im Stein, ein Bochumer Friedhof als Spiegel jüdischer Geschichte, 1997