Irmgard Höchster
*20.2.1923; ✡?
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Hugo Höchster * in Osnabrück ✡?
Heirat der Eltern September 1918 in Warschau
Mutter Frieda Ben *29.11.1897 in Warschau ✡ ?
Großeltern Jakob Ben Natan und Ester Malka Daches
Geschwister
Ida Höchster *16.8.1919 in Osnabrück; oo Willi Rosenthal
Beruf –
Adressen Osnabrück, Stahlwerksweg, Lohstraße 25
Heirat 16.6.1942 in Petah Tikwah mit Rudi Hecht *20.8.1922 in Beuthen;
Kinder –
Weiterer Lebensweg
1931 Umzug in die Lohstraße 24/25
1.4.1933 Mutter von SA verhaftet
1933 SA-Terror zwingt die Eltern zur Geschäftsaufgabe
Mutter als Sozialdemokratin wiederholt verhaftet; Vater als KPD-Mitglied unter Beobachtung
1934 Scheidung der Eltern
1936 Schwester Ida in Leipzig zur Ausbildung im Haushalt der Fam. Kornmehl
Sommer 1936 drei Bate-Chaluz (Wohnheime) des Hechaluz Schlesien in Breslau, Beuthen und Gleiwitz für 65 Chaluzim, ein Bet-Chaluz der Mittleren-Hachschara in Hindenburg mit 30 Chaluzim. In sechs Hachschara-Zentren arbeiteten 80 Chaluzim und Chaluzot, dazu kamen drei Kibbuzim mit 70 Chawerim, einschließlich 40 Haushaltsstellen für Chaluzot. Das Beuthener Bet-Chaluz der Werkleute musste im Sommer 1938 aufgegeben werden.
1937 Schwester Ida nach Hachschara in Beuthen nach Palästina
19.4.1937 Ankunft von Willi und Ida Rosenthal auf der SS GALILEA in Haifa
17.5.1939 mit späterem Ehemann in Ahrensdorf bei Minderheiten-Volkszählung
Noemi Kidron berichtet:
„Kurz vor uns (Kladovo-Sonderhachschara SH-5 im November 1939) ging eine Gruppe. Ich erinnere mich noch daran, wie sich Rudolf Hecht von der Irmgard Höchster verabschiedete. Sie mochten sich doch in Ahrensdorf schon sehr. Später trafen sie sich wieder in Palästina und heirateten- Als sich die Gruppe verabschiedete, fiel uns das schon schwer.“
31.7.1939 Ankunft des späteren Ehemannes in Haifa
April 1940 Vater Hugo mit seiner Schwester Hedwig in die USA
Der Kladovo-Transport
Vom Hechaluz Österreich organisierte Alija beth, Sonderhachschara SH-5 mit dem Plan über die Donauroute, Schwarzes Meer, Mittelmeer letztlich Palästina illegal zu erreichen.
19.11.1939 mit etwa 15 Chaluzim aus Ahrendorf zunächst von Trebbin mit der Bahn nach Berlin: Martin Hirsch, Madrich in Ahrensdorf, begleitet die Chaluzim und war einer der Leiter der Sonderhachschara 5.
21.11.1939 von Berlin Bahnfahrt nach Wien.
24./25.11.1939 mit 822 von Wien nach Bratislava; dort kamen weitere 130 aus Berlin, 50 aus Danzig, 100 aus Prag
Anfang Dezember auf die SS URANUS zunächst nach Gyor; dann wieder zurück nach Bratislava
12.12. 1939 weiter nach Bezdan
14./15.12.1939 in Budapest auf drei jugoslawischen Schiffen SS Kraljica Marija, Car Dusan and Car Nikola zur jugoslawisch-rumänischen Grenze. Die Rumänen verweigern die Einreise
18.12.-30. 12.1939 in Prahovo
31.12.1939 die Schiffe liegen im Winterliegeplatz in Kladovo, die Flüchtlinge bleiben an Bord
Januar 1940 ein umgebauter Schleppkahn wird angehängt, um mehr Platz zu haben
Mai 1940 die Schiffe fahren ab, die Flüchtlinge suchen bei Bauern Unterkunft
18.8.1940 Ausstellung eines Pass für Netty in Kladovo
19. 9.1940 die Flüchtlinge werden auf dem Kahn nach Sabac geschleppt
Unterbringung in Sabac in einer alten Mühle und einem Getreidespeicher
März 1941 in Kladovo treffen 140 Studentenzertifikate von der WIZO für weibliche Jugendliche unter 18 Jahren ein (BIII Studentenzertifikate mit der Verpflichtung die Ausbildung fortzusetzen)
März 1941 verlassen einzelne Familien, 200 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren Sabac mit legalen Visa, so auch Ursel Marcuse, Netty Lychenheim und Irmgard Höchster -letztere kurz vor ihrem 18. Geburtstag; über Griechenland, Istanbul, das syrische Aleppo und Beirut
30.3.1941 Ankunft in Haifa; 4 Wochen in Atlit interniert
6.4.1941 Einmarsch der Wehrmacht in Serbien
August 1941 Juden von Sabac und die Flüchtlinge in einer alten Festung Camp Sabac interniert
11.10.1941 Jüdische Männer, Zigeuner und manche Serben verlegt in das Seniak Camp
12./13. Oktober 1941 Massenerschießung in Zasavica von 2100 Geiseln als Racheaktion für 21 tote deutsche Soldaten
Januar 1942 die Frauen und Kinder werden ins KL Sajmiste deportiert
19.3. -10.5.1942 jede Woche werden Frauen unter Herbert Andorfer während eines vorgeblichen Transportes in einem Gaswagen ermordet.
Der Kladovo-Transport
Vom Hechaluz Österreich organisierte Alija beth, Sonderhachschara SH-5 mit dem Plan über die Donauroute, Schwarzes Meer, Mittelmeer letztlich Palästina illegal zu erreichen.
19.11.1939 mit etwa 15 Chaluzim aus Ahrendorf zunächst von Trebbin mit der Bahn nach Berlin: Martin Hirsch, Madrich in Ahrensdorf, begleitet die Chaluzim und war einer der Leiter der Sonderhachschara 5.
21.11.1939 von Berlin Bahnfahrt nach Wien.
24./25.11.1939 mit 822 von Wien nach Bratislava; dort kamen weitere 130 aus Berlin, 50 aus Danzig, 100 aus Prag
Anfang Dezember auf die SS URANUS zunächst nach Gyor; dann wieder zurück nach Bratislava
12.12. 1939 weiter nach Bezdan
14./15.12.1939 in Budapest auf drei jugoslawischen Schiffen SS Kraljica Marija, Car Dusan and Car Nikola zur jugoslawisch-rumänischen Grenze. Die Rumänen verweigern die Einreise
18.12.-30. 12.1939 in Prahovo
31.12.1939 die Schiffe liegen im Winterliegeplatz in Kladovo, die Flüchtlinge bleiben an Bord
Januar 1940 ein umgebauter Schleppkahn wird angehängt, um mehr Platz zu haben
Mai 1940 die Schiffe fahren ab, die Flüchtlinge suchen bei Bauern Unterkunft
19. 9.1940 die Flüchtlinge werden auf dem Kahn nach Sabac geschleppt
18.8.1940 Irmgard in Kladovo
Unterbringung in Sabac in einer alten Mühle und einem Getreidespeicher
März 1941 in Kladovo treffen 140 Studentenzertifikate von der WIZO für weibliche Jugendliche unter 18 Jahren ein (BIII Studentenzertifikate mit der Verpflichtung die Ausbildung fortzusetzen)
März 1941 verlassen einzelne Familien, 200 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren Sabac mit legalen Visa, so auch die Ahrensdorferinnen Edith Weil, Netty Lychenheim, Ursel Marcuse und Irmgard Höchster; über Griechenland, Istanbul, das syrische Aleppo und Beirut
30.3.1941 Ankunft in Haifa; 4 Wochen in Atlit interniert
6.4.1941 Einmarsch der Wehrmacht in Serbien
August 1941 Juden von Sabac und die Flüchtlinge in einer alten Festung Camp Sabac interniert
11.10.1941 Jüdische Männer, „Zigeuner“ und manche Serben verlegt in das Seniak Camp
12./13. Oktober 1941 Massenerschießung in Zasavica von 2100 als Racheaktion für 21 tote deutsche Soldaten
17.6.1941 Eintritt von Rudi Hecht als Angestellter der Royal Army
22.4.1944 Einbürgerung in Palästina
16.6.1942 Heirat in Petach Tikwa mit Rudi Hecht
Lebensweg der Mutter Frieda Höchster
1940 Mutter im Gestapo-Keller zwei Tage für Verhöre eingesperrt
Zuletzt im Judenhaus Kommenderiestraße 11
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
Ende Februar 1943 Frieda Höchster mit sieben weiteren Juden aus dem Judenhaus Commanderiestraße 11 in Osnabrück mit der Bahn nach Bielefeld, dann mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz.
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“
2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit den Chawerim aus den Arbeitslagern Bielefeld und Paderborn
3.3.1943 Ankunft und Selektion der ‚Alten Rampe‘ am Güterbahnhof von Auschwitz;
Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Frieda Höchster bekommt die Auschwitz-Häftlingsnummer 36978 in den Unterarm tätowiert.
15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten
18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;
18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau
Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:
Zofia Posmysz:
„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“
Asher Aud:
„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“
Sigmund Kalinski:
„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“
Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück
21./22.1. 1945 Ankunft in Loslau
22.1.-27.1.1945 Transport in offenen Kohlewaggons über KL Groß-Rosen und KL Sachsenhausen (jeweils wegen Überfüllung abgewiesen) bis ins KL Ravensbrück; dort zunächst ins „Jugendlager“,
Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.
März/ April 1945 bei Auflösung des „Jugendlagers“ für wenige Tage ins „Frauenlager“
Anfang April 1945 mit einem Personenzug ins Lager Malchow, Außenlager des KL Ravensbrück
April 1945 Erneute Todesmärsche“ mit jeweils 2000 bis 3000 Frauen in zahlreichen Kolonnen aus dem bereits überfüllten KL Ravensbrück in mehrere Richtungen. Geschwächte und kranke Häftlinge, die dem Marsch nicht mehr folgen konnten, wurden erschossen. Die etwa 1500 Überlebenden des ca. 60 km langen Fußmarsches, die im April 1945 im Außenlager Malchow ankamen, sollten hier nur wenige Tage bleiben.
April 1945 Ankunft im Außenlager Malchow.
1.5.1945 Befehl der SS, das Lager Malchow zu räumen.
1.5.1945 werden sie erneut auf dem Marsch getrieben. In der Umgebung der Stadt Crivitz traf der größere Teil der Sachsenhausener Häftlinge aus dem Waldlager Below auf die Frauen aus dem KL Ravensbrück, deren Todesmarsch sie über das Außenlager Malchow, nicht weit von Below entfernt, geführt hatte.
Der Zug mischt sich mit großen Flüchtlingsströmen. Die Wachmannschaften werden von Tag zu Tag weniger, bis sie ganz verschwunden sind. Todesmarsch über Plau endet in Lübz.
3. 5.1945 Befreiung durch US-Truppen in Mecklenburg
4.5.1945 mit den sich zurückziehenden US-Truppen nach Schwerin
Rückkehr der Mutter Frieda nach Osnabrück
30.4.1947Auswanderung der Mutter aus Osnabrück nach Israel zu den Töchtern Ida und Irmgard; Wiederheirat mit Bonimowitz
Gedenken
Im Buch von Urs Faes „Ein Sommer in Brandenburg“ über das Landwerk Ahrensdorf mehrfach erwähnt unter dem Namen „Greta“
Quellen
Martina Sellmeyer, Eine jüdische Sozialdemokratin wird von der Gestapo drangsaliert, Osnabrücker Rundschau vom 21.8.2022; Link: https://os-rundschau.de/rundschau-magazin/martina-sellmeyer/or-serie-widerstand-im-osnabrueck-der-ns-zeit-folge-11-frieda-hoechster/
Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=511489
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_430302-o1.html
https://collections.arolsen-archives.org/en/search?s=Zasovica
Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Video-Interview mit Issy Philipp 1994
Esther Bejerano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejerano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
https://www.ortschroniken-mv.de/images/d/d9/MAL_KZ_Aussenlager.pdf
https://www.ernster.com/annot/564C42696D677C7C393738333839313434333533387C7C504446.pdf?sq=2
https://www.topfundsoehne.de/ts/de/service/mediathek/videos/2020/139178.html
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/129824194
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013