Helmut Fürst
*28.6.1922 in Hannover; ✡ 15.11.2012 in Hannover
Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos
Religion jüdisch
Vater Max Fürst *16.7.1883 in Frankenberg; ✡1943 in Riga/Auschwitz
Heirat der Eltern 31.10.1913 in Cassel
Mutter Else Elise Jacoby *23.12.1884 in Gudensberg; ✡1943 in Riga/Auschwitz
Großeltern Falk Feist Fürst und Florentine Lichtenstein
Großeltern Selig Jacoby und Johanna Engelbert
Tante Johanna Fürst *21.3.1881 in Frankenberg; ✡Mai 1944 in Auschwitz; oo Benjamin Keijzer
Onkel Herrmann Fürst *5.12.1874 in Frankenberg; ✡29.6.1948 in Manhattan
Onkel Isidor Fürst *25.8.1876 in Frankenberg; ✡16.3.1956 Dr. jur., „Konsulent“ München-Gladbach ✡?
Geschwister
Heinz Fürst *27.4.1914 in Schöningen, Helmstädt ;
Beruf Elektriker, Immobilienhändler
Adressen Hannover, Bödekerstraße 39
Heirat 7.2.1947 Heirat mit Annemarie Klimt *31.12.1925 in Delligsen; ✡27.10.2007
Kinder
Michael Fürst *28.5.1947 in Hannover; Präsident des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen
Werner Fürst *1.7.1949
Weiterer Lebensweg
April 1933 Die Eltern verkaufen ihr Haushaltswaren-Geschäft in Hannover, Grupenstraße 19 (Karmarschstraße)
April 1934 Übertragung des Wohnhauses , Bödekerstraße 39 an Bruder Heinz Fürst
April 1935 Umzug von der Grupenstraße in die Bödekerstraße
Die Flucht von Benjamin und Johanna Keijzer nach Amsterdam
27.4.1936 Emigration von Tante Johanna mit Ehemann Benjamin Keijzer von Menden nach Amsterdam; sie betrieben in der Hauptstraße 52 ein Schuhgeschäft
17.4.1944 Internierung des Ehepaar Keijzer im Polizeilichen Juden-Durchgangslager Westerbork
Benjamin und Johanna Keijzer in Westerbork in der Strafbaracke 67, einem zusätzlich umzäunten und bewachten Bereich im Lager; hier wurden Juden wegen eines „Vergehens“ gegen die Vorschriften der Besatzer eingesperrt, die meisten waren entdeckte „onderduiker“, die zur Strafe unmittelbar auf einen der nächsten Transporte gesetzt wurden
19.5.1944 Benjamin und Johanna Keijzer auf dem Transport nach Auschwitz
30.9.1936 Bruder Heinz emigriert nach Johannesburg, Südafrika.
1936 Helmut Fürst verlässt die Schule, er beginnt heimlich eine Elektrikerlehre
17.5.1939 Helmut mit den Eltern in Hannover, Bödekerstraße 39 bei Minderheiten-Volkszählung
Helmut Für zur Zwangsarbeit bei der ÜSTRA (Überlandwerke und Straßenbahn)
Der letzte linksrheinische Konsulent
Der Onkel Dr. jur. Isidor Fürst, Rechtsanwalt, war durch seine Teilnahme am 1. WK und durch Mischehe noch lange geschützt.
30.11.1938 Entzug der Zulassung als Rechtsanwalt; bis 1944 war er der einzige am Landgericht Gladbach/Rheydt zugelassene Konsulent.
17.9.1944 in der „Mischlingaktion“ wird er in das Arbeits- und Sammellager“ im Jüdischen Krankenhaus Berlin, Iranischestraße 2 deportiert
1.August 1945 Isidor Fürst zurück nach München-Gladbach, Bismarckstraße 72
Anfang August 1945 Neffe Helmut Fürst nach Rückkehr aus Libau zunächst zu ihm
27.9.1945 Wiederzulassung als Rechtsanwalt
Die Deportation nach Riga
3./4.9.1941 „Aktion Lauterbacher“, Zwangsumzug ins Juden-Ghettohaus, Predigthalle auf dem jüdischen Friedhof, An der Strangriede 55
November 1941 Deportationsbescheid der Gestapo
15.12.1941 morgens Verbringung mit den Eltern per Lastwagen aus dem Judenhaus Strangriede über die seit Anfang November 1941 von der Gestapo zur Sammelstelle umfirmierte Israelitische Gartenbauschule zum Bahnhof Fischerhof in Hannover-Linden
Bahnfahrt in Personenwagen mit angehängten Gepäckwagen der Deutschen Reichsbahn in das Ghetto Riga vom Bahnhof Fischerhof in Hannover-Linden nach Riga Skirotawa zusammen mit 999 anderen Hannoveraner Juden
18.12.1941 Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga
22.12.1941 Helmut Fürst mit 500 jungen Männern aus den ersten Transporten Köln, Kassel, Düsseldorf, Bielefeld, Hannover vom Ghetto zum Aufbau nach Salaspils
Anfang August 1942 nur 192 überlebende Männer kommen nach dem Aufbau des Lagers Salaspils zurück ins Ghetto
Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos; Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung; Kommandant des KL Kaiserwald Sturmbannführer Albert Sauer
Helmut Fürst in die Autowerkstätten auf der Lenta; seine Eltern hatte Helmut Fürst von Lenta aus zwei Mal im Ghetto besucht, später aber nicht mehr angetroffen.
3. November 1943 Auflösung des Ghetto Riga; große Selektion mit Deportation von über 2000 Alten und Kindern nach Auschwitz, vermutlich auch seine Eltern Max und Else
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8.-9.8.1944 1. Großer Transport von Riga ->Danzig auf der SS BREMERHAVEN
28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig
Die Lenta-Gruppe über Skrunda nach Libau
29.9.- 3.10.1944 140 Zwangsarbeiter ABA 701 mit dem Frachtschiff „Sanga“ nach Libau, Lettland
13.-14.10. 1944 Die letzten 50 Männer, 10 junge Frauen mit der „Drechtdijk“ auch „Drächtig“ nach Libau
8.10.1944 die Häftlinge von „Lenta“ evakuiert, im LKW-Konvoi nach Skrunda
22.10.1944 (ca.) Weitertransport nach Libau, die Mechaniker von der Lenta zunächst im Gestapo-Quartier in Libau an der Kurhausallee untergebracht
22.10.1944 Fliegerangriff auf Libau mit zwei Toten unter den Häftlingen
Ende Nov. /Anfang Dezember 1944 Zusammenlegung der Skundra-Gruppe mit den Häftlingen vom ABA 701 im SS-Sonderlager, Arbeit im Hafen von Libau, Lettland, Be- und Entladen von Schiffen
22.12.1944 schwerer russischer Bombenangriff auf die besetzte Stadt, 13 Lagerinhaftierte kommen um
19. 2. 1945 200 Häftlinge von Libau auf dem mit Granaten- und Patronenhülsen beladenen Kohlefrachter „Balkan“ über die Ostsee erst Richtung Lübeck, wegen Bombenangriffen umgeleitet nach Hamburg;
10 junge Männer bleiben bei der SS in Libau zurück und werden am 9.5.1945 in Libau befreit
Nach Hinweisen von zwei Bewachern dem Abzug der Deutschen aus Libau verstecken sich Helmut Fürst und einige Mithäftlinge. Russische Truppen befreiten die kleine Gruppe aus einem Versteck.
August 1945 Rückkehr, Helmut Fürst zu seinem Onkel Isidor in Mönchengladbach
Mitte August 1945 Rückkehr von Helmut Fürst nach Hannover; er trifft seinen Cousin Walter Fürst, Captain der US Army, der auf der Suche nach Angehörigen ist
1947 Heirat mit Annemarie Klimt
Mitgründer des Vereins „Jüdisches Altersheim“ in Hannover
1952 Kauf des Grundstücks gemeinsam mit Theodor Hohenstein für den Bau des Jüdischen Altersheims Hannover (heute Lola Fischel Haus)
Helmut Fürst Zeuge in Hamburg und in Wien in mehreren Prozessen gegen Kriegsverbrecher im Ghetto Riga und dem SD-Lager Lenta
In den 1960er Jahren Immobilienhändler
2008-2012 Helmut Fürst im jüdischen Seniorenheim Lola Fischel Haus
15.11.2012 Tod in Hannover
Gedenken
27.11.1924 Stolpersteine für Tante Johanna und Benjamin Keijzer in Menden, Hauptstraße 52
Quellen
https://www.mappingthelives.org
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss=%7B%22q%22:%22F%C3%BCrst%201881%22%7D
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/67103591
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de872243
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de872170
https://www.cajewitz-stiftung.de/wp-content/uploads/2020/01/Fu%CC%88rst1.pdf
https://geschichte-bewusst-sein.de/biografien/helmut-fuerst
Renate Riebe: Die Fürsts – Geschichte einer deutsch-jüdischen Familie. Schriftenreihe der Gedenkstätte Ahlem, Sonderedition, Hannover 2017
Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011
Christin Sandow (Hrsg.), Käthe Fries, Schießen Sie mich nieder, Lukas Verlag 2017
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008, Seite 127
Gertrude Schneider, Exile and Destruction, The Fate of the Austrian Jews 1938-1945; Praeger 1995
Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984
Anita Kugler, Scherwitz – Der Jüdische SS-Offizier, 2017