Justin Lilie
*11.8.1920 in Seligenstadt; ✡ in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Hermann Lilie *14.9.1877 in Seligenstadt; ✡11.7.1943 in Theresienstadt
Heirat der Eltern 5.5.1912
Mutter Karoline Stern *21.12.1883 in Wachenbuchen; ✡21.5.1944 in Auschwitz
Geschwister
Daniel Ernst Lilie *23.1.1913 in Seligenstadt; 27.9.1888 in Beer Tuvia, Israel; oo Rosa Kahane
Beruf –
Adressen Seligenstadt, Wolfstraße 9; Paderborn, Grüner Weg 86
Heirat
Kinder
Weiterer Lebensweg
Besuch der Volksschule
10.11.1938 Verhaftet im Novemberpogrom,
17.11.1938 „Schutzhaft“ in Buchenwald; Häftlingsnummer 10309
? entlassen aus Buchenwald
17.5.1939 mit den Eltern in Seligenstadt bei Minderheiten-Volkszählung
23.6.1939 Vertrag zwischen der RVJD und der Stadt Paderborn zur Errichtung des Umschulungs- und Einsatzlagers Paderborn, Grüner Weg 86;
25.8.1940 aus dem Arbeitseinsatzlager Markendorf mit einer Gruppe von 8 Chawerim angemeldet im Lager Paderborn, zuvor in Ahrensdorf
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Paderborn“
27.9.1942 Eltern mit 9 weiteren aus Seligenstadt von Darmstadt nach Theresienstadt mit dem Transport XVII/1
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
27.2.1943 die Pforte des Lagers Paderborn wird von Polizisten bewacht, um Fluchten zu verhindern
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Paderborn; mit der Bahn nach Bielefeld, dann mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“
2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager
3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Justin Lilie wird eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, Häftlingsnummer 104978
Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943
„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“
11.7.1943 Tod des Vaters in Theresienstadt
18.5.1944 Mutter Lina auf dem Transport Eb, nr. 1821 Theresienstadt -> Auschwitz
Gedenken
2.12.1985 Page of Testimony für Justin und seine Eltern von Cousine Helga Lilie
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de915898
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de916081
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de915900
https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/22074-hermann-lilie/
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998