
Julius Eschwege/Ashwin
*4.1.1922 in Neustadt, Aisch ; ✡ September 1981 in Brentwood, Essex
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Nathan Ascher Eschwege *23.10.1888 in Thüngen; ✡ August 1942 in Auschwitz
1920 Heirat der Eltern
Mutter Regina Pfeuffer *6.7.1899 in Würzburg; ✡ August 1942 in Auschwitz
Geschwister
Heinz Eschwege *25.8.1924 in Ansbach; ✡29.1.1945 im KL Dora Mittelbau, Nordhausen
Alfred Eschwege/Asher *1.7.1931 in Rockenhausen; ✡nach 1991 in New York
Beruf landwirtschaftlicher Praktikant
Adressen Neustadt; Steckelsdorf bei Rathenow im Landkreis Jerichow;
Heirat 1949 in St. Pancras London mit Florence Longuet (1921-2009)
Kinder vier
Weiterer Lebensweg
Vater Nathan war Lehrer und Kantor in Neustadt, Rockenhausen, Ludwigshafen, Mannheim
März 1933 Vater Nathan im „wilden“ KL in Neustadt inhaftiert
10.11.1938 Julius Eschwege verhaftet im Novemberpogrom
„Schutzhaft“ im KL Sachsenhausen
14.12.1938 Entlassung aus dem KL Sachsenhausen
17.5.1939 Julius Eschwege in Steckelsdorfbei Minderheiten-Volkszählung
Das jüdische Umschulungslager Steckelsdorf-Ausbau
1939 Julius Eschwege zur Hachschara in das jüdische Umschulungslager Landwerk Steckelsdorf-Ausbau bei Rathenow im Landkreis Jerichow II; Träger ist der Bachad, 1928 gegründete Jugendorganisation des orthodox-jüdischen Misrachi; das hebräische Akronym בָּחָ״ד BaChaD steht für Brit Chaluzim Datiim, deutsch ‚Bund religiöser Pioniere‘; Träger war zuletzt die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD. Das Anwesen gehörte als Jagdvilla einem Berliner Industriellen, der es einschließlich der dazugehörigen Gärtnerei 1936/37 seiner Jüdischen Gemeinde zur Einrichtung eines Erholungsheims schenkte.
Lagerleiter/Madrichim waren Sigmar Bromberger, Manfred und Schoschana Litten, Dr. Benjamin Abrahamson, Herbert Schönewald, Werner Hoffbauer, Friedrich Löwenthal, ab 1941 Kurt Silberpfennig
10.11.1938 Novemberpogrom in Steckelsdorf, am Abend wurde das Landwerk gestürmt und verwüstet. Alle männlichen Funktionsträger wie Betriebsleiter Werner Hoffbauer, Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald verhaftet ins Polizeigefängnis Magdeburg und später als „Schutzhäftlinge“ nach Buchenwald gebracht.
21.11.1938 Entlassung der Steckelsdorf Madrichim Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald aus dem KL Buchenwald
1939 Instandsetzung und Übernahme von Steckelsdorf durch die RVJD
1.9.1939 Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen
Sommer 1939 Julius Eschwege kann nach England flüchten
Sept. 1981 Tod in Brentwood, Essex
Bruder Heinz Eschwege
Auszug aus der Biografie des Vereins Stolpersteine Dinslaken
„Seit dem Mai 1938 lebt Heinz Eschwege mit seinem Bruder Alfred im Israelitischen Waisenhaus Dinslaken. Er und sein Bruder erreichen nach der Zerstörung des Waisenhauses am 10. November 1938 mit anderen Kindern und Jugendlichen Köln. Zunächst lebt er bei einer Familie am Hohenstaufenring 25 und im Israelitischen Waisenhaus in der Aachener Str. 443. Am 20. Dezember 1938 erreicht er als Kind Nr. 87 mit dem „Transport der Kinder aus dem Waisenhaus Dinslaken“ Brüssel. Nach einem zweimonatigen Aufenthalt in der „Villa Johanna“ in Middelkerke kommt er im „Home Speyer“ bei Anderlecht unter. Später lebt er in dem von Jonas Tiefenbrunner gegründeten Heim für deutsche jüdische Flüchtlingsjungen in Heide. Nach dem Einmarsch der Deutschen lebt er in einem Heim in der Rue Corenbeek, später gelangt er mit den anderen Jungen aus Heide in ein Heim in Antwerpen, das ebenfalls von Jonas Tiefenbrunner geleitet wird. Er wird auch den erneuten Umzug des Hauses nach Brüssel erleben. Mit dem Erreichen des achtzehnten Lebensjahres und somit der zulässigen Altersgrenze wird er das Heim verlassen und eine Wohnung in der Rue de la Senne 60 beziehen. Dies ist seine letzte bekannte Wohnanschrift in Belgien. Heinz Eschwege wird unter nicht bekannten Umständen verhaftet und gelangt am 23. März 1944 in die Kaserne Dossin. Er erhielt dort er die Personennummer 39 des XXIV. Konvois aus Mechelen, der am 4. April 1944 Belgien verlässt und Auschwitz am 6. April 1944 erreicht. Nach seiner Ankunft wird Heinz Eschwege auf der Rampe von Auschwitz-Birkenau für die Zwangsarbeit selektiert. Vermutlich musste er für die IG Farben in Monowitz Zwangsarbeit leisten. Durch das Heranrücken der „Roten Armee“ werden am 18. Januar 1945 tausende „marschfähige“ Häftlinge in verschiedene Konzentrationslager getrieben. Heinz Eschwege erreicht das in Thüringen gelegene Konzentrationslager DORA am 1. Februar 1945. Dort stirbt er in der Nacht seiner Ankunft an völliger Entkräftung.
Die Wagner-Bürckel-Aktion
22.10.1940 beide Eltern und Bruder Alfred mit insgesamt 5600 Juden aus Baden, sowie 900 Juden aus der Pfalz und dem Saarland nach Gurs deportiert
1941 Bruder Alfred mit einer großen Kindergruppe aus Gurs in ein Ausreiselager in Marseille gerettet
10.6.-21.6.1941 Bruder Alfred mit Kindertransport auf der SS MOUZINHO von Lissabon nach New York
6.8.1942 Deportation der Eltern in das Durchgangslager Drancy
10.8.1942 Transport der Eltern von Drancy ins KL Auschwitz
Gedenken
1999 Pages of Testimony für die Eltern und Bruder Heinz von Alfred Asher
Stolperstein für Heinz Eschwege in Dinslaken
Quellen
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de862712
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de862725
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de862731
https://www.stolpersteine-dinslaken-ev.de/?q=node/23
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Einreiselisten Israel
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13.pdf
Bettina L. Götze, Landwerk Steckelsdorf-Ausbau, in: Hachschara als Erinnerungsort.
<https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13> [24.03.2024]
Ezra Ben Gershôm David. Aufzeichnungen eines Überlebenden, Evangelische Verlagsanstalt 1989
Joel König (Ezra Ben Gershom), Den Netzen entronnen, Vandenhoeck u. Ruprecht 1967
Bettina Götze, Rathenow, in: Irene Annemarie Diekmann (Hrsg.), Jüdisches Brandenburg. Verlag für Berlin-Brandenburg 2008. S. 304–328
Jizchak Schwersenz: Die versteckte Gruppe. Ein jüdischer Lehrer erinnert sich an Deutschland. Berlin: Wichern Verlag 1988
Michael Wermke: Ein letztes Treffen im August 1941. Kurt Silberpfennig und die Praxis religiös-zionistischer Pädagogik, Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Münster: Waxmann 2020