Goldwein Margarete

Margarete Goldwein

*28.10.1925 in Meimbressen; ✡  12.12.2013 in Israel

Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos

Vater Louis Goldwein *28.8.1884 in Meimbressen; ✡ Juli 1944 in Riga

Mutter Bertha Katz * 12.11. 1889 in Jesberg; ✡ April 1945 Ostsee

Großmutter Bertha Goldwein geb. Mosheim *29.1.1858 in Adorf; 25.9.1942

Schwester

Ruth Goldwein *5.2.1924 in Meimbressen; ✡ 9.5.1945 in Neustadt/SH

Cousin/en aus Meimbressen

Erna Mathilde Goldwein *22.3.1905 in Meimbressen; ✡ nach 9.12.1941 Riga; oo 1931 Gerson Jacobs

Flora Goldwein *23.5.1910 in Meimbressen; ✡ 14.1.1999 in Ramat Gan; oo 1939 Philipp Jacobs

Arthur Goldwein *13.7.1913 in Meimbressen; ✡ 1.10.1941 Mauthausen

Ludwig Ludi Elieser Goldwein *14.10.1922 in Meimbressen; ✡ 18.2.2003 in Ramat Gan; oo 1958 Sonja Magteld Verdooner *10.10.1935 in Amsterdam; ✡2019

Marianne Goldwein *5.8.1926 in Meimbressen; ✡ 6.12.1943 in Auschwitz

Beruf Schülerin

Adressen Meimbressen, Haus Nr. 2  

Heirat 1952 in Ramat Gan mit Leo Jehuda Sender

Kinder keine

Weiterer Lebensweg

17.5.1939 Marga mit den Eltern und Schwester Ruth Goldwein sowie Großmutter Bertha in Kassel, Große Rosenstraße 18 III bei Minderheiten-Volkszählung

Mitte 1941 Marga zur Zwangsarbeit in der Kartonagenfabrik Becker & Marxhausen

Kassel – Ghetto Riga

8.10.1941 Einweisung der Familie Louis Goldwein in das Judenhaus Kassel, Kölnische Straße 4

8.12.1941 Marga mit beiden Eltern und Schwester Ruth sowie Levi und Ida Goldwein, den Eltern von Erna und Flory Goldwein/Jacobs mit mehr als 10 Verwandten über Nacht im Sammellager Turnhalle Wörthschule, Schillerstraße

9.12.1941 Fußmarsch durch Kassel über die Schillerstraße, Erzbergerstraße, Werner-Hilpert-Straße zum Hauptbahnhof Kassel; Transportzug Da 36 über Berlin, Breslau, Posen, Königsberg, Riga- Skirotawa mit 1022 Juden

12.12.1941 Ankunft Skirotawa; Fußmarsch ins Ghetto Riga bei über 10 Grad minus

Marga Sender berichtet 1958:

„Dort lebten wir, ich und meine Eltern und Schwester, mit noch einer Familie, zusammen 6 Personen, in einem Zimmer. Wir mussten jeden Tag schwer arbeiten bei der Organisation Todt. Das Essen war sehr schlecht und sehr minimal.“

Nach Angaben von Ludi Goldwein wurden seine Eltern zu Pessach 1943 (19.3.1942) ermordet, vermutlich am 15.3.1942 bei der 2. Dünamünde Aktion im Ghetto Riga

21.6.1943 Befehl des Reichsführers SS Heinrich Himmler, alle jüdischen Ghettos im Reichskommissariat Ostland, Estland, Lettland, Litauen und Teile Weißrusslands, aufzulösen und die Juden zu Arbeitseinsätzen heranzuziehen.

Juli – 2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos; Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung; Kommandant des KL Kaiserwald Sturmbannführer Albert Sauer

Oktober 1942 bis März 1943 160 Juden aus dem Ghetto Riga in das Ghetto Libau zur Arbeit in der Zuckerfabrik

bis 2.10.1943 Marga Goldwein im Ghetto Libau („Schamste?“)

7.10.1943 Rücktransport der reichsdeutschen Juden aus Libau ins Ghetto Kaiserwald

23.8.1943 Cousine Flory Jacobs in die Frauen-Außenkasernierung Reichsbahnwerk bei der Zentralstation Precu; es bestand vom 18.8.1943 bis im August 1944 die Frauen über Stutthof in das Kommando Stolp verlegt wurden

12.10.43 Marga Goldwein ebenfalls ins Reichsbahnwerk Precu:

„(…) am 12.10.43 ins Arbeitslager Precu. Bei der Ankunft wurden alle nackt ausgezogen und mussten zum Appell antreten, wobei jeder seine Sträflingsnummer bekam. Meine Nummer war 56278. In Precu mussten (wir) sehr schwer arbeiten.“

3.

November 1943 Auflösung des Ghetto Riga

Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga

Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof

Juli 1944 Krebsbach-Aktion zur Vorbereitung auf die Auflösung von KL Kaiserwald nach Stutthof. Vater Louis Goldwein wird erschossen

6.8.-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig

August 1944 Marga mit Schwester Ruth und Mutter Berta Goldwein sowie Cousine Flory Jacobs in das KL Stutthof

August 1944 Verlegung von Marga und Floryin das Außenlager Stolp zum Bau von Panzersperren; Marga Sender berichtet später:

„Dort mussten (wir) Splittergräben machen und Eisenbahnwaggons mit Kohle, Erde und dergl. ab- und aufladen. Als ich einmal auf einen Waggon stieg, hat ein SS-Mann absichtlich (den) Befehl gegeben, den Zug in Bewegung zu setzen, und dabei kam meine rechte Hand zwischen die Puffer und wurde schwer verletzt, sodass meine Hand heute noch verkrüppelt ist.“

1944 Verlegung Flory mit den Cousinen Ruth und Marga sowie Tante Berta in das Frauenaußenlager des KL Stutthof in Danzig Burggraben:

„Wir mussten Tag und Nacht, ohne zu essen und zu trinken, durch Gebirge und Wälder laufen, und wer nicht mitkonnte, wurde erschossen.“

Die Tragödie in der Lübecker Bucht, der Judenmord von Neustadt

21.-26.4.1945 10 000 Häftlinge aus dem KL Neuengamme von SS-Wachen nach Lübeck gebracht, dort auf das manövrierunfähige Kreuzfahrtschiff „Cap Arcona“ und die Frachter „Thielbeck“, „Athen“ und „Elmenhorst“ im Vorwerker Hafen.

25.4.1945 Häftlinge aus den Außenlagern des KL Stutthof werden mit Lastkähnen in die Lübecker Bucht verbracht, so auch Flory Jacobs mit den Cousinen Ruth und Marga sowie Tante Berta; Tante Berta stirbt während der Überfahrt. Marga Sender schreibt:

„Dort wurden (wir) auf kleine Boote verladen und fuhren planlos ohne Essen und Trinken auf dem Wasser herum. Meine Mutter starb vor meinen Augen vor Schwäche, und (es) wurde die Leiche ins Wasser geworfen.“

Der Kapitän der ARCONA verweigerte die Übernahme auf das schon überfüllte Schiff; die Lastkähne trieben herrenlos ohne Antrieb Strand von Pelzerhaken bei Neustadt. Die Häftlinge versuchten vom Strand aus, sich Nahrungsmittel zu besorgen

3.5.1945 am frühen Morgen trieben Neustädter Bürger, Angehörige der Kriegsmarine, einer Versehrteneinheit und des Volkssturms in einer sogenannten „Sammelaktion“ die Menschen zusammen und erschossen mindestens 208 Häftlinge aus dem KL Stutthof; die Überlebenden des Massakers werden die ATHEN gebracht, die am Marinehafenkai lag, wo weitere bei den britischen Luftangriffen umkamen.

3.5. 1945 Britischer Fliegerangriff in der Lübecker Bucht bei Neustadt auf die „Cap Arcona“ und die „Thielbeck“, die nach Treffern Feuer fangen und sinken; über 7000 Häftlinge ertrinken. Tragisch: eine entsprechende Meldung des IRC war nicht weitergeleitet worden und erreichte die Piloten nicht.

Kassel – Theresienstadt

7.9.1942 Großmutter Bertha Goldwein auf dem Transport Kassel – Chemnitz -Theresienstadt

25.9.1942 Tod der Großmutter Bertha Goldwein in Theresienstadt

Belgien – Mechelen – Auschwitz

28.2.1936 Flucht von Tante Sophie Goldwein nach Belgien

31.7.1943 Schwester Marianne zusammen mit den Tanten Sophie Goldwein geb. Ernst und Erna Anschel-Ernst, beide aus Herbede gebürtig auf dem XXI. Transport von Mechelen nach Auschwitz

6.12.1943 Tod von Schwester Marianne Goldwein in Auschwitz

Nachkriegszeit

9.5.1945 Schwester Ruth stirbt sechs Tage nach der Befreiung im Landeskrankenhaus Neustadt an völliger Entkräftung

April-Juli 1945 Cousine Flory Jacobs mit Bauchtyphus im Krankenhaus Eckernförde

April 1945 -Januar 1946 Marga Goldwein für 10 Monate im Landeskrankenhaus in Neustadt wegen Gelbsucht mit Leberschwellungen, Unterernährung, Sehstörungen und allgemeiner Körperschwäche

1.12.1945 Flory als DP im DP Camp Zeilsheim, Assembly Center 503 „Kibbuz Zeilsheim“

25.4.1946 Rückkehr von Marga Goldwein nach Kassel

26.4.1946 -18.11.1947(?) Flory Jacobs gemeldet in Meimbressen, Simonstraße 5

7.2.1947 Flory Jacobs emigriert auf dem US Marinetransporter SS ERNIE PYLE von Bremen nach New York

15.9.1949 Alija von Marga Goldwein nach Israel

1952 in Ramat Gan Heirat mit Leo Jehuda Sender. Die Ehe bleibt kinderlos.

Gedenken

Okt. 1977/12.6.1980 Pages of Testimony von Cousine Flory für ihren Mann Philipp und zahlreiche Familienmitglieder

Quellen

Erlebnisbericht von Marga Sender v. 14. August 1958; HHStAW 518, 91584

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

http://www.denkmalprojekt.org/

https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss=%7B%22q%22:%22Goldwein%201913%22%7D

https://www.hofgeismar.de/museum-

hofgeismar/download/m-dorhs-zweimal-hoelle-und-zurueck-das-beschaedigte-leben-von-

flory-und-marga-goldwein-aus-meimbressen-2021.pdf?cid=d2m

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20467/Meimbressen%20Dorhs__Zweimal_Hoelle_und_zurueck.pdf

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/67430259

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/67430260

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de877278

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de887486

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de887496

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de887488

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de887490

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de877302

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de877296

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.joodsmonument.nl

https://www.gfh.org.il/eng/Archive

https://yvng.yadvashem.org/ad

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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