Hans Jakob Gunter Kohn
*7.1.1919 in Hamburg; ✡ Dezember 1960
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Siegfried Kohn *7.1.1884 in Berlin; ✡24.11.1939 in Hamburg
Heirat der Eltern 29.6.1916 in Friedrichstadt
Mutter Elsa Levy *; 15.3.1937
Onkel Erich Jacob Kohn *18.7.1882 in Berlin; ✡24.8.1942 in Litzmannstadt
Tante Edith Kohn geb. Marqueur *15.3.1879 in Lissa, Polen; Sept. 1942 in Kulmhof
Großeltern Jakob Julius Kohn und Gütel Henriette Auguste Salinger
Geschwister –
Cousin Max Gerd Kohn *1.12.1921 in Hamburg; ✡8.7.1923 in Hamburg
Beruf –
Adressen Hamburg, Eiffestraße 255, Dimpfelsweg, Mettlerkampsweg 9 Hansastraße; Schniebinchen

Heirat am 18.11.1943 in Kairo während der Grundausbildung für die Jewish Brigade mit Alice Nossen *1.9.1919 in Berlin
Kinder
Michael Kohn *
Raaya Kohn *
Weiterer Lebensweg
10.2.1919 Vater Siegfried und Onkel Erich gründen die Kohlenhandlung Gebr. Kohn
15.7.1937 Tod der Mutter Else „Überdosis Schlafmittel“; dazu schreibt Hans Kohn:
„infolge politischer und wirtschaftlicher Erschütterungen, die sie zur Einnahme ständig wachsender Dosen Schlafmittel trieben“.
7.12.1938 Schließung der Kohlenhandlung Kohn
17.5.1939 bei Minderheiten-Volkszählung in Hamburg mit dem Vater, Onkel Erich und Tante Edith
1939 Hans Kohn verliert seine Arbeit;
8. 9.1939 Tod des Vaters in Hamburg; Hans Kohn dazu:
„ebenfalls die Folge von Vermögens-, Geschäftsverlust und anschließender Existenzschwierigkeiten“
1940 Hans geht auf Hachschara nach Schniebinchen
13.8. 1940 abgemeldet aus Schniebinchen zusammen mit seiner zukünftigen Frau Alice Nossen
16.8.1940 mit dem Zug aus Deutschland fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, die bereits Kinder in Palästina hatten, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Reiseleiter war Efraim Frank
30.8.1940 mit einer Gruppe von Chawerim aus Schniebinchen offiziell abgemeldet nach „Paraguay“
Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
3. 9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau;
10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN
10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.
Zwischenstopp auf Kreta, um Kohle aufzunehmen
31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa.
4.11.1940 Die Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
5.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
8.11.1940 Registrierung im Camp Atlith; gibt keine Referenzperson an
Für zwei Jahre in Atlith interniert
zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 jüdische illegale Einwanderer auf das Schiff gebracht.
Walter Steinitz, ebenfalls aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)
Die ins Wasser gesprungenen und die an Bord Überlebenden werden als Schiffbrüchige der SS Patria von den Briten an Land gebracht.
25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.
26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;
Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.
1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können
September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith
12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.
Weiteres Schicksal der Familie

25.10.1941 Onkel Erich und Tante Edith aus der Haynstraße in Hamburg ins Ghetto Lodz, Litzmannstadt
19.11.1941 Onkel Erich und Tante Edith Kohn im Ghetto Lodz, Blattbinderstraße 7a/Wohnung Nr. 7, ab August 1942 Wohnung Nr. 5

24.8.1942 Tod des Onkels Erich Kohn in Litzmannstadt
September 1942 Tod der Tante Edith Kohn in Kulmhof
1942 Entlassung von Hans Kohn nach zwei Jahren Internierung im Camp Atlith
Hans und Alice melden sich zur Jewish Brigade, einer Einheit der 8. Armee der britischen Royal Army.
18.11.1943 Heirat in Kairo während der Grundausbildung für die Jewish Brigade mit Alice Nossen *1.9.1919 in Berlin
Alice wird Soldatin der Jewish Brigade der 8. Armee der britischen Royal Army in der ATS (Auxiliary Territorial Service), einer Spezialeinheit für Frauen; sie fährt LKW mit Munition von Kairo in die libysche Wüste für den Krieg gegen General Rommel.
Hans kommt mit der Jewish Brigade an die Italienfront 1944/45. Später an Schleuseraktionen der Jewish Brigade beteiligt („Bricha“);

unter anderem schleust er auch seine beiden Schwager Willi und Herbert Nossen im DP Camp Feldafing aus Deutschland heraus
Dezember 1960 Tod an einer Krebserkrankung
Gedenken
Stolpersteine in Hamburg, Mettlerkampsweg 9 für Onkel Erich und Tante Edith Kohn
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.stolpersteine-hamburg.de/?MAIN_ID=7&BIO_ID=2182
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de901549
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de901259
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411025-21.jpg
Namenlisten des Ghettos Litzmannstadt
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Manfred de Vries, Mauritius – Insel des Lebens, BtJ-Magazin, April 2019
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=9969043
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_advance_search.php?SourceId=19584
https://www.ushmm.org/online/hsv/source_view.php?SourceId=19561
www.raoulwallenberg.net/general/ruth-kl-uuml-ger-mossad-le/
Rudolf Stern (Chawer aus Dortmund), Meine Aliyah – 13. Oktober 1939 – 29. Januar 1940; unveröffentlichtes Manuskript, 1987