Ruth Gans

*13.12.1921 in Rotenburg, Fulda; ✡ 13.8.1994 in Cleveland
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch

Vater Willi Gans *28.11.1883 in Rotenburg; ✡29.7.1944 in Riga Mühlgraben

Mutter Paula Rothschild *23.3.1890 in Zella-Mehlis; ✡ in Riga
Großvater Cappel Gans; ✡27.9.1938 in Rotenburg
Großmutter Hedwig Gans ; ✡6.4.1942 in Göttingen
Tante Johanna Gans *1890 in Rotenburg
Tante Rosa Meyerstein geb. Gans *1888 in Rotenburg
Geschwister

Ernst Gans *17.5.1926 in Kassel; Riga-Überlebender
Beruf –
Adressen Rotenburg, Brotgasse 6; Fröndenberg, Kirchplatz 1; Bielefeld; Gut Skaby; Köln, Bonner Straße 33, Wormser Straße 4; Rotenburg, Kalkröste 4
Heirat Johan Julius Meyer *3.3.1919 in Hofheim, Taunus; ✡19.9.1960 in Cleveland
Kinder eins
Weiterer Lebensweg
1936 der Vater, Schlossermeister, muss seine Schlosserei in Rotenburg aufgeben; Umzug der Eltern nach Köln; Bruder Ernst bleibt zunächst bei Tante Johanna und den Großeltern Gans in Rotenburg

Passfoto 1938 Stadtarchiv Fröndenberg
Dezember 1938 Großmutter und Tante Johanna nach Göttingen zu Johannas Schwester Rosa (* 1888; oo Viehhändler Siegfried Meyerstein); 31.3.1942 Tante Johanna über das Sammellager Hannover Ahlem ins Lager Trawniki und weiter ins Ghetto Warschau deportiert
11.3.-7.9.1939 Ruth Gans in Fröndenberg als Hausgehilfin der Familie Bernstein, Kirchplatz 1; es gab in Fröndenberg einen Manufakturwaren händler Bernstein

Meldekarte 1939 Stadtarchiv Fröndenberg
17.5.1939 Ruth Gans in Fröndenberg erfasst bei Minderheiten-Volkszählung
Das Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a
1939 Nachdem zahlreiche, in Bielefeld lebende Jüdinnen und Juden in „Judenhäusern“ zwangseingewiesen wurden, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Koblenzer Straße 4 und Paderborn, Grüner Weg 86;
Anfang September entstand für zunächst 36 Praktikanten ein Wohn- und Arbeitslager in der Koblenzer Straße 4 (heute: Artur-Ladebeck Straße 6). Das Haus beherbergte zuvor die Praxis des nach Holland geflüchteten Orthopäden Dr. med. Bernhard Mosberg.
1939 zur Hachschara nach Bielefeld
März/April 1940 wegen der räumliche Enge Wechsel mit 57 Chawerim in das Lager in der Schloßhofstraße 73a, einem ehemaligen Gutshof.
23.3.1940 Wechsel von Ruth Ganz in das Lager in der Schloßhofstraße 73a
Dort bestand auch eine Unterkunft für alte und kranke Jüdinnen und Juden („Siechenheim“) als Einrichtung der RVJD. Vom Lager aus wurden die Männer kolonnenweise bei den Straßen-, Tief- und Gleisbauarbeiten der Fa. Nebelung & Sohn eingesetzt.
1940 erfolgte ein Austausch männlicher Bewohner mit dem Umschulungslager Paderborn; die zionistischen Chawerim wechselten nach Paderborn und umgekehrt.

20.8.1940 Abmeldung aus Bielefeld ins Gut Skaby, Umschulungslager bei Friedersdorf

22.9.1940 Cousin Ludwig Meyerstein aus Göttingen ins Lager Bielefeld
Rückkehr nach Köln, vermutlich wegen anstehender Deportation der Familie nach Riga
Das Ghetto RIGA und KL Stutthof
6.12.1941 Familie Gans in Köln inhaftiert ins Sammellager Messehallen Köln-Deutz

7.-10.12.1941 Deportation Köln nach Riga-Skirotawa
10.12.1941 Ankunft Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga
Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos; Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung; Kommandant des KL Kaiserwald Sturmbannführer Albert Sauer
3. November 1943 Auflösung des Ghetto Riga
November 1943 im Armeebekleidungsamt ABA 701 in Mühlgraben, Kasernierung
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Familie im Armeebekleidungsamt ABA 701 im Außenlager Mühlgraben von Kaiserwald
29.7.1944 Selektion im Außenlager Mühlgraben ABA „Krebsbach-Aktion“, Vater ermordet; die Mutter ist vermutlich ebenfalls bei einer Selektion umgekommen
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig
28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig
1.10.1944 Ankunft von Ruth und Bruder Ernst im KL Stutthof
24.11.1944 Ernst ins KL Buchenwald überstellt; Unterbringung im Kinderblock 23
Ruth Gans überlebt die Todesmärsche aus dem KL Stutthof und dessen Nebenlagern und kehrt mit Bruder Ernst nach Rotenburg zurück. Das Haus Kalkröste 4 wird ihnen als Wohnung zugewiesen.
7. April 1946 Rabbiner Dr. Leopold Neuhaus an den Rotenburger Bürgermeister:
„Bei dieser Gelegenheit noch etwas Persönliches. Ein einziger jüdischer Mann namens Gans befindet sich in Rotenburg a. d. Fulda. Er erlernt die Schlosserei in Bebra, so wie sein Vater und Großvater Schlosser in Rotenburg gewesen sind. Sollte es da nicht möglich sein, dem jungen Mann ein Rad zur Verfügung zu stellen, daß er damit nach Bebra fahren könnte? Ich kann mir nicht denken, daß in Rotenburg nicht ein P.G. ist, in dessen Besitz sich ein Fahrrad befindet, das man für Herrn Gans zur Verfügung stellen könnte? Der junge Mann war jahrelang im Konzentrationslager und dieser Wunsch ist wirklich ein bescheidener.“
In seinem Antwortschreiben geht der Rotenburger Bürgermeister mit keinem Wort darauf ein.
18.7. 1946 mit Bruder Ernst auf dem USS Transporter MARINE PERCH von Bremerhaven nach New York
Schicksal der Familien Meyerstein Gans in Göttingen
Dezember 1938 Großmutter und Tante Johanna nach Göttingen zu Johannas Schwester Rosa (* 1888; oo Viehhändler Siegfried Meyerstein);
31.3.1942 Tante Johanna Gans mit mehr als zehn Angehörigen der Familie Meyerstein aus Göttingen vom Albani-Kirchhof zu Fuß zum Bahnhof, von dort mit dem Zug ins Sammellager Hannover Ahlem, vom Sammellager Hannover Ahlem zum Bahnhoh Fischerhof ins Ghetto Warschau deportiert (ursprüngliches Ziel Lager Trawniki); ebenfalls auf diesem Transport der aus Bielefeld kommende Cousin Ludwig Meyerstein
Gedenken
27.5.2011 Stolpersteine für die Eltern und Tante Paula in Rotenburg, Brotgasse 6
2019 Bruder Ernst besucht Rotenburg mit seinem Sohn William
Stolpersteine für Ruth Gans, Bruder Ernst und die Eltern in Köln, Bonner Straße 33
8.8.1996 Pages of Testimony für die Eltern und seinen Bruder Ludwig Meyerstein von Cousin Heinz Jehuda Meyerstein
Quellen
Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1004888
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1008176
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411207_10.jpg
Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_43a.html
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_1.jpg
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998