Giesener Heinz

Heinz Giesener

*10.10.1920 in Berlin; ✡ 1943 in Auschwitz

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Erich Giesener *12.1.1896 in Stargard, Pommern; ✡12.9.1941 in Groß Rosen

Mutter Ilse Lina Weigert*13.8.1899 in Berlin; ✡1941 in Minsk

Geschwister

Beruf Tischler

Adressen Berlin, Kurfürstenstraße 115; Paderborn; Bielefeld, Schloßhofstraße 73 a

Heirat ledig

Kinder –

Weiterer Lebensweg

8 Jahre Volksschule;

laut Paul Hoffmann: im Waisenhaus aufgewachsen; athletischer Typ; Amateurboxer vermutlich beim Makkabi

13.6 1938 Vater verhaftet in Berlin in der Aktion „Arbeitsscheu“

15.6.1938 Einlieferung in Buchenwald, Häftlingsnummer 5810; Block 38

30.7.1938 verlegt ins Polizeigefängnis Berlin

17.5.1939 in Berlin Friedrichshain bei Minderheiten-Volkszählung

16.12.1939 aus dem Einsatzlager Beerfelde bei Neuendorf ins Umschulungs- und Einsatzlager Paderborn, Grüner Weg

27.6.1940 aus Paderborn abgemeldet ins Einsatzlager Pillgram

Das Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a

1939 Nach­dem zahl­rei­che, in Bie­le­feld le­ben­de Jü­din­nen und Ju­den in „Ju­den­häu­sern“ zwangs­ein­ge­wie­sen wur­den, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Ko­blen­zer Stra­ße 4 und Paderborn, Grüner Weg 86;

Anfang September ent­stan­d für zu­nächst 36 Praktikanten ein Wohn- und Ar­beits­la­ger in der Ko­blen­zer Stra­ße 4 (heu­te: Ar­tur-La­de­beck Stra­ße 6). Das Haus beherbergte zuvor die Praxis des nach Holland geflüchteten Orthopäden Dr. med. Bernhard Mosberg.

23.3.1940 wegen der räumliche Enge Wechsel von 57 Bewohnern in das Lager in der Schloß­hof­stra­ße 73a, einem ehemaligen Gutshof.

Dort bestand auch eine Un­ter­kunft für alte und kran­ke Jü­din­nen und Ju­den („Sie­chen­heim“) als Ein­rich­tung der RVJD. Vom Lager aus wurden die Männer kolonnenweise bei den Straßen-, Tief- und Gleisbauarbeiten der Fa. Nebelung & Sohn eingesetzt.

1940 erfolgte ein Austausch männlicher Bewohner mit dem Umschulungslager Paderborn; die zionistischen Chawerim wechselten nach Paderborn und umgekehrt. Allein am 9. und 10.Juni 1940 kommen 10 Paderborner in das Lager in der Schloß­hof­stra­ße 73a.

14.8.1940 Wechsel aus Pillgram zusammen mit Hillel Friedmann ins Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager Bielefeld bzw. Paderborn“

12.9.1941 Vater in Oranienburg erschossen

14.11.1941 Deportation der Mutter mit Zug Da 54 von Berlin ins Ghetto Minsk

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.

Bericht von Erwin Angress:

 „In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“

2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz zusammen mit allen 98 Chawerim aus dem ArbeitslagerPaderborn

3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:

„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“

Heinz Giesener eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, Häftlingsnummer 104927

Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943

„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“

Giesener wird Kapo im Kommando 90 in Auschwitz Monowitz

Biografie über seinen Freund Paul Hoffmann, mit dem er in Paderborn und Bielefeld war:

„Von Februar 1944 bis Januar 1945 versah er (Hoffmann) auf Vermittlung seines Freundes Heinz Giesener, der Kapo war, Schreibarbeiten im Kalkulationsbüro des Bunawerkes. Büroleiter war Hans Schorr, ein NSDAP-Mitglied, der Paul Hoffmann beschützte und ihm das Überleben ermöglichte.“

18.1.1945 „Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge auf dem Todesmarsch über 80 km von Auschwitz nach Gleiwitz; Isidor Philipp berichtet:

„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“

„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“

18.1.1945 Tod auf dem Todesmarsch nach Gleiwitz

Daniel Hoffmann schreibt:

Gedenken

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

http://www.wollheim-memorial.de/de/paul_hoffmann_19212008

Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters – Eine Rekonstruktion aus dem Holocaust, Wallstein, 2007

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de874132

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1055785

https://www.statistik-des-holocaust.de/HPB_Giesener%20Heinz.jpg

https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/130831933?s=Giesener%201920&t=1108124&p=0

Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7

Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013

Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998

www.80jahrepogrom.jgpb.de/erwin-angress/

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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