Selma Cohen
*3.9.1903 in Köln
„Dass ich selbst noch am Leben bin, ist geradezu ein Wunder.„
Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos
Vater Sali Cohen *1.12.1868 in Borken; Buchhändler; Kultusbeamter der israelitischen Gemeinde Augsburg, auch Verischerungsagent; +Dez. 1939 Sao Paulo
Mutter Malwina Horn *28.4.1869 in Geisa; +März 1933 in Augsburg
Geschwister
Julius Cohen *2.3.1899 in Köln; 1939 Emigration nach Brasilien
Erich Cohen *20.9.1905 in Augsburg; oo Herta Stein; 1939 Emigration nach Brasilien
Beruf
Adressen Köln, Friesenstraße 99; Augsburg; Düsseldorf; Borken, Heidener Straße 48, Butenstadt 4
Heirat
Kinder
Weiterer Lebensweg
Ca. 1904 Umzug der Familie von Köln nach Augsburg
1909-1913 Volksschule
1913-1916 Maria-Theresia-Schule, höhere Mädchenschule in Augsburg, Klassen 1-3
1918 Bat Mizwah
März 1933 Tod der Mutter in Augsburg
Umzug der Familie nach Düsseldorf nach Pensionierung des Vaters
15.4.1939 nach Borken, Heidener Straße 48
17.5.1939 in Borken mit dem Vater und den Tanten Helene (1863-1942) und Johanna Cohen (1868-1941), der Zwillingsschwester des Vaters
12.6.1939 Vater und Brüder sowie Sali Cohen emigrieren nach Brasilien
22.6.1940 nach Düsseldorf
11.12.1941 von Borken mit Omnibus nach Münster verbracht
13.12.1941 von Münster über Osnabrück nach Bielefeld, weiter nach Riga
16.12.1941 Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga
Juli-November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung
November 1943 im Armeebekleidungsamt ABA 701 in Mühlgraben, Kasernierung
August 1944 Brust-Operation (Ablation), verm. durch Dr. Martin Caspary oder Dr. Siegbert Joseph
„Dann ist mir genau vor einem Jahr die linke Brust abgenommen worden und zwar unter den schwierigsten Umständen, denn ein paar Tage zuvor hatte die SS unserem sogenannten Lazarett sämtliche Instrumente etc. beschlagnahmt…“
Auszug aus ihrem Brief an Erna und Ruth Landau
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
29.9.- 3.10.1944 140 Zwangsarbeiter ABA 701 mit dem Frachtschiff „Sanga“ nach Libau, Lettland
13.-14.10. 1944 Die letzten 50 Männer, 10 junge Frauen mit der „Drechtdijk“ auch „Drächtig“ nach Libau
SS-Sonderlager Libau in Lettland, Arbeit im Hafen, Be- und Entladen von Schiffen
22.10.1944 Fliegerangriff auf Liebau mit zwei Toten unter den Häftlingen
22.12.1944 schwerer russischer Bombenangriff auf die besetzte Stadt, 14 Lagerinhaftierte kommen um
19. 2. 1945 200 Häftlinge von Libau auf dem mit Granaten- und Patronenhülsen beladenen Kohlefrachter „Balkan“ über die Ostsee erst Richtung Lübeck, wegen Bombenangriffen umgeleitet nach Hamburg
27.2.1945 Ankunft in Hamburg, von der Gestapo in Gefängniswagen vom Hafen nach Fuhlsbüttel
27.2.1945 – 11.4.1945 Polizeigefängnis Fuhlsbüttel „Kola-Fu“, Zuchthaus und Konzentrationslager
12.-15.4.1945 86 km Fußmarsch nach Kiel, ins „Arbeitserziehungslager“ (AEL) „Nordmark“ in Hassee, Außenlager des KL Neuengamme in Kiel.
Rettungsaktion „Graf Bernadotte“ durch das Schwedische Rote Kreuz
Nach Verhandlungen des schwedischen Graf Bernadotte und Norbert Masur vom World Jewish Congress, Stockholm mit Heinrich Himmler nahe Berlin werden 168 jüdische Häftlinge und ihre Kinder nach Schweden freigelassen.
1.5.1945 153 Juden mit weißen Bussen des Roten Kreuz nach Pattburg, Dänemark, Entlausung in der Quarantänestation; weiter mit dem Zug nach Kopenhagen
2.5.1945 mit der Fähre nach Malmö; erste Quarantäne ca. 10 Tage
4.5.1945 Befreiung des AEL Nordmark Hassee durch britische „Royal Army“
13.5.1945 in Smålandsstenar, Schweden in Quarantäne
8.6.1945 Holsbybrunn, Ausländerheim der Schwedischen Ausländerkommission
11.8.1945 Brief an Erna und Ruth Landau über das Schicksal der Familie Landau
19.10.1945 Pass ausgestellt von der Staatl. Ausländerkommission in Stockholm
1945 Emigration zu den Brüdern nach Brasilien
Quellen
http://www.datenmatrix.de/projekte/hdbg/spurensuche/index_extern.html
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939 https://www.mappingthelives.org/
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411213-Muenster2.jpg
Brasilien, Rio de Janeiro, Einwanderungskarten, 1900-1965
Käthe Fries, Schießen Sie mich nieder, Lukas Verlag 2017
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008
Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984
Aufbau, Nach Schweden gerettet; Ausgabe vom 22.6.1945
Bernd Philipsen, Fred Zimmak, Hrsg., Wir sollten leben, Novalis 2020
Dietlind Kautzky, Thomas Käpernick (Hrsg.), Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden VSA 2020 Mein besonderer Dank gebührt Fred Zimmak für die großzügige Unterstützung meiner Recherchen.