Dannenberg Julius

Julius Dannenberg

*15.1.1908 in Wetter/Marburg; ✡  März 1945 in Bergen-Belsen

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Karl Dannenberg *8.10.1877 in Wetter; Tod in Riga

Mutter Klara Reinheimer *9.8.1876 in Habitzheim; Tod in Riga

Großvater Josef Julius Dannenberg *17.2.1854 in Wetter; ✡18.2.1931 in Wetter

Großmutter Selma Friedenberg

Geschwister

Beruf

Adressen Wetter, Ziegengasse 47; Marburg, Untergasse 17

Heirat

Kinder

Weiterer Lebensweg

Vater Karl war Pferdehändler in Wetter bei Marburg

24.12.1928 abgemeldet aus Wetter nach Siegen

24.8.1931 von Siegen zurück nach Wetter

8.10.1931 abgemeldet aus Wetter nach Siegen

9.6.1938 abgemeldet aus Siegen

18.6.1938 von Siegen zurück nach Wetter

17.5.1939 Julius Dannenberg bei den Eltern in Wetter bei Minderheiten-Volkszählung

Hachschara im Landwerk Neuendorf

27.9.1939 abgemeldet aus Wetter nach Neuendorf zur Hachschara ins Landwerk Neuendorf im Sande; dort vermutlich im Ernteeinsatz in der Umgebung in Mallnow, Krs. Lebus

25.11.1939 zurück nach Wetter, zuletzt in Mallnow

23.5.1940 Zwangsumzug der Familie Dannenberg aus Wetter nach Marburg in das „Ghettohaus“ Untergasse 17, Metzgerei Katz

Das Ghetto Riga

18.11.1941 Besprechung der Gestapo der Staatspolizeistelle Kassel über die „Judenevakuierung“ im Sitzungssaal des Oberpräsidiums in Kassel: Deportation von 1000 Juden aus dem Gebiet des Regierungspräsidiums Kassel nach Riga. Geplante Abfahrt: 9.12. 1941, 16:50 Uhr, ab Hauptbahnhof Kassel

8.12.1941 Verbringung von Julius Dannenberg mit seinen Eltern, insgesamt 42 Juden aus Marburg und 84 aus der Umgebung mit dem Zug nach Kassel; Übernachtung in den zwei Turnhallen an der Schillerstraße

9.12.1941 Fußmarsch von 1011 Juden durch Kassel, in langer Kolonne von der Schillerstraße über Orleansstraße ( heute Erzbergerstraße) – Bahnhofstraße (Werner Hilpert-Straße) zum Bahnhof;

9.12.1941 Transport Da36 von Kassel nach Riga Skirotawa

12.12.1941 Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga, 80 Männer zwischen 18 und 45 Jahren werden ins Aufbaulager Salaspils geschickt.

Günther Strauß aus Altenlotheim berichtet über den Kasseler Riga-Transport:

„Im Nov. 41 bekamen wir Bescheid, uns vorzubereiten zu einer Übersiedlung nach Osten. Es gab

Vorschriften, was und wie viel wir mitnehmen durften. Das genaue Datum zur Abfahrt bekamen wir ca 1 Woche vor der Abfahrt. … In Kassel wurden alle in einer Turnhalle gesammelt, und da fing schon Brutalität und Grausamkeit an. Ein Teil der Sachen, die wir mitgenommen hatten, wurde uns abgenommen: alles Geld, Schmuck oder andere wertvolle Sachen wurden abgenommen, auch die Kennkarte wurde weggenommen und abgestempelt mit „Evakuiert nach Riga“. Und danach gab es eine grauenvolle körperliche Untersuchung nach eventuellen versteckten Sachen. Nach 1-2 Tagen wurden wir unter schwerer Bewachung zum Bahnhof abgeführt und in einen Zug eingepfercht. Es war ein Personenzug; da hatten wir noch etwas Glück, denn es gab auch Transporte mit Güterzügen.

12.12.1941 nachmittags Ankunft des Transports in Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga

Febr. 1942 Herbert Schultz erstellt für Kommandant Krause Liste mit 20 jüdischen Ghettopolizisten; Julius Dannenberg von der Kasseler Gruppe zum Ghettopolizist vorgeschlagen; laut Hilde Winter/Sherman „der rote Danneberg aus Kassel“

Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos; Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung; Kommandant des KL Kaiserwald Sturmbannführer Albert Sauer

3. November 1943 Auflösung des Ghetto Riga

Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga

Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof

6.8.-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig 28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff

Libau- KoLaFu Hamburg – Bergen Belsen

(Vermutlich ist dies sein letzter Weg)

SS-Sonderlager Libau in Lettland, Arbeit im Hafen, Be- und Entladen von Schiffen

22.10.1944 Fliegerangriff auf Libau mit zwei Toten unter den Häftlingen

22.12.1944 schwerer russischer Bombenangriff auf die besetzte Stadt, 13 Lagerinhaftierte kommen um.

19. 2. 1945 200 Häftlinge von Libau auf dem mit Granaten- und Patronenhülsen beladenen Kohlefrachter „Balkan“ über die Ostsee erst Richtung Lübeck, wegen Bombenangriffen umgeleitet nach Hamburg;

10 junge Männer bleiben bei der SS in Libau zurück und werden am 9.5.1945 in Libau befreit

27.2.1945 Ankunft in Hamburg, von der Gestapo in Gefängniswagen vom Hafen nach Fuhlsbüttel

27.2.1945 – 11.4.1945 Polizeigefängnis Fuhlsbüttel „Kola-Fu“, Zuchthaus und Konzentrationslager

Deportation aus dem KoLaFu Hamburg nach Bergen Belsen

März 1945 Herbert Schultz (zuvor Leiter des „Arbeitsamtes“ in Riga) muss Transporte der im KoLaFu gefangenen Männer zusammenstellen. Die ersten 27 Männer bestimmt Schultz nach dem Alphabet von A-H, aber auch einzelne andere) zum Transport nach Bergen-Belsen

Es fanden zwei Transporte statt, wohl am 17.3 und 27.3 1945 mit 27 bzw. 28 Männern per LKW

Bertold Kohn (selbst nicht in Bergen-Belsen) schreibt:

„„Eines Tages begann die Leitung des Gefängnisses, die Leute unserer Gruppe zu einem Marsch nach Bergen Belsen zu schicken. Sie begannen nach dem Alphabet. Adler Georg war einer der ersten, der nach Bergen Belsen geschickt wurde. Der zweite, an den ich mich erinnere, war Ardow, Eleazar. Ardow sind auf dem Marsch seine Füße erfroren“.

Zeugenaussage von Alfred Cohnen im Prozess gegen SS Obersturmführer Maywald:

„Dort (Fuhlsbüttel) blieb ich bis 16. März und kam dann mit noch 27 Männern nach Bergen-Belsen, 10 Tage später folgten weitere 28 Männer von uns.  Zum Glück hatten wir unterwegs eine Autopanne, sonst wären unsre Frauen und die Übrigen alle auch nach Bergen-Belsen gekommen. So kam der Rest von unseren Leuten nach ein 4-tägigen Fußmarsch am 15. April in das KZ-Lager Kiel-Hassee. Von den 56 in Bergen-Belsen sind innerhalb weniger Tage 22 gestorben. Wir bekam täglich ½ Ltr. Wassersuppe (Steckrüben) und kein Brot. Am 15 April würde Bergen-Belsen durch die englische Armee befreit.“

Für den 2. Transport von KoLaFu nach Bergen Belsen sucht Herbert Schultz auch ihm missliebige Männer aus, die in Opposition zu ihm standen; der LKW bleibt auf der Fahrt nach Bergen Belsen liegen. Deshalb konnten keine weiteren Transporte der Libau-Gruppe erfolgen.

In Bergen-Belsen grassieren wegen der katastrophalen Bedingungen Fleckfieber und andere Endemien.

März 1945 Tod in Bergen-Belsen.

Gedenken

27.10.1974 Pages of Testimony für Julius und die Eltern von James Grant (Verwandter)

Quellen

https://www.mappingthelives.org

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Bertold Kohn, A Whole Life, unveröffentlichtes Typoskript

https://kz.bergen-belsen-totenbuch.de/namen

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/70452163

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/11207008

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/76080134

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/en850381

American Military Government Compiled List of Jews In Concentration Camps – 987 Survivors And Victims

Bernd Philipsen, Fred Zimmak, Hrsg., Wir sollten leben, Novalis 2020

Dietlind Kautzky, Thomas Käpernick Hrsg., Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden VSA 2020

Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011

http://www.geschichtsverein-bordesholm.de/Veroeffentlichungen/Jahrbuecher/J06_7_Fentsahm_Evakuierungsmarsch.pdf

Christin Sandow (Hrsg.), Käthe Fries, Schießen Sie mich nieder, Lukas Verlag 2017

Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008

Gertrude Schneider, Exile and Destruction, The Fate of the Austrian Jews 1938-1945; Praeger 1995

Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984; Seite 40

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert