Leon Leib Freier
*12.3.1921 in Leipzig; ✡ 14.4.1969 in Haifa
Staatsangehörigkeit polnisch, staatenlos
Religion jüdisch
Vater Zwi Hermann Hersch Freier *4.6.1878 in Wolzynitz, Bukowina; ✡ 9.10.1956 in Sde Nahum
Mutter Chava Rachel Schul *26.7.1879 in Glogow; ✡ 30.9.1977 in Israel
Geschwister
Jetti Freier *1903; 1966 Kiriyat Shaul
Max Bernhard Freier *29.1.1905 in Leipzig; ✡ ?
Heinrich Freier *22.9.1906 in Leipzig; 1944 Buchenwald
Sara Sally Freier *12.2.1908 in Leipzig; ✡ 18.3.1993 Ramat Gan; oo 1935 in Frankreich Pinchas Spiegler
Anna Hadas Freier *2.9.1909 in Leipzig; ✡ 18.1.1944 in Auschwitz; oo Salomon Gliksman
Elias Freier *13.3.1911 in Leipzig; ✡ 26.1.1945 in Buchenwald; oo Ursula Raschfall
Nathan Naftali Freier *11.2.1913 in Leipzig; ✡ 13.10.1942 in Auschwitz
Moshe Freier Dror* 27.6.1916 in Leipzig; ✡ 9.1.2002 in Holon; oo Esther Leiner
Adele Freier *2.7.1919 in Leipzig; ✡ Jan 1944 in Auschwitz
Itzhak Freier *9.8.1922 in Leipzig; ✡ Januar 2002; Miriam Abramowicz
Beruf landwirtschaftlicher Praktikant
Adressen Leipzig, Münzgasse 3; Steckelsdorf bei Rathenow im Landkreis Jerichow; Berlin, Platanenstraße 114
Heirat Rena Walter *6.3.1926 in Beuthen
Kinder
Ruth Freier *6.2.1948 in Berlin Lichterfelde; Koren
Heinz Freier *1954 in Frankfurt
Weiterer Lebensweg
Besuch der Jeschiwa in Ratibor
Winter 1937 beide Eltern können mit einem Visum des Palästinaamtes emigrieren
Leo Freier zieht nach Berlin; wohnt in einer Hechaluz-Wohngemeinschaft mit seinen Jeschiwa-Freunden; eines Tages (28.10.1938? Polenaktion?) findet er die Wohnung leer; er irrt durch Berlin und findet für vier(?) Jahre Unterschlupf bei Ilse
10.2.1939 Schwester Adele emigriert nach Belgien/Frankreich
1939 Bruder Nathan nach Frankreich
1.5.1939 Schwester Anna Gliksmann nach Belgien
17.5.1939 Leon Freier in Steckelsdorf bei Minderheiten-Volkszählung
Das jüdische Umschulungslager Steckelsdorf-Ausbau
Leon Freier zur Hachschara in das jüdische Umschulungslager Landwerk Steckelsdorf-Ausbau bei Rathenow im Landkreis Jerichow II; Träger ist der Bachad, 1928 gegründete Jugendorganisation des orthodox-jüdischen Misrachi; das hebräische Akronym בָּחָ״ד BaChaD steht für Brit Chaluzim Datiim, deutsch ‚Bund religiöser Pioniere‘; Träger war zuletzt die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD. Das Anwesen gehörte als Jagdvilla einem Berliner Industriellen, der es einschließlich der dazugehörigen Gärtnerei 1936/37 seiner Jüdischen Gemeinde zur Einrichtung eines Erholungsheims schenkte.
In seinem autobiografischen Bericht erwähnt er die Hachschara nicht.
1.9.1939 Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen
21.5.1941 Schließung der Büros des Hechaluz, Palästinaamt und Bachad in der Meinekestraße 10, Wechsel in die Kantstraße 158
Januar 1942 Leon Freier verhaftet; letzte Adresse Studinski, Platanenstraße 114; die Villa des Besitzers Georg Hermann war zum Judenhaus geworden; von den dort lebenden 19 Juden wurden 15 deportiert;
Das Ehepaar Aron Arthur Studinski und Frau Fanny geb. Salomon bewohnte dort eine Kellerwohnung; als Untermieter Leon Freier, aus dem Landwerk Steckelsdorf-Ausbau kommend, und Julius Sommerfeld mit seiner nichtjüdischen Ehefrau.
Die Familie von Georg Herman und das Ehepaar Aron Studinsky werden erst am 19.10.1942 mit 60 Kindern zwischen 2 und 16 Jahren aus dem Waisenhaus „Baruch Auerbach“ in der Schönhauser Allee 162 sowie drei ihrer Betreuer/-innen nach Riga deportiert und bei Ankunft in Riga Skirotawa im Hochwald von Bikernieki erschossen
Verbringung in das Sammellager Tiergarten- Synagoge in der Levetzowstraße
19.1.1942 Leon Freier auf dem 9. Osttransport von Berlin nach Riga
23.1.1942 Ankunft im Rangierbahnhof Riga-Bikernieki;
SS-Sturmbannführer Lange befiehlt ihm: „Such 30 junge Kerle aus und macht die Waggons sauber!“
Später kommen auch die Brüder Heini und Elias ins Ghetto Riga
15.2.1942 Ghettokommandant Krause sucht beim Ghettoappell 250 junge Männer zum Aufbau von Salaspils heraus; auch Leo marschiert mit
April 1942 mit 100 Männern zum Holzfällen in ein Nebenlager
3. November 1943 Auflösung des Ghetto Riga
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig
28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig
Arbeitskommando Schiffswerft in einem der 40 Stutthof-Außenlager
23.1.1945 Arbeitskommando Ausbessungswerk der Reichsbahn; Leo wird zwei Häftlingen mit Knüppeln vor einen fahrenden Zug gestoßen und verliert dabei beide Unterschenkel, die andere beiden sind tot.
25.1.1945 Evakuierung von Stutthof, 11600 Häftlinge auf dem Todesmarsch; Leo bleibt im „Revier“ zurück
9.5.1945 Befreiung der zurückgelassenen Häftlinge in Stutthof durch die Rote Armee
Spätsommer1945 Leo Freier verlegt in das Krankenhaus in Beuthen; dort lernt er sein spätere Frau Rena Walter kennen, die dort Zwangsarbeit als Pflegerin leisten muss
Weitere Familiendaten
21.1.1942 Elias mit Ehefrau Ursula und Bruder Heinrich Freier ab Leipzig ins Ghetto Riga; Tod von Elias 26.1.1945 in Buchenwald
Heinrich Freier 8.8.1944 in Stutthof, 16.8.1944 in Buchenwald
Keine weiteren Daten bekannt
Gedenken
2010 Roman von Tochter Ruth Koren, Der kleine Vogel heißt Goral: Eine Jüdische Familiengeschichte
Quellen
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de255307
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de868947
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de868944
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/11230591
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127207408
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/129822438
https://zwangsraeume.berlin/de/houses/platanenstrasse-114
Ruth Koren, Der kleine Vogel heißt Goral: Eine Jüdische Familiengeschichte, 2010
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.mappingthelives.org
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13.pdf
Bettina L. Götze, Landwerk Steckelsdorf-Ausbau, in: Hachschara als Erinnerungsort.
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13> [24.03.2024]
Ezra Ben Gershôm David. Aufzeichnungen eines Überlebenden, Evangelische Verlagsanstalt 1989
Joel König (Ezra Ben Gershom), Den Netzen entronnen, Vandenhoeck u. Ruprecht 1967
Bettina Götze, Rathenow, in: Irene Annemarie Diekmann (Hrsg.), Jüdisches Brandenburg. Verlag für Berlin-Brandenburg 2008. S. 304–328
Jizchak Schwersenz: Die versteckte Gruppe. Ein jüdischer Lehrer erinnert sich an Deutschland. Berlin: Wichern Verlag 1988
Michael Wermke: Ein letztes Treffen im August 1941. Kurt Silberpfennig und die Praxis religiös-zionistischer Pädagogik, Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Münster: Waxmann 2020