Agnes „Lotte“ Scheucher geb. Fränkel
*10.4.1897 in Berlin; +10.8.1980 in Dade Florida
Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos
Vater Louis Alfred Richard Wilhelm Georg Konstantin Fränkel; Kaufmann; + 1912
Mutter Rosa Hoffmann
Adressen Berlin, Lichtenberg, Mahlsdorf ; Prenzlauer Berg, Marienburger Straße 7
Heirat 3.2.1920 in Berlin Alexander Scheucher *1.9.1894 in Berlin; Riga; +5.11.1943 in Auschwitz
Sohn
Ludwig Scheucher *9.1.1926 in Berlin; 1939 Kindertransport Paris; 7.3.1945 KL Groß Rosen, Mechaniker; September 1947 in USA, später Louis Scott; Tochter Rita Hoffman
Weiterer Lebensweg
Volksschule
5 Jahre Lyceum
1 Jahr Berufsschule
Gründet Unternehmen, Herstellung von Damenkonfektion
1933 Aufgabe des Geschäftes für Weißwaren und Trikotagen
1939 Sohn Ludwig mit einem Kindertransport nach Frankreich, Kinderheim auf dem Château de la Guette, Jagdschloß der Familie Rothschild
17.5.1939 in Berlin Lichtenberg, Mahlsdorf mit Ehemann Alexander bei Minderheiten-Volkszählung
11. 1.1942 mit dem Ehemann in das Sammellager ehem. Synagoge in der Levetzowstraße
13.1.1942 Transport VIII ab „Gleis 17“ S-Bahnhof Grunewald mit Zug DA44 Berlin nach Riga
16.1.1942 Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga
Leiterin des Arbeitseinsatzbüro der Gruppe Berlin, gemeinsames Büro mit Frau Sekules, Wien und Selma Sollinger, Hannover, Ordonnanz Werner Lachmann in der Berliner Straße 4
Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung
2.11.1943 Ehemann Alexander bei Auflösung des Ghettos nach Auschwitz deportiert
17.11.1943 als letzte Gruppe aus dem Ghetto ins Armeebekleidungsamt ABA 701 in Mühlgraben, Kasernierung
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga und seiner Außenlager
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig
29.9.- 3.10.1944 140 Zwangsarbeiter ABA 701 mit dem Frachtschiff „Sanga“ nach Libau, Lettland
13.-14.10. 1944 Die letzten 50 Männer, 10 junge Frauen mit der „Drechtdijk“ auch „Drächtig“ nach Libau
SS-Sonderlager Libau in Lettland, Arbeit im Hafen, Be- und Entladen von Schiffen
22.10.1944 Fliegerangriff auf Libau mit zwei Toten unter den Häftlingen
22.12.1944 schwerer russischer Bombenangriff auf die besetzte Stadt, 14 Lagerinhaftierte kommen um
19. 2. 1945 200 Häftlinge von Libau auf dem mit Granaten- und Patronenhülsen beladenen Kohlefrachter „Balkan“ über die Ostsee erst Richtung Lübeck, wegen Bombenangriffen umgeleitet nach Hamburg;
10 junge Männer bleiben bei der SS in Libau zurück und werden am 9.5.1945 in Libau befreit
27.2.1945 Ankunft in Hamburg, von der Gestapo in Gefängniswagen vom Hafen nach Fuhlsbüttel
27.2.1945 – 11.4.1945 Polizeigefängnis Fuhlsbüttel „Kola-Fu“, Zuchthaus und Konzentrationslager; in KoLaFu Sprecherin/Älteste des jüdischen Frauenblocks
12.-15.4.1945 86 km Fußmarsch nach Kiel, ins „Arbeitserziehungslager“ (AEL) „Nordmark“ in Hassee, Außenlager des KL Neuengamme in Kiel.
Rettungsaktion „Graf Bernadotte“ durch das Schwedische Rote Kreuz
Nach Verhandlungen des schwedischen Graf Bernadotte und Norbert Masur vom World Jewish Congress, Stockholm mit Heinrich Himmler nahe Berlin werden 153 jüdische Häftlinge und ihre Kinder nach Schweden freigelassen.
1.5.1945 90 Frauen, 63 Männer mit weißen Bussen des Roten Kreuz nach Pattburg, Dänemark, Entlausung in der Quarantänestation; weiter mit dem Zug nach Kopenhagen
2.5.1945 mit der Fähre nach Malmö; erste Quarantäne ca. 10 Tage
4.5.1945 Befreiung des AEL Nordmark Hassee durch britische „Royal Army“
13.5.1945 in Smålandsstenar, Schweden in Quarantäne
8.6.1945 Holsbybrunn, Ausländerheim der Schwedischen Ausländerkommission
3.8.1945 ist sie im Krankenhaus in Eksjö
4.9.1945 Antrag bei Ausländerkommission auf Arbeitserlaubnis als Korsett-Schneiderin bei Firma Poirette in Stockholm, Malmskillnadsgatan 47
1945 Wohnadresse Lidnersplan 10, Stockholm c/o Dr. Lotte Bernstein
7.1.1946 Antrag auf Umschulung für neue Existenz
9.4.1946 Kursus für Weben beim Handwerksverein in Stockholm.
20.5.1946 Arbeitserlaubnis als Korsetten Schneiderin bei schwedische Warners Kompaniet, Regeringsgatan 32, Stockholm, bis zur Emigration
5.6.12.1946 will sie in Schweden bleiben.
20.-29.9.1947 Sohn Ludwig mit US-Marine-Transporter Marine Perch von Le Havre nach New York
1949 schickt der Sohn ein Affidavit, Lotte aber unentschlossen
Sommer 1949 Besuch des Sohnes in New York
23.9.1949 fährt sie zurück von New York auf der SS Stockholm
23.7 – 7.8.1950 in Hamburg um persönliche Vermögenheitsangelegenheiten zu regeln
Nochmals in Stockholm
23.8.1950 fährt sie von Göteborg nach New York auf der SS Gripsholm
21.1.1955 US-Staatsbürgerschaft, wohnhaft in 1176 Castlevale Drive, Louisville, Kentucky
10.8.1980 Tod in Dade Florida
Gedenken
September 2019 Stolperstein für Ehemann Alexander in Berlin-Mahlzahn, Hönower Staße 213, Stifter Henrik Arnold
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939 https://www.mappingthelives.org/
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1151453
Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011
Anträge und Ansprüche der US-amerikanischen Sozialversicherung, 1936-2007
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7477); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
Christin Sandow (Hrsg.), Käthe Fries, Schießen Sie mich nieder, Lukas Verlag 2017
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008
Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984
Aufbau, Nach Schweden gerettet; Ausgabe vom 22.6.1945
Bernd Philipsen, Fred Zimmak, Hrsg., Wir sollten leben, Novalis 2020
Dietlind Kautzky, Thomas Käpernick Hrsg., Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden VSA 2020
Mein besonderer Dank gebührt Fred Zimmak für die großzügige Unterstützung meiner Recherchen.