Jonge de Ludwig

Ludwig Benno de Jonge

*24.4.1914 in Bayreuth; ✡ 15.9.1941 in Mauthausen

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Jakob de Jonge *21.9.1878 in Oldersum,Leer ; ✡ 31.12.1943 in Dondangen

Mutter Frieda Strauß *15.7.1872; ✡1941 in Fürth

Geschwister

Max de Jonge *8.9.1903 in Bayreuth; ✡ Riga 1943; oo Anna Isaak (*21.4.1909 in Siegburg; Riga)

Gottlieb Kurt de Jonge *29.11.1905 in Bayreuth; ✡ 3.8.1992; oo 1928 Marie Herterich; oo Frieda

Sofie de Jonge *25.11.1908 in Bayreuth;

Beruf Landwirtschaftlicher Volontär

Adressen Bayreuth, Kreuzsteinstraße 15; Werkdorp Wieringen Nieuwesluizerweg 42, Slootdorp (Wieringen); Amsterdam, Van Woustraat in Amsterdam

Heirat ledig

Kinder

Weiterer Lebensweg

17.5.1939 beide Eltern, Bruder Max und Frau Anna bei der Minderheitenzählung

Emigration nach Deventer, Ludwig de Jonge in die Jugendherberge „De kleine Haar“ in Gorssel

Werkdorp Nieuwe Sluis

28.12.1939 Ludwig de Jonge aus Gorssel zur Hachschara ins Joodse Werkdorp Wieringermeer

Träger des „Jüdisches Werkdorf Nieuwe Sluis“ ist die „Stichting Joodse Arbeid“ (Stiftung Jüdische Arbeit); hier werden jüdische Jugendliche zu Landarbeitern umgeschult (Hachschara) als Vorbereitung auf die Ansiedlung in Palästina (Alija). Die Ausrichtung war neutral, nur etwa ein Drittel der Chawerim waren auch zionistische Chaluzim (zionistische Pioniere)

Im März 1934 kommt eine kleine Gruppe von Volontären als Aufbaugruppe in die verlassenen Baracken auf der Farm. Dreieinhalb Jahre lang dienten diese als Unterkunft für die Gruppe der Bauarbeiter. Ende 1934 stehen vier Baracken und eine Kantine dicht beieinander rund um das Haukes-Haus.

Oktober 1934 Aufnahme des regulären Ausbildungsbetriebs

Im Zentrum des Werkdorfs wird ein Gemeinschaftshaus errichtet, die Baracken werden in einem Halbkreis herumgebaut.

Auflösung des Werkdorp

20.3.1941 Auflösung des Werkdorp durch den SD der SS; 210 der 290 Lehrlinge werden nach Amsterdam verbracht und in Familien untergebracht; Gerd Vollmann berichtet darüber:

„Am 20. März kamen morgens blaue Busse von der Amsterdamer Gemeindebahn am Rande des Polders. … Die ca. 300 Werkdörfler wurden inspiziert durch Lages in Uniform und Barbie in Zivil.

Willy Lages, SS-Sturmbannführer, Leiter des Sicherheitsdienstes in Amsterdam; Klaus Barbie, SS-Obersturmführer, Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam

Unser Betriebsleiter Kemmerlin sorgte dafür, dass ca. 60 Jungen und Mädels bleiben durften, um das Vieh usw. zu versorgen. Die anderen kriegten 10 Minuten die Gelegenheit, um etwas zu packen und dann wurden wir mit Bussen nach Amsterdam gebracht…“

Unterbringung der 210 Werkdorper zunächst in Asschers Diamantschleiferei im Amsterdamer „Pijp“

27.3.1941 Unterbringung der Werkdorper in Gastfamilien oder bei Verwandten; Ludwig de Jonge findet Aufnahme in der Van Woustraat 149 in Amsterdam

11.6.1941 Offizielle Abmeldung der 210 Werkdorper aus der Gemeinde Wieringermeer

1.8.1941 endgültige Schließung des Werkdorpes

Zweite große Razzia in Amsterdam

14.5.1941 Bombenexplosion im Marine-Offiziersclub Amsterdam auf der Bernard-Zweerskade ist Anlass für Verhaftungswelle

Juni 1941 Zweite große Razzia in Amsterdam; der SD geht bei dieser Razzia anders vor als bei der ersten Razzia im Februar 1941, bei der  Juden wahllos auf der Straße aufgegriffen und festgenommen wurden; bei der zweiten Razzia nutzen die Deutschen Adresslisten und gehen gezielt zu den Häusern von dem sie wissen, dass dort Juden leben.

11.6.1941 SS-Obersturmführer Klaus Barbie von der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam“ erschleicht sich durch Täuschung die Adresslisten der „Werkdorper“

11.6.1941 „Vergeltungsmaßnahme“ 300 vorwiegend Jugendliche, davon 61 „Werkdorper“ im Durchgangslager Schoorl inhaftiert; von ihnen werden vier, die keine vier jüdischen Großeltern haben, freigelassen.

Von Dezember 1940 bis August 1941 war SS-Untersturmführer Hans Stöver Kommandant des Camp Schoorl

Der Werkdorper Bernard Natt,, ein Cousin von Lotte Brück, beschreibt die Razzia des 11. Juni 1941:

„Am Mittwochabend, dem 11. Juni 1941, besuchte ich mit Lotti in der Stadsschouwburg eine Aufführung von Griegs Oper „Peer Gynt“. Es war eine schöne, angenehme Aufführung. Es war auch das letzte Mal, dass ich mit Lotti ausgegangen bin. Auf dem Heimweg trafen wir einige Freunde vom Werkdorp. Sie waren sehr aufgebracht und teilten uns mit, dass unsere Mitbewohner des Werkdorps noch am selben Abend von der Gestapo festgenommen worden seien.

22.6.1941 Deportation der 296 in Schoorl Inhaftierten in das KL Mauthausen; dort werden sie durch extrem harte Arbeit im Steinbruch und oftmals tödliche medizinische Experimente ermordet; keiner überlebt das Jahr 1941

15.9.1941 Tod von Ludwig de Jonge in Mauthausen; offiziell „Allgemeine Sepsis“

Riga Jungfernhof

Die Mutter stirbt 1941.

Die Gestapo Nürnberg hatte für Bayreuth 46 zu Deportierende unter 65 festgelegt. Es lebten in Bayreuth aber nur noch 35 Juden im Alter unter 65 Jahren. Kriminalkommissar Fritz Meyer schrieb elf über 65-Jährige auf die Liste. Eine Frau war sogar 85. Sie war die älteste des Transportes überhaupt. Die jüngsten auf der Bayreuther Liste waren die drei letzten noch dort lebenden jüdischen Jugendlichen im Alter von 13, 15 und 18 Jahren.

27.11.1941 Verhaftung von Vater, Bruder Max und Schwägerin Anna in Bayreuth, Verbringung ins Sammellager in die Rotmainhalle

27.11.1941 von der Rotmainhalle auf einen LKW verladen und über die Autobahn nach Nürnberg gebracht; Verantwortlicher in Bayreuth: Kriminalkommissar Fritz Meyer.

In einem Bericht vom 2.12.41 vermerkte der zweite Bürgermeister von Bayreuth:

„Im Zuge der Judenevakuierung wurden am 27.11. aus dem Stadtkreis Bayreuth 46 Juden beiderlei Geschlechts nach Nürnberg transportiert und im Auffanglager Langwasser der Geheimen Staatspolizei übergeben.“

27.11.-29.11.1941 im Lager Langwasser auf dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg

29.11.1941 Transport von Nürnberg nach Skirotawa

2.12.1941 Ankunft des zweiten Deportationszug aus dem Reich in Riga – mit 1.008 Menschen aus Nürnberg/Franken, davon 46 aus Bayreuth; Fußmarsch ins Lager Jungfernhof

Mitte 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung

November 1943 Auflösung des Ghetto Riga

November 1943 Kasernierung des Vaters in Dondangen

31.12.1943 Tod des Vaters in Dondangen

Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga

Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof

6.8.-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig

9.8.1944 Ankunft von Anna de Jonge in Stutthof

28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig

Gedenken

10.6.1999 Pages of Testimony für den Vater Jakob, Bruder Max und Frau Anna und Schwester Sophie von Frieda de Jonge

Quellen

https://www.mappingthelives.org

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.gedaechtnisbuch.org/wp-content/uploads/2015/07/de-Jonge-S4.pdf

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130313955

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de851314

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de889046

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de889054

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de889037

Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011

https://yvng.yadvashem.org/ad

Niederlande, Bevölkerungsregister, 1810-1936; Bron: boek, Deel: 146, Periode: 1912-1938

www.werkdorpwieringermeer.nl/

https://www.oorlogsbronnen.nl/mensen?personterm=Ontruiming%20Joods%20Werkdorp%20Wieringermeer

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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