Edgar Ambursky (irrtümlich Adamski) Ambur
* 6.11.1913 in Leipzig; ✡ 17.12.1988 in Hillsborough, Florida
Staatsangehörigkeit russisch; staatenlos; USA
Religion jüdisch
Vater David Amdursky *23.5.1882 in Mogilev, Belarus; ✡ Jan. 1962 in New York
Mutter Lilli Grünebaum
Stiefmutter Sara Amdursky geb. Nolkin*17.1.1904 in Samara; ✡9.3.1996 in New York
Onkel Abraham Amdursky *25.6.1886 in Mogilev
Geschwister
Schwester Erika Paula Amdursky *7.7.1910 in Leipzig; oo Dr. Jonas Königshofer (*20.8.1905 in Fürth)
Beruf Landwirtschaftlicher Praktikant; Lehrer
Adressen Leipzig; Westerkappeln; Jerusalem; New York
Heirat nn Ambur
Kinder
Leora Amdur *12.10.1952
Michael Amdur *22.11.1954
Die Hachschara Bewegung
In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.
Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.
Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachschara-Stätten (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).
So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.
Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.
Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.
Hof Stern in Westerbeck
Der erste Hachschara-Hof in Westfalen entstand in der Gemeinde Westerkappeln. Die Umschulungs- und Einsatzlager des RVJD in Bielefeld und Paderborn folgten erst später und bestanden von 1939 bis 1943. Die Brüder Leo (1900-1938) und Rudolf Stern (1898-1957) aus Osterkappeln hatten den Hof Elstroth, Westerbeck mit der Hausnummer 74 in der Gemeinde Westerkappeln mit 20 Hektar Land Ende 1932 bei einer Zwangsversteigerung erworben. In den Jahren 1933 bis 1938 verpachteten sie den Großteil ihres Hofes Stern an den jüdischen Pfadfinderbund „Makkabi Hazair“, der hier eine landwirtschaftliche Ausbildung für die mittlere und die reguläre Hachschara(>17 Jahre) anbot.
Januar 1934 Beginn der Hachschara; die ersten Chawerim heißen Henry Cohen (Altkarbe), Edgar Adamski (Leipzig) und Markus Lichter (Chemnitz)
1934-1938 arbeiteten und lernten hier 97 „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) 31 Mädchen und 66 Jungen, im Mittel 19 Jahre alt. Manche blieben nur wenige Tage, andere bis zu eineinhalb Jahren zwei allerdings sogar zweieinhalb Jahre
1937 in Westerbeck auf dem Hof Stern 27 Bewohner gemeldet
Von Juni 1936 bis zum Februar 1938 verließen viele Jugendliche den Hof, zumeist in ihre Heimatorte, 18.2.1938 18 Personen abgemeldet aus Westerbeck. Dieser Exodus markiert wohl das Ende der strukturierten Hachschara-Ausbildung.
März -August 1938 nur noch fünf Chaluzim auf dem Hof gemeldet.
Die Leitung des Hofes lag zuletzt (Mai-November 1938) bei dem aus Syke bei Bremen stammenden Ehepaar Dora und Siegfried Löwenstein, die mit ihrer Tochter Grete auf dem Hof lebten.
9./10. November 1938 in der Pogromnacht überfiel ein SA-Trupp den Hof. Das Verwalterehepaar Löwenstein wurde brutal misshandelt, das Mobiliar wurde zerstört, Fensterscheiben wurden zerschlagen. Vier junge Männer lebten zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Hof Stern. Sie wurden ebenso wie der Verwalter Siegfried Löwenstein festgenommen und in Westerkappeln inhaftiert. Während Löwenstein nach einer Woche auf den Hof zurückkehren konnte, wurden die vier anschließend für einige Wochen ins KZ Buchenwald verschleppt. Nur Rudi Frank kann durch Flucht ins Ausland entkommen.
3.12.1938 Zwangsverkauf des Hofes an den Landwirt Heinrich Pöppelwerth aus Haustenbeck/Lippe
1908 Vater David als Kaufmann (Rauchwaren) im Leipziger Adressbuch von 1908
22.6.1932 Ausstellung des Personalausweises für Edgar Ambursky in Leipzig
27.7.1934 Ausstellung des Passes in Leipzig
24.9.1935 Britisches Visum ausgestellt in Berlin
15.10.1935 Einreise von Edgar Ambursky in Italien
21.10.1935 Ankunft von Edgar Ambursky in Haifa mit Arbeiter Zertifikat C/L.S.
1937 Promotion der Schwester Erika Paula Amdursky „Die Evipan- Natriumnarkose unter besonderer Berücksichtigung der Zwischenfälle an der Chirurgischen Klinik am Krankenhaus St. Jakob zu Leipzig“
Schwester Paula als Dr.med. im Leipziger Doktorbuch, Nachweis über die Verleihung wissenschaftlicher Graduierungen
Januar 1934 als „Erstbelegung“ zur Hachschara auf den Hof Westerbeck/Stern, Hachscharalager des jüdischen Pfadfinderbundes „Makkabi Hazair“ auf Gut Westerbeck in Westerkappeln
26.11.1938 Vater David und Stiefmutter Sarra auf der SS GEORGIC von Liverpool nach New York
Heimatadresse ist die Tochter Dr. Erika Königshofer;
Zieladresse ist Cousin L. Amdur
20.3.1939 Ankunft von Schwester Erika und Ehemann Jonas in Haifa mit Kapitalisten-Zertifikat Kategorie A/one
23.9.1940 Eintritt von Edgar Amdursky in die Royal Army, 4. Palestinensische Kompagnie
28.4.1942 Einbürgerung in Palästina als Soldat der No. 4 Palestinian Coy (Company) „The Buffs“; Bürge ist sein Schwager Dr. J. Königshofer
2.9.1944 meldet als Sergeant den Diebstahl seines „Identity Certificate“
1947 wohnhaft in Jerusalem
23.2.-10.3.1947 Edgar Ambursky auf der SS SATURNIA von Alexandria, Ägypten nach New York
Zieladresse
Bei Einbürgerung als US Citizen Umbennung in Ambur
1988 Letzter Wohnsitz West Palm Beach, Florida
17.12.1988 Tod in Hillsborough, Florida
Gedenken
–
Quellen
Leipziger Adressbuch von 1908
Schwester Erika Paula Amdursky im Leipziger Doktorbuch als Dr. med. aufgeführt
AMDURSKY, Erika Paula, ‚Die Evipan- Natriumnarkose unter besonderer Berücksichtigung
der Zwischenfälle an der Chirurgischen Klinik am Krankenhaus St. Jakob zu Leipzig, Breslau,
Schatzky, 1937. 23p.
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 6258); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7299); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
Anträge und Ansprüche der US-amerikanischen Sozialversicherung, 1936-2007
U.S. Behördendaten Verzeichnis
U.S. Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI)
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
Gisbert Strotdrees, Kibbuz Westerbeck (Hof Stern), in: Hachschara als Erinnerungsort, 12.12.2022.
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/4.pdf
https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/ein-kibbuz-in-westfalen/
https://archive.org/stream/MitteilJdischerPfadfinder/Nr.%2010%20%281936%29_djvu.txt
Jüdische Einwohner von Westerkappeln seit 1933 mit Belegungsliste Westerbeck, erstellt von der Gemeinde Westerkappeln am 14.11.1946