Wanda Oronowicz

*21.2.1923 in Altenburg; ✡ 1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit staatenlos
Religion jüdisch
Vater Markus Mortko Oronowicz *11.2.1900 in Tyczyn, Galizien ; ✡ in 21.6.1955 in New York
Mutter Regina Rifka Handweiler *1.10.1896 in Kalusz; ✡nach dem 10.5.1942
2. Frau des Vaters Fela Reizmann *21.12.1908 ; ✡ 5.5.2004 in New York
Geschwister
Schwester Oronowicz *1922; ✡nach wenigen Wochen
Charlotte Oronowicz *13.12.1924 in Altenburg; ✡11/2009 in Jerusalem; oo Jakob Gradmann
Leo Nathan Oronowicz *6.12.1925 in Altenburg; ✡ nach dem 10.5.1942
Isidor Oronowicz *4.4.1928 in Altenburg; ✡ 28.3.1932 in Frankfurt
Margarete Oronowicz *11.10.1930 in Altenburg; ✡ nach dem 10.5.1942
Hans Naftali Oronowicz *25.11.1931 in Altenburg; ✡ nach dem 10.5.1942
Beruf –
Adressen Altenburg, Pauritzerstraße 37; Leipzig; Friedersdorf; Paderborn, Grüner Weg 86
Heirat ledig, Freundin von Alfred Ohnhaus
Kinder –
Weiterer Lebensweg
1929 bis 1933 Neustadtschule in Altenburg (heute Sitz des Bauamts)
1933-1937 Mädchenklassen in der Gebrüder-Reichenbach-Schule; eine frühere Klassenkameradin beschreibt sie
„liebes Mädchen, sehr schlau, im Rechnen sehr gut“
1937 zur Ausbildung in einem Café nach Leipzig
28.10.1938 mit den Eltern und Geschwistern Hans, Leo und Margarethe frühmorgens in der Wohnung verhaftet, ins Polizeigefängnis verbracht und über Leipzig nach Beuthen in ein Sammellager; nicht abgeschoben nach Polen, da der Vater staatenlos war, keinen polnischen Pass hatte.
31.10.1938 Rückkehr der Familie nach Altenburg
10.11.1938 Vater im Novemberpogrom zum Marktplatz getrieben; verhaftet ins Polizeigefängnis, dan aber noch am selben Tag entlassen, mit der Verpflichtung, baldmöglichst auszureisen
1939 Vater geht nach Polen; später ins Ghetto Drohobycz, dort im Zwangsarbeitslager der Beskiden Öl AG
Die Geschwister Hans und Margarete kommen in das jüdische Kinderheim Leipzig
17.5.1939 Hans in Leipzig bei Minderheiten-Volkszählung
1939 Charlotte mit Kindertransport nach England
23.6.1939 Vertrag zwischen der RVJD und der Stadt Paderborn zur Errichtung des Umschulungs- und Einsatzlagers Paderborn, Grüner Weg 86;
1940 Hachscharalager in Oberschlesien, vermutlich Gut Ellguth in Steinau, das im Sommer 1941 aufgelöst wurde
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager;
Sommer 1941 Wechsel in das Lager Skaby bei Friedersdorf
13.3.1942 mit ihrem Freund Alfred Ohnhaus aus Gut Skaby, Friedersdorf kommend angemeldet in Paderborn
Nach Ankündigung der „Evakuierung“ der Familie in den Osten werden die Geschwister Hans und Margarete aus dem jüdischen Kinderheim Leipzig zurück nach Altenburg geholt.
9.6.1942 Hans, Leo, Margarethe und Mutter Rifka mit 13 weiteren Juden aus Altenburg ins Sammellager
10.5.1942 Hans, Leo, Margarethe und Mutter Rifka deportiert ins Ghetto Belzyce, Bezirk Lublin
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
27.2.1943 die Pforte des Lagers Paderborn wird von Polizisten bewacht, um Fluchten zu verhindern
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Paderborn; mit der Bahn nach Bielefeld, dann mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“

2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager
3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943
„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“
Vater Markus konnte sich durch Flucht aus dem Ghetto Drohobycz retten.
Sommer 1946 Schwester Charlotte heiratet in Upton Upon Severn, England Jakob Gradmann
Gedenken
20.4.1999 Pages of Testimony für Wanda, die Geschwister Margarete, Leo und Hans sowie die Mutter Rifka von der Schwester Charlotte
14.5.2008 Stolpersteine für Wanda, Hans, Leo, Margarethe und Regina Oronowicz in Altenburg
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Christian Repkewitz, Biografie Wanda Oronowicz, 2018/2020
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de941493
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1001965
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de941491
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1001864
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de941492
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/128450573
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998