Abrahamssohn Jakob

Jakob Abrahamssohn

*11.4.1901 in Enschede; ✡ 16.10.1041 in Mauthausen

Staatsangehörigkeit niederländisch

Religion jüdisch

Vater Emil Abrahamssohn *1.4.1865 in Esens; ✡ 8.2.1940 in Enschede

Mutter Jeannette Faber *1880; 7.3.1924 in Enschede

2. Ehe des Vaters mit

Sophia Denneboom *23,.3.1882 in Avereest, Overijssel; März 1972

Geschwister

Onkel Joel Abrahamssohn *1.4.1869 in Esens; ✡ 21.9.1942 in Treblinka

Tante Pauline Meyer *17.10.1872 in Bentheim; ✡21.9.1942 in Treblinka

Cousin/en

Jenny Abrahamssohn  *6.6.1904 in Hamburg; ✡ 7.6.1942 in Auschwitz; oo Oscar Simon; 2.oo Ludwig Becker

Else Abrahamssohn *6.7.1906 in Hamburg; ✡ 26.3.1943 in Auschwitz; oo Grossmeyer

Martha Abrahamssohn *1908 in Hamburg; ✡ 1908 in Hamburg

Grete Abrahamssohn *6.8.1912 in Hamburg; ✡ 19.1.2004 in Australien; oo Wolfers

Norbert Abrahamssohn *21.9.1916 in Hamburg; ✡ 30.9.1941 in Mauthausen

Beruf Kaufmann

Adressen Enschede, Ledeburstraat 46

Heirat 21.11.1930 in Enschede Paulina Bonem *16.5.1900 in Neumagen; ✡ 23.4.1943 in Sobibor

Kinder

Weiterer Lebensweg

Werkdorp Nieuwe Sluis

30.4.1938 Cousin Norbert Abrahamssohn zur Hachschara ins Werkdorp Wieringen

Träger des „Jüdisches Werkdorf Nieuwe Sluis“ ist die „Stichting Joodse Arbeid“ (Stiftung Jüdische Arbeit); hier werden jüdische Jugendliche zu Landarbeitern umgeschult (Hachschara) als Vorbereitung auf die Ansiedlung in Palästina (Alija). Die Ausrichtung war neutral, nur etwa ein Drittel der Chawerim waren auch zionistische Chaluzim (zionistische Pioniere)

Im März 1934 kommt eine kleine Gruppe von Volontären als Aufbaugruppe in die verlassenen Baracken auf der Farm. Dreieinhalb Jahre lang dienten diese als Unterkunft für die Gruppe der Bauarbeiter. Ende 1934 stehen vier Baracken und eine Kantine dicht beieinander rund um das Haukes-Haus.

Oktober 1934 Aufnahme des regulären Ausbildungsbetriebs

Im Zentrum des Werkdorfs wird ein Gemeinschaftshaus errichtet, die Baracken werden in einem Halbkreis herumgebaut.

Anfang 1937 Offizielle Eröffnung der nun fertiggestellten Anlage.

Gescheiterte Emigration

1939 half das Jüdische Komitee in Amsterdam Norbert Abrahamssohn mit einer Schiffspassage, er sollte am 5. September 1939 von Genua via der „Lloyd Triestino Linie“ abreisen. Am 7. August 1939 schrieb er in einem Brief an seine Familie:
„Ich warte, dass das Ticket aus Paris kommt. Ich hoffe, ich kann noch abreisen, aber ich bin sehr pessimistisch und glaube, dass wir in einen langen Krieg verwickelt werden. Die Atmosphäre hier ist düster, voller Angst, alle erwarten das Schlimmste. Die Ernte auf dem Feld muss schnellstens eingebracht werden, da gestern bereits die Mobilmachung ausgerufen wurde. Man glaubt, dass Holland nicht neutral bleiben kann, weil entweder von der einen oder anderen Seite angegriffen wird. Man wird die Entwicklung abwarten müssen. Falls ich vor Kriegsbeginn nicht abreisen kann, und das sieht ja so aus, werde ich Euch gleich schreiben.“

1.9.1939 Überfall der Wehrmacht auf Polen

5.9.1939 Norbert Abrahamssohn kann die bereits gebuchte Schiffspassage von Triest nach Australien nicht nutzen, da er keine Einreiseerlaubnis für Italien bekommt.

Am 29. September schrieb er:
„Hier in Holland sind alle gegen Deutschland, und man fürchtet sich vor einer möglichen Invasion. Die Leute hier gehen ihrem normalen Leben nach, Essen und andere Dinge sind noch erhältlich wie vorher. Alles geht hier noch seinen ordentlichen normalen Weg. So manchmal, wenn ich friedlich auf dem Felde arbeite, frage ich mich, ist es wirklich wahr, dass wir in Kriegszeiten leben? Es ist unglaublich! Aber die Pferde ziehen den Pflug über das Feld, und alles ist in Harmonie.“

Dezember 1939 bekommt er die Einreiseerlaubnis für Italien, Australien hat inzwischen die Aufnahme von Flüchtlingen gestoppt

Auflösung des Werkdorp

„Am 20. März kamen morgens blaue Busse von der Amsterdamer Gemeindebahn am Rande des Polders. … Die ca. 300 Werkdörfler wurden inspiziert durch Lages in Uniform und Barbie in Zivil.

Willy Lages, SS-Sturmbannführer, Leiter des Sicherheitsdienstes in Amsterdam; Klaus Barbie, SS-Obersturmführer, Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam

Unser Betriebsleiter Kemmerlin sorgte dafür, dass ca. 60 Jungen und Mädels bleiben durften, um das Vieh usw. zu versorgen. Die anderen kriegten 10 Minuten die Gelegenheit, um etwas zu packen und dann wurden wir mit Bussen nach Amsterdam gebracht…“

Unterbringung der 210 Werkdorper zunächst in Asschers Diamantschleiferei im Amsterdamer „Pijp“

27.3.1941 Unterbringung der Werkdorper in Gastfamilien oder bei Verwandten; Norbert Abrahamssohn nach Amsterdam

11.6.1941 Offizielle Abmeldung der 210 Werkdorper aus der Gemeinde Wieringermeer

1.8.1941 endgültige Schließung des Werkdorpes

Zweite große Razzia in Amsterdam

14.5.1941 Bombenexplosion im Marine-Offiziersclub Amsterdam auf der Bernard-Zweerskade ist Anlass für Verhaftungswelle

Juni 1941 Zweite große Razzia in Amsterdam; der SD geht bei dieser Razzia anders vor als bei der ersten Razzia im Februar 1941, bei der  Juden wahllos auf der Straße aufgegriffen und festgenommen wurden; bei der zweiten Razzia nutzen die Deutschen Adresslisten und gehen gezielt zu den Häusern von dem sie wissen, dass dort Juden leben.

11.6.1941 SS-Obersturmführer Klaus Barbie von der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam“ erschleicht sich durch Täuschung die Adresslisten der „Werkdorper“

11.6.1941 Norbert Abrahamssohn verhaftet; „Vergeltungsmaßnahme“, 300 vorwiegend Jugendliche, davon 61 „Werkdorper“ im Durchgangslager Schoorl inhaftiert; von ihnen werden vier, die keine vier jüdischen Großeltern haben, freigelassen.

22.6.1941 Deportation der 296 in Schoorl Inhaftierten in das KL Mauthausen; dort werden sie durch extrem harte Arbeit im Steinbruch und oftmals tödliche medizinische Experimente ermordet; keiner überlebt das Jahr 1941

22.6.1941 Norbert Abrahamssohn auf dem Transport nach Mauthausen

September Razzia in Twente

Im Sommer 1941 und am 12.9.1941, dem Vortag der Razzia in Twente verübte der örtliche Widerstand Sabotageakte, Telefonkabel der Wehrmacht wurden durchtrennt. Die Besatzer reagierten zunächst mit der Androhung von Repressalien, sollten sich die Täter nicht melden.

13./14. September 1941 bei der Razzia in Twente wird Jakob Abrahamssohn festgenommen und im Lyceum von Enschede eingesperrt (auf einer Nachkriegsliste werden 105 Männer genannt, das Netzwerk „Oorlogsbronnen“ listet 107 auf).

Die Festnahmen erfolgten in: Enschede (66), Hengelo (10), Almelo (10), Oldenzaal (8), Denekamp (3), Goor (3), Delden (2), Haaksbergen (2), Borne (1).

Eugen Kogon berichte unter Berufung auf die Mauthausen-Häftlinge Adam Kuczynski und Ludwig Neumaier:

„Am zweiten Tag nach Ihrer Ankunft wurden die Juden in den Steinbruch gejagt. Sie durften die 148 Stufen, die in die Tiefe führten, nicht hinuntergehen, sondern mussten im seitlichen Steingeröll hinunterrutschen, was vielen bereits den Tod oder zumindest schwere Verletzungen eintrug. Man legte Ihnen dann die zum Steintragen bestimmten Bretter über die Schultern, und zwei Häftlinge wurden gezwungen, jedem Juden einen überschweren Stein auf das Brett zu heben. Dann ging es im Laufschritt die 148 Stufen aufwärts! Zum Teil fielen die Steine gleich nach hinten, so dass manchem Nachfolgenden die Füße abgeschlagen wurden. Jeder Jude, dem der Stein herunterfiel, wurde entsetzlich geschlagen, der Stein von neuem aufgeladen. Vielen verübten aus Verzweiflung gleich am ersten Tage Selbstmord, indem Sie sich von oben in die Tiefe stürzten. Am dritten Tag öffnete die SS ‘das Todestor’: man trieb die Juden unter furchtbaren Prügeln über die Postenkette, wo sie von den Turmposten mit den Maschinengewehren haufenweise niedergeschossen werden. Tags darauf sprang jeweils nicht mehr bloß einer der Juden in die Tiefe, sondern sie gaben einander die Hand, und der erste zog neun bis zwölf Kameraden hinter sich her in den schrecklichen Tod. Es dauerte nicht sechs, sondern knapp drei Wochen und der Block war judenleer.“

Keiner der insgesamt 744 Juden aus den drei Straftransporten hat die mörderischen Bedingungen im Steinbruch und ärztliche Experimente in Mauthausen länger als 10 Monate überlebt, der letzte – David Zilverberg aus der „Februari Groep“ – starb am 5.2.1942.

30.9.1941 Tod von Norbert Abrahamssohn in Mauthausen

16.10.1941 Tod von Jakob Abrahamssohn in Mauthausen

Todesdatum, Todesort und Ursache  der beiden Cousins sind aber keineswegs gesichert, da nachweislich bei über 3794 Mauthausen Häftlingen gefälschte Sterbeurkunden ausgestellt wurden, um die Angehörigen darüber hinwegzutäuschen, dass diese der Häftlingseuthanasie in Schloss Hartheim zum Opfer gefallen waren.

Gedenken

28.9.1955 und 13.5.1979 Pages of Testimony bei der Gedenkstätte Yad Vashem  für Jakob und Paula Abrahamsohn von Nichte Malka Meyer

Pages of Testimony für die Fam. Abrahamssohn, Hamburg von Schwester Grete Wolfers

Quellen

https://www.mappingthelives.org

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.stolpersteine-hamburg.de/en.php?MAIN_ID=7&BIO_ID=2208

https://stolpersteine-hengelo.nl/wp-content/uploads/2021/09/TwentseRazziaMauthausen1941.pdf

https://yvng.yadvashem.org/ad

Niederlande, Bevölkerungsregister, 1810-1936; Bron: boek, Deel: 146, Periode: 1912-1938

www.werkdorpwieringermeer.nl/

https://www.oorlogsbronnen.nl/mensen?personterm=Ontruiming%20Joods%20Werkdorp%20Wieringermeer

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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