Katzenstein Sally

Sally Katzenstein

* 10.4. 1890 in Jesberg, Fritzlar; ✡ Oktober 1944 in Auschwitz

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Levy Katzenstein *28.11.1851in Jesberg; ✡ 3.4.1929 in Jesberg

Mutter Jeanette Bendtheim; ✡ unbekannt

Geschwister

David Katzenstein *3.3.1884 in Jesberg; oo Gerti Spier (*10.12.1887 in Merzheim)

Kathinka Katzenstein *25.11.1879 in Jesberg; oo Meier Bamberger

Jakob Katzenstein *25.2.1882 in Jesberg; ✡ in Haifa; oo Auguste Wallach

Sara Katzenstein *14.7.1886 in Jesberg; ✡11.5.1887 in Jesberg

Max Katzenstein *15.5.1893  in Jesberg; ✡4.6.1915 im ersten WK

Beruf Lehrer an der jüdischen Schule in Minden; Prediger in der Gemeinde Minden

Adressen Jesberg; Kassel; Rhina; Soest; Minden, Wilhelmstraße 18, Judenhaus Kampstraße 6

Heirat 24.12.1913 in Wehrda Gietha Nussbaum *1891 in Rhina; ✡ Oktober 1944 in Auschwitz

Schwiegereltern Josef Nussbaum und Rika Stein

Kinder

Elfriede Katzenstein * 28.9.1914 in Breitenbach; ✡8.12.2011 in Tel Aviv; oo Siegfried Berliner (*1908)

Ruth Katzenstein *4.12.1924 in Soest; ✡in Glasgow; oo Rosenberg

Weiterer Lebensweg

Sally Katzenstein Lehrer an der Volksschule in Soest.

Prediger der jüdischen Gemeinde in Soest;

Mitglied der Deutschen Volkspartei.

1934 als jüdischer Beamte aus dem öffentlichen Dienst in den Ruhestand versetzt.

Bis 1935 Gemeindevorsteher der SG Soest

1935 Umzug mit seiner Frau Gietha und beiden Töchtern nach Minden Wilhelmstraße 18

1935 Tochter Ruth wird die Aufnahme in das Herforder Lyzeum (Herdergymnasium) verweigert

Oktober 1935 Tochter Elfriede kommt nach Minden aus Berlin, wo sie in der Israelitischen Taubstummen-Anstalt Berlin-Weißensee als Kinderpflegerin gearbeitet hatte

Sommer 1936 Elfriede heiratet den Bäcker Siegfried Berliner

Oktober 1936 Tochter Elfriede mit Ehemann nach Italien

1937 Vergeblicher Antrag von Sally Katzenstein die erkrankte Tochter in Italien zu besuchen. Begründung der Mindener NSDAP:

„Die Kreisleitung kann diesem Juden die Zuverlässigkeit einfach nicht bescheinigen. Wenn er auch nach außen hin sich vielleicht ruhig verhalten hat, so bleibt doch immerhin zu bedenken, dass heute kein Jude für das nationalsozialistische Deutschland eingestellt ist.“

1940 wanderte Tochter Elfriede Berliner aus Italien nach Palästina aus.

1938 Paula Jackson geb. Ingberg, berichtet über Sally Katzenstein, „er habe sie nach ihrer Arretierung im Oktober 1938 im Mindener Polizeigefängnis besucht und sich für ihre Freilassung eingesetzt hat. Sie kam unter der Auflage wieder frei, Deutschland innerhalb von fünf Tagen zu verlassen. Der Prediger habe ihr auch Geld zur Beschaffung eines Visums zugesteckt.“ (Polenaktion?)

10.11.1938 Sally Katzenstein verhaftet im Novemberpogrom,

10.-11.1938 Inhaftiert im Polizeigefängnis Minden

12.11.1938 „Schutzhaft“ im KL Buchenwald; Häftlingsnummer 28791

23.12.1938 entlassen aus dem KL Buchenwald

1939 nach dem Schulverbot für jüdische Kinder an öffentlichen Schulen an 15.11.1938 Sally Katzenstein Lehrer an der jüdischen Schule, der Unterricht erfolgt in Privaträumen, da der dafür vorgesehene Betraum der Gemeinde zerstört wurde.  

1939 Sally Katzenstein, Vertrauensmann, Leiter des Zweigstellenbüros der RVJD in Minden

Anfang 1939 versuchen auch die Katzensteins, Deutschland zu verlassen. Doch nur den Töchtern gelingt die Flucht. Die geplante Ausreise von Sally und Gietha in die USA kommt nicht zustande.

17.5.1939 mit der Ehefrau bei der Minderheiten-Volkszählung

25.4.1939 Ankunft von Tochter Ruth auf der SS GALILEA von Triest nach Haifa; Ruth gelingt die Alija nach Palästina mit dem Studentenzertifikat B III

1941 Zwangsumzug in das Judenhaus Kampstraße 6, in den noch übrigen Räumen des ehemaligen Gemeindehauses

1.7.1942 Verbot der Unterrichtung jüdischer Kinder

Zum Zeitpunkt des Verbots jüdischer Schulen am 30. Juni 1942 existierten noch Schulen in Bielefeld (Lehrer: Rudolf Demant), Hagen (Lehrer: Leopold Hartmann) und Minden (Lehrer: Sally Katzenstein). Katzenstein unterrichte aber jüdische Kinder bis zu seiner Deportation.

Sommer 1942 erweiterte Zuständigkeit für die Kreise Minden, Herford, Lübbecke und Schaumburg-Lippe. Der Schwerpunkt der Arbeit als Vertrauensmann verlagert sich auf die Betreuung der Mischehepaare.

29.4.1943 Sally Katzenstein – ein Mischehepaar hatte versäumt sich polizeilich in Minden abzumelden – in einem Brief an Hans Grabowski, Vertrauensmann für Herford, ihm unverzüglich die neue Anschrift mitzuteilen, da er „einen solchen Fall nicht wieder haben“ wolle.

6. 5.1943 Sally Katzenstein an seinen Freund Hans Grabowski, dem in Mischehe lebenden Vertrauensmann in Herford, zum Abschied vor der Deportation nach Theresienstadt:

„Meine lieben Grabowskis! Ich komme heute mit einer Überraschung für Sie, indem ich Ihnen berichte, dass wir uns an dem Theresienstadt-Transport, der am 12.5. fährt, beteiligen. Ich möchte mich deshalb, auch namens meiner Frau, von Ihnen auf diesem Wege verabschieden und Ihnen, sowie allen Bekannten, ein herzliches ‚Leben Sie wohl‘ entbieten. Gleichzeitig danke ich Ihnen für die freundliche Aufnahme, die ich stets bei Ihnen gefunden habe und Ihnen, lb. Herr Grabowski, herzlichen Dank für alle Ihre Bemühungen. Ich habe wenig Zeit, deshalb nur noch freundliche Grüße für Sie und alle dortigen Bekannten von Haus zu Haus. Ihr Sally Katzenstein.“

12.5.1943 Sally und Gietha Katzenstein auf dem Transport XI/2 aus Minden über Bielefeld nach Theresienstadt;  die Bielefelder RVJD-Sekretärin Hilde Friedberger begleitet die Familie ihres früheren Chef Dr. jur. Erich Simons aus Münster; außerdem aus Bielefeld die „Rechtskonsulenten“ Dr. Albert Daltrop und Dr. Gustav Meyer sowie Bewohner des Siechenheims Wickenkamp mit der Leiterin Grete Weisner und ihren Töchtern Ruth und Ellen, Das Stadtarchiv Bielefeld weiß näheres über diesen Transport:

„Am 12. Mai 1943 wurden aus dem Gestapo-Bezirk Münster 40 Jüdinnen und Juden nach Theresienstadt deportiert, 29 davon aus Bielefeld. Es handelte sich nach den Auswahlbestimmungen vom 20. Februar 1943 um über 65jährige, Inhaber des Verwundetenabzeichens, Kriegsdekorierte und sonstige „Bevorzugte“. 16 der 19 deportierten Juden waren Pfleglinge oder Personal des „Alters- und Siechenheims“ Schloßhofstr. 73a. Sammelpunkt war das Gebäude des Gesellschaftsclubs „Eintracht“.

29.9.1944 Sally Katzenstein auf Transport El von Theresienstadt nach Auschwitz

4.10.1944 Gietha Katzenstein folgt auf Transport En von Theresienstadt nach Auschwitz, möglicherweise einer vorgetäuschten „Familienzusammenführung“ ins „Familienlager in Birkenau“ erlegen

Oktober 1944 Tod in Auschwitz

Gedenken

18.10.1955 Pages of Testimony für Sally und Gita von Tochter Elfriede Berliner

Stolpersteine für Sally und Gietha Katzenstein in Minden Wilhelmstraße 18

Quellen

Hartmann, Jürgen, Die Bezirksstelle Westfalen der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland in Bielefeld 1939-1943, in: Rosenland. Zeitschrift für lippische Geschichte, 25/2021, S. 68-151. URL

http://www.zg-minden.de/mt-zg100307.pdf

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de894942

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de895063

Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)

http://www.hiergeblieben.de/pages/textanzeige.php?limit=100&order=titel&richtung=ASC&z=76&id=13410

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/4994529

Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://yvng.yadvashem.org/ad

Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7

Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013

www.80jahrepogrom.jgpb.de/erwin-angress/

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert