Britz Betty

Betty Britz

*10.3.1917 in Schippenbeil, Masuren; ✡ 29.3.1999 in Kibbuz Hasorea

Staatsangehörigkeit staatenlos

Religion jüdisch

Vater Samuel Britz; ✡? 20.10.1950 in Santiago de Chile

Mutter Käte Neumann; ✡?

Geschwister unbekannt

Beruf Landarbeiterin, Hauswirtschafterin, Pflegerin

Adressen

Heirat Hans Moshe Stern *10.1.1914 in (Mönchen-)Gladbach; ✡19.5.2004 (Eltern Julius und Ruth Falkenstein)

Kinder

Arnon Stern *11.6.1949

Jotam Stern *6.6.1953

Weiterer Lebensweg

Hans Stern emigriert 1936 nach Palästina

Waldgehöft Havelberg

Betty Britz im Novemberpogrom 1938 in Havelberg

Sommer 1938 Betty Britz zur landwirtschaftlichen Hachschara ins Waldgehöft, auch Jagdgehöft Barella, Damlacker Weg, nördlich von Havelberg (1934-1941), Träger bis zum Pogrom November 1938 war der Hechaluz, dann die RVJD. Die frühere Jagdpacht gehörte dem jüdischen Rechtsanwalt Siegfried Freund, er war zunächst auch der Leiter. Es umfasste acht Hektar Land, eine kleine Villa, zwei Wohnhäuser, eine Werkstatt, einen Stall, Gewächshäuser und Schuppen. Bis zu 50 Chaluzim waren hier untergebracht.

16.11.1936 Richard Horn eingestellt als Betriebsleiter in Havelberg; in dieser Funktion bleibt er bis September 1939.

Auf der Belegschaftsliste von Havelberg vom 30.6.1938  mit 17 Chaluzim ist sie noch nicht verzeichnet.

Im Novemberpogrom 1938 wird das Gehöft verwüstet. Die jungen Männer über 17 Jahre werden ins örtliche Polizeigefängnis gebracht. Betty Britz bleibt mit den Frauen und Jugendlichen zurück. Die Chaluza Annette Eick berichtet:

»Die Frau unseres Leiters (Johanna Horn) war auf der Farm geblieben und stand vor der Entbindung. Das Kind blieb im Bauch, sie hat furchtbar gelitten und ist daran gestorben.«

Johanna Horn ist auf dem jüdischen Friedhof unweit vom Waldgehöft begraben.

12.11.1938 Entlassung der älteren Chaluzim aus dem Polizeigefängnis

1939 eine Gruppe der Havelberger geht nach Holland ins Werkdorp Wieringen.

Pessah April 1940 in Gorssel, Deventer groep; v.l. Betty Britz, Lilo Cohen, Max Windmüller

Januar oder März 1939 Betty Britz von Berlin nach Deventer zur Einzelhachschara, zur „Deventer Vereniging tot Vakopleiding“

1940 Ausbildung als Hebamme/Säuglingspflegerin im Katholischen Krankenhaus in Rotterdam

10.5.1940 Überfall der Wehrmacht auf die Niederlande, sie erlebt die Bombardierung von Rotterdam.

Jeugdalijah

Im September 1939 eröffnete die Jeugdalijah in Amsterdam die Hachschara Zentren in Mijnsheerenland und „Het Paviljoen Loosdrechtse Rade“, nachdem das Waisenhaus Vondelhof in Amsterdam diese Funktion verloren hatte. Ab 1939 bestand parallel der Jugendalija Hof van Moerkerken in Mijnsheerenland für unter 15-Jährige. Wegen des Räumungsbefehls für alle Juden in den Küstenregionen musste Mijnsheerenland am 16.10.1940 geschlossen und 25 Chaluzim in Loosdrecht untergebracht werden

Madricha in „Het Paviljoen“ Loosdrechtse Rade

Von September 1939 bis August 1942 fanden hier 99 Bewohner Zuflucht.

Betty Britz 1940 als Madricha in das Heim der Jugendalijah in Loosdrecht, „het Paviljoen“: Sie arbeitet zusammen mit Chana de Leeuw in der Hauswirtschaft, ist verantwortlich für die Wäscherei.

Loosdrecht Juni 1942, Betty Britz 2. Reihe stehend, zweite von links

Überleben im Versteck als Onderduiker

7.7.1942 Aufforderung an die Amsterdamer Juden, sich freiwillig zum „Arbeitseinsatz im Osten“ zu melden.

14./15.7.1942 Razzia in Amsterdam; Registrierung in Westerbork und Deportation nach Auschwitz

15.7.-15.8.1942 von den Madrichim Schuschu Simon und Menachem Pinkhof werden Verstecke für alle Jugendlichen gesucht.

12.8.1942 Erica Blüth vom Comitee der Jeugdalijah erfährt beim Joodse Raad und übermittelt mit Codewort per Telefon, dass auch die Chaluzim aus Loosdrecht ins Kamp Westerbork gebracht werden sollen.  Die Madrichim Menachem Pinkhof und Schuschu Simon sowie Miriam Waterman beschließen, die 30 Jugendlichen mit Hilfe des Netzwerks von Joop Westerweel in Verstecken untertauchen zu lassen.

13.8.1942 Ankündigung von Pinkhof und Simon, dass alle Chaluzim im Verstecke gebracht werden. Die ersten werden noch am selben Abend weggebracht. Die Aktion dauert drei Tage.

16.8.1942 Betty Britz mit ein paar Jungen von Joop Westerweel als letzte aus „Het Paviljoen“ zum Versteck bei Nel Oosthout in Hilversum gebracht.

Karteikarte mit dem für die onderduiker aus Loosdrecht typischen Datumsstempel „13 AUG 1942“

Von den 49 „onderduiker“ aus Loosdrecht (Chawe/rim/roth und Madrichim) konnten 34 gerettet werden!

Bis Oktober 1943 hat sie ein Versteck in Hilversum. Bei einem Besuch bei Joop Westerweel wird sie verhaftet und verhört, aber wieder freigelassen; daraufhin Entschluss zur Flucht, zunächst aber in ein Versteck in Rotterdam.

Januar 1944 Tinus Schabing und Bouke Konin bringen sie und Metta Lande über die belgische Grenze. Mit dem Zug fährt sie nach Brüssel zu Max Windmüller („Cor“), der sie bei Lille über die Grenze nach Frankreich bringt. In Paris zu Kurt Reilinger und Ernst Hirsch: Hirsch bringt sie nach Toulouse, wo sie als Verbindungsfrau zwischen der Gruppe um „Cor“ und dem Widerstand in der Region Toulouse eingesetzt wird.

17.5.1944 Kurz nach der Abfahrt weiterer Chaluzim vom Bahnhof in Toulouse ist sie kurzfristig abwesend, als die Gruppe französischer Chawerim verhaftet wird.

Juni 1944 nach Andorra mit Mirjam de Vries

25.7.1944 Der Übergang über die Pyrenäen gelingt erst im vierten Anlauf. Zur Gruppe gehören neben 25 Franzosen 13 Chawerim aus den Niederlanden: Fiet Andriessen, Betty Britz, Lodi Cohen und Lilo Spiegel (-Cohen), Heinz Durlacher und Ruth Durlacher, Emil Glücker, Ludi Goldwein, Benjamin Hermann, Rivka Roos, Lore Süsskind, Betteke Tal und Martha de Vries.

Juli 1944 Passage über die Pyrenäen nach Lerida und später nach Barcelona

27.9.1944 Passausstellung (ID-Certificate) in Barcelona

Alija auf der SS GUINEE 1944

Im Oktober 1944 erhielten Paul Siegel und weitere Palästina-Pioniere von der britischen  Mandatsregierung  erteilte  Einwanderungszertifikate  für  Palästina.  Siegel,  Chanan  Flörsheim  und  53  weitere  Hechaluz-Mitglieder  gingen  am  27.  Oktober  1944 in Cadiz an Bord des Schiffes „Guinée“ und erreichten am 4. November den Hafen von Haifa. Seit Mai 1943 soll insgesamt 150 Palästina-Pionieren die Flucht aus den Niederlanden über Belgien bis Frankreich geglückt sein. Etwa 80 von ihnen überquerten in von der Toulouser Sektion der AJ organisierten Gruppen seit Februar 1944 die Pyrenäen und gelangten von Spanien aus in das unter britischem Mandat stehende Palästina

4.11.1944 Einreise von Betty Britz mit Arbeiter-Zertifikat des Hechaluz der Kategorie C/LS

14.11.1944 Entlassung aus Athlit

30.1.1947 Einbürgerung von Betty Britz in Palästina

Kibbuz Hazorea

10.11.1948 Heirat in Nehalel mit Hans Moshe Stern *10.1.1914 in Gladbach; 19.5.2004

Gedenken

Quellen

Mirjam Pinkhof, De Jeugdalijah van het Paviljoen Loosdrechtsche Rade, 1998

Frans van der Straaten, Om nooit te vergeten. Herinneringen en belevenissen aan/van Palestina-Pioniers in Nederland gedurende de oorlogsjaren 1939-1945

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130386092

https://collections.yadvashem.org/en/documents/3655767

https://www.gfh.org.il/eng/Archive

Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316

https://www.mappingthelives.org

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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