Binheim Hans Werner

Hans Werner Binheim

*24.1.1923 in Hannover; ✡18.9.1941 in Mauthausen

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Fritz Binheim *14.2.1888 in Schwalenberg, Detmold; ✡ 3.3.1943 Auschwitz

Heirat der Eltern am 8.10.1920 in Schwalenberg

Mutter Frieda Adler *28.1.1893 in Emden; ✡3.3.1943 Auschwitz

Großeltern Julius Binheim und Fanny Michaelis

Großeltern Leopold Adler und Jette Valk (1855-1932)

Schwestern

Ruth (links) und Hannah Binheim 1946; Überlebende von Auschwitz und Ravensbrück

Ruth Binheim *30.3.1925 in Hannover; ✡ 18.7.2019 in Utrecht; oo Jacques Wallage

Hanna Binheim * 7.10.1926 in Hannover; ✡ 24.4.2020 in Danville, Kalifornien; oo Fred Cohen/Carter

Beruf Elektriker- und Klempnerlehrling

Adressen Hannover, Ebhardtstr. 1, Goethestr. 47 p/a Goldmann; Werkdorp Wieringen Nieuwesluizerweg 42, Slootdorp (Wieringen); Amsterdam,

Heirat ledig

Kinder

Weiterer Lebensweg

Novemberpogrom

Der Manufakturwarenladen der Eltern wird verwüstet; Ruth Binheim berichtet:

„Es waren keine Menschen, es waren Tiere, die unseren Laden demolierten! Und wir konnten gerade noch nach oben fliehen.“

Kindertransport

4.1.1939 Hans Werner mit seinen Schwestern Hanna und Ruth mit dem Kindertransport Berlin -Hannover über Bielefeld, Rheine in die Niederlande nach Amsterdam

4.1.1939 es wurden drei Gruppen gebildet

– Dommelhuis Eindhoven nur Jungen

– Losser K.L. Smitoord nur Mädchen, 40 Mädchen sind in Oldenzaal ausgestiegen

– Zeehuis Bergen aan Zee gemischt Jungen und Mädchen

4.1.1939 Hans Werner Binheim ins Zeehuis, Verspijckweg 5, Bergen, zusammen mit Hans Claus Naftalie, Walter Otto Dreyfus und Werner „Meinsche“ Davids aus Bochum

Conrad Hiegentlich erklärt sich bereit, die drei Geschwister Binheim aufzunehmen; der Antrag wird aber vom Kindercomitee abgelehnt

23.3.1939 das Zeehuis in Bergen wird aufgelöst, verlegt ins Ons Boschhuis, Driebergen

29.6.1939 Wechsel ins Huize Kraaybeek Driebergen

1939 Hans Werner Binheim eingesetzt beim Aufbau des Vluchtelingenkamp Westerbork

4.10.1939 Schwester Hanna nach Groningen in die Familie Wallage

27.2.1940 Hans Werner Binheim von Driebergen kommend zur Hachschara ins Werkdorp Wieringen

21.5.1940 Schwester Ruth in das Flüchtlingsquartier, Oostelijke Handelskade 12, Amsterdam

31.5.1940 Schwester Ruth in das Hotel Hiegentlich, Amsterdam, Nieuwe Hoogstraat 9/11

17.5.1939 beide Eltern in Hannover, Goethestr. 47 bei der Minderheitenzählung

Werkdorp Nieuwe Sluis

Träger des „Jüdisches Werkdorf Nieuwe Sluis“ ist die „Stichting Joodse Arbeid“ (Stiftung Jüdische Arbeit); hier werden jüdische Jugendliche zu Landarbeitern umgeschult (Hachschara) als Vorbereitung auf die Ansiedlung in Palästina (Alija). Die Ausrichtung war neutral, nur etwa ein Drittel der Chawerim waren auch zionistische Chaluzim (zionistische Pioniere)

Im März 1934 kommt eine kleine Gruppe von Volontären als Aufbaugruppe in die verlassenen Baracken auf der Farm. Dreieinhalb Jahre lang dienten diese als Unterkunft für die Gruppe der Bauarbeiter. Ende 1934 stehen vier Baracken und eine Kantine dicht beieinander rund um das Haukes-Haus.

Oktober 1934 Aufnahme des regulären Ausbildungsbetriebs

Im Zentrum des Werkdorfs wird ein Gemeinschaftshaus errichtet, die Baracken werden in einem Halbkreis herumgebaut.

Anfang 1937 Offizielle Eröffnung der nun fertiggestellten Anlage

2.1.1938 formal bedingte Ummeldung aller Bewohner von der Gemeinde Barsingerhorn nach Wieringermeer

Auflösung des Werkdorp

20.3.1941 Auflösung des Werkdorp durch den SD der SS; 210 der 290 Lehrlinge werden nach Amsterdam verbracht und in Familien untergebracht; Gerd Vollmann berichtet darüber:

„Am 20. März kamen morgens blaue Busse von der Amsterdamer Gemeindebahn am Rande des Polders. … Die ca. 300 Werkdörfler wurden inspiziert durch Lages in Uniform und Barbie in Zivil.

Willy Lages, SS-Sturmbannführer, Leiter des Sicherheitsdienstes in Amsterdam; Klaus Barbie, SS-Obersturmführer, Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam

Unser Betriebsleiter Kemmerlin sorgte dafür, dass ca. 60 Jungen und Mädels bleiben durften, um das Vieh usw. zu versorgen. Die anderen kriegten 10 Minuten die Gelegenheit, um etwas zu packen und dann wurden wir mit Bussen nach Amsterdam gebracht…“

Unterbringung der 210 Werkdorper zunächst in Asschers Diamantschleiferei im Amsterdamer „Pijp“

27.3.1941 Unterbringung der Werkdorper in Gastfamilien oder bei Verwandten; Hans geht ebenfalls in das Hotel Hiegentlich, Amsterdam, Nieuwe Hoogstraat 9/11

11.6.1941 Offizielle Abmeldung der 210 Werkdorper aus der Gemeinde Wieringermeer

1.8.1941 endgültige Schließung des Werkdorpes

Zweite große Razzia in Amsterdam

14.5.1941 Bombenexplosion im Marine-Offiziersclub Amsterdam auf der Bernard-Zweerskade ist Anlass für Verhaftungswelle

Juni 1941 Zweite große Razzia in Amsterdam; der SD geht bei dieser Razzia anders vor als bei der ersten Razzia im Februar 1941, bei der  Juden wahllos auf der Straße aufgegriffen und festgenommen wurden; bei der zweiten Razzia nutzen die Deutschen Adresslisten und gehen gezielt zu den Häusern von dem sie wissen, dass dort Juden leben.

11.6.1941 SS-Obersturmführer Klaus Barbie von der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam“ erschleicht sich durch Täuschung die Adresslisten der „Werkdorper“

11.6.1941 „Vergeltungsmaßnahme“; Hans Werner Binheim mit 300 vorwiegend Jugendlichen, davon 61 „Werkdorper“ im Durchgangslager Schoorl inhaftiert; von ihnen werden vier, die keine vier jüdischen Großeltern haben, freigelassen.

Von Dezember 1940 bis August 1941 war SS-Untersturmführer Hans Stöver Kommandant des Camp Schoorl

Der Werkdorper Bernard Natt,, ein Cousin von Lotte Brück, beschreibt die Razzia des 11. Juni 1941:

„Am Mittwochabend, dem 11. Juni 1941, besuchte ich mit Lotti in der Stadsschouwburg eine Aufführung von Griegs Oper „Per Gynt“. Es war eine schöne, angenehme Aufführung. Es war auch das letzte Mal, dass ich mit Lotti ausgegangen bin. Auf dem Heimweg trafen wir einige Freunde vom Werkdorp. Sie waren sehr aufgebracht und teilten uns mit, dass unsere Mitbewohner des Werkdorps noch am selben Abend von der Gestapo festgenommen worden seien.

22.6.1941 Deportation der 296 in Schoorl Inhaftierten in das KL Mauthausen; dort werden sie durch extrem harte Arbeit im Steinbruch und oftmals tödliche medizinische Experimente ermordet; keiner überlebt das Jahr 1941

18.9.1941 Tod von Hans Werner Binheim im KL Mauthausen; offizielle Todesursache „auf der Flucht erschossen“

Fabrikaktion

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“ als Vorbereitung auf die „Fabrikaktion“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

Verbringung der Eltern in das Sammellager ehem. Israelitischen Gartenbauschule Ahlem, Wunstorfer Straße

2.3.1943 beide Eltern im geschlossenen Güterwaggon auf dem aus Bielefeld kommenden Transport ab Hannover  über Erfurt und Dresden nach Auschwitz; die im Rahmen der „Fabrikaktion“ verhafteten 243 Juden aus Hannover und Braunschweig wurden dem Koppelzug angeschlossen

3.3.1943 Ankunft und Selektion der ‚Alten Rampe‘ am Güterbahnhof von Auschwitz;

Tod der Eltern in den Gaskammern von Auschwitz

Gedenken

1959 Schwester Ruth Wallage benennt ihren Sohn „Hans Werner“

1986 Einweihung des Mahnmals in Mauthausen im Beisein von Schwester Ruth und Neffe Hans Werner Wallage: „Ein Spruch auf einem Mahnmal für die ermordeten ungarischen Juden hat uns sehr beeindruckt: „Vergesst uns nicht, wir die hier getötet worden sind, weil das Vergessen des Bösen ist die Erlaubnis zu seiner Wiederholung“

2017 Stolpersteine in Hannover für Hans Werner Binheim und seine Eltern

Juni 1994 und 3.10.1995 Pages of Testimony für Hans Werner und die Eltern von den Schwestern Hanna Carter und Ruth Wallage

Quellen

Henny E. Dominicus, Mauthausen, een gedenkboek, Amsterdam 1999

http://www.werkdorpwieringermeer.nl/en/hans-werner-binheim-2/

http://www.dokin.nl/deceased_children/hans-werner-binheim-born-24-jan-1923/

http://dokin.nl/surviving-children/Hanna-Binheim-born-7-Oct-1926

http://dokin.nl/surviving-children/Ruth-Binheim-born-30-Mar-1925

https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss=%7B%22q%22:%22Binheim%22%7D

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130260133

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130260134

https://anderetijden.nl/aflevering/113/De-vlucht-na-de-Kristallnacht

http://www.joodsmonument.nl/en/page/399390/mijn-oom-hans-werner

https://www.mappingthelives.org

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://yvng.yadvashem.org/ad

Niederlande, Bevölkerungsregister, 1810-1936; Bron: boek, Deel: 146, Periode: 1912-1938

www.werkdorpwieringermeer.nl/

https://www.oorlogsbronnen.nl/mensen?personterm=Ontruiming%20Joods%20Werkdorp%20Wieringermeer

https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_nwd_430302-2.html

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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