Marga Fuld geb. Levy
*18.3.1914 in Wangerooge; ✡März 1942 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Hermann Hugo Levy *25.2.1885 in Esens; ✡ Januar 1943 im Ghetto Riga
Mutter Martha Heinemann *26.6.1884 in Herford; ✡26.12.1944 in Stutthof
Tante Helene Heinemann *1.9.1885 in Herford; oo August Levy (Bruder des Vaters)
Bruder
Siegmund Levy *26.4.1919 in Wangerooge; ✡37.2004 in Stockton, California; oo Dorothy Levy *29.6.1937; Tochter Karen Danette Levy *9.1.1969
Großvater Simon Heinemann *12.1.1848 in Neufolstenhausen; ✡9.7.1928 in Esens
Großmutter Mathilde Heinemann *20.4.1843; ✡27.6.1927
Onkel Bernhard Heinemann *23.12.1887 in Herford; ✡nach 1952 in Herford
Tante Helene Heinemann *1.9.1885 in Herford; ✡ im Ghetto Riga; oo August Levy
Onkel August Arthur Levy *21.8.1887 in Carolinensiel; ✡ im Ghetto Riga; verheiratet mit der Schwester der Mutter Helene Heinemann s.o.
Großvater Heymann Levy *13.5.1853; +1925
Großmutter Marianne Levy geb. Heinemann
Onkel
Bernhard Levi *13.10.1882 in Esens
Beruf Hauswirtschafterin; Wirtschaftsleiterin im Lager Paderborn
Adressen Wangerooge; Esens, Molkereistraße 96; Hildesheim; Leipzig; Neuendorf; Paderborn
Heirat 18.3.1942 vor dem Standesamt Paderborn
Alwin Fuld *1.6.1916 in Westerburg; ✡ März 1945 in Bergen-Belsen
Kinder
Dan Fuld *22.7.1942 in Neuhaus, Westfalen; ✡März 1942 in Auschwitz
Weiterer Lebensweg
1909 Bruder August Levy 1909 kauft ein Grundstück in Elisabeth-Anna-Straße auf Wangerooge. Im dort errichteten Haus betreibt er eine Fleischerei mit Ladenverkauf
1920 zur Einschulung zur Tante Helene Levy nach Esens
9.7.1928 Großvater Simon Heinemann, Rohproduktenhändler aus Herford im Alter von 80 Jahren zu Besuch bei seiner Tochter Helene in Esens; als Zuschauer beim Schießen des Schützenvereins von einer verirrten Kugel tödlich getroffen. Die Veteranenvereine Herfords ehrten Simon Heinemann bei der Beisetzung in Herford.
1930 als Wirtschafterin nach Hildesheim
Umzug nach Leipzig
April 1933-1936 Bruder Siegmund zur Schlachterlehre zum Onkel Bernhard nach Herford
Zusammen mit Bruder Siegmund zur Hachschara in das Landwerk Neuendorf.
10.11.1938 Die Eltern Hermann und Martha im Novemberpogrom verhaftet auf Wangerooge, durch den Ort zum Bahnhof getrieben und von der Insel vertrieben; die Insel ist danach „judenfrei“
12.11.1938 Vater in „Schutzhaft“ in Sachsenhausen, Konzentrationslager
15.12.1938 Entlassung des Vaters aus Sachsenhausen
10.11.1938 Alwin Fuld (späterer Ehemann) in Frankfurt verhaftet im Novemberpogrom,
11.11.1938 „Schutzhaft“ in Buchenwald; Häftlingsnummer 4410
Sammlung Willy Nordwind, AR 10551
22.12.1938 Fritz Jacoby schreibt an Willy Nordwind, den stellvertretenden Vorsitzenden des Boston Committee for Refugees ein „Domestic-Affidavit“ , eine „Hausangestellten-Bürgschaft“ für die 24-jährige Tochter einer Cousine seiner Frau zu besorgen, die es ihr ermöglichen würde, „Tag und Nacht“ zu arbeiten, „um ihre Eltern zu ernähren“.
15.2.1939 Alwin Fuld entlassen aus Buchenwald
1939 Bruder Siegmund bekommt in Neuendorf ein Visum und emigriert nach Oxford England
17.5.1939 die Eltern in Esens bei ihren Geschwistern Helene Heinemann-Levy und Arthur August Levy bei Minderheiten-Volkszählung
23.6.1939 Vertrag zwischen der RVJD und der Stadt Paderborn zur Errichtung des Umschulungs- und Einsatzlagers Paderborn, Grüner Weg 86;
17.2.-31.5.1940 Alwin gemeldet in Heppenheim
Januar 1940 Anordnung der Gestapo Wilhelmshaven: Ausweisung der in Ostfriesland lebenden Juden „aus militärischen Gründen“ bis zum 1. April 1940;
9. 3.1940 Abmeldung der letzten jüdischen Bewohner von Esens; auch die Eltern müssen Esens verlassen und ziehen nach Herford in die Straße Holland 19 zum Bruder der Mutter Bernhard Heinemann, später nach Bielefeld
2.6.1940 Marga Levy aus Neuendorf im Sande angemeldet im Lager Paderborn; sie arbeitet im Lager Paderborn als Wirtschaftsleiterin
1941 Onkel Bernard Heinemann („privilegierte Mischehe“) und seine Söhne Wolfgang *1923, Walter *1927 und Manfred *1928 verpflichtet zu Zwangsarbeit in verschiedenen Firmen in Herford und Bielefeld
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Paderborn“
10.12.1941 Deportation der Eltern Levy aus dem Judenhaus Wiesenstraße 13, Bielefeld in das Sammellager Großer Saal der Gaststätte „Kyffhäuser“, Am Kesselbrink
Meldekarte Hermann Levy, Bielefeld
13.12.1941 Deportation der Eltern zusammen mit ihren Geschwistern Helene Heinemann-Levy und Arthur August Levy aus Bielefeld ins Ghetto Riga
Im März 1942 wird der Vater Hermann noch von einem Bekannten aus Wangerooge beim Gleisbau in Riga erkannt.
18.3.1942 Marga heiratet Alwin Fuld vor dem Standesamt Paderborn
22.7.1942 Geburt des Sohnes Dan in Neuhaus, Westfalen
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
27.2.1943 die Pforte des Lagers Paderborn wird von Polizisten bewacht, um Fluchten zu verhindern
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Paderborn; mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“
2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager
3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Alwin Fuld eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, Häftlingsnummer 104923
Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943
„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“
Dan und Marga Fuld vermutlich direkt nach der Selektion in die Gaskammer geschickt
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig
9.8.1944 Ankunft der Mutter Marta in Stutthof
26.12.1944 Tod der Mutter in Stutthof, Block 23; Diagnose Herz-allgemeine Körperschwäche
18.1.1945 „Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge auf dem Todesmarsch über 80 km von Auschwitz nach Gleiwitz; Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
Außenlager des KZ Buchenwald KL Mittelbau Dora bei Nordhausen, V2-Produktion
März 1945 Alwin Fuld auf dem Todesmarsch nach Bergen-Belsen
März/April 1945 Tod von Alwin Fuld in Bergen-Belsen
8.5.1945 Schwiegervater Josef Fuld in Theresienstadt befreit
22.-31.8.1947 Bruder Siegmund Levy auf dem Marinetransporter USS MARINE FLASHER VON Southhampton nach New York; als Heimatadresse gibt er Onkel Max Levy in in Herford, Holland 211(?) an
Gedenken
4.4.1990 Pages of Testimony für Marga und Alwin von Paderborn Chawer Alfred Ohnhaus
1991 Pages of Testimony für die Eltern von Karl Holzhausen
Mai 2011 Stolpersteine für Marga und ihre Familie auf Wangerooge, Kreuzung Elisabeth-Anna-Straße/Zedeliusstraße im Beisein von Ruben Heinemann
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Hartmann, Jürgen, Die Bezirksstelle Westfalen der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland in Bielefeld 1939-1943, in: Rosenland. Zeitschrift für lippische Geschichte, 25/2021, S. 68-151. URL
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de4800
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de914108
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de871895
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de872013
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de988911
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_43a.html
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_22.jpg
https://collections.arolsen-archives.org/en/search?s=Alwin%20Fuld
https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=de&itemId=1933346&ind=2
U.S. Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI)
Sammlung Willy Nordwind, AR 10551
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7455); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
https://spurensuche-bielefeld.de/spur/das-ehepaar-hermann-und-martha-levy-kein-entkommen/
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998