Ruth Tischler
*4.4.1926 in Breslau; ✡ 21.10.2006
Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos
Religion jüdisch

Vater Rudolf Roderich Tischler, Dr. med. *14.9.1891 in Czempin; ✡6.6.1945 in Sucre Bolivien
Mutter Lucie Epstein *12.12.1896 in Breslau; ✡25.12.1963 in Regba
Onkel Moses Tischler *23.11.1899 in Korcyna; ✡?; Lea Hamburger (1891-1973)
Tante Else Friederike Tischler geb. Ebstein *3.7.1876 in Heydebreck
Großeltern Moritz Tischler und Johanna Goldmann
Großeltern Eugen und Franziska Epstein
Geschwister
Barbara Bärbel Bracha Tischler/Tuteur/Tamir*4.4.1926 in Breslau; ✡ 26.9.2016 in Moshav Regba; oo Karl Heinz Jehuda Tuteur/Tamir *9.10.1926 in Kaiserslautern; ✡14.6.2004 im Moshav Regba
Beruf Landwirtschaftliche Praktikantin
Adressen Breslau, Schwerinstraße 58; Amsterdam; Ommen; Loosdrecht
Heirat Abbi Bernd Mayer *5.12.1924 in Düren; ✡13.1.2000 in Israel
Karl Heinz Jehuda Tuteur/Tamir *9.10.1926 in Kaiserslautern; ✡14.6.2004 im Moshav Regba; während der Shoa war er in der Schweiz, lernte Gärtner im Kibbuz
Schwägerin Hannah Tuteur *23.3.1922 in Kaiserslautern; ✡ 22.11.2002 Neot Mordechai; oo Loschinsky
Kinder drei
Dorit Mayer; ✡ 1981; oo Tsumer
Eitan Mayer
Weiterer Lebensweg
1924 Vater Rudolf als niedergelassener Arzt in Breslau
19.10. 1938 Die Zwillinge kommen zu Onkel und Tante mütterlicherseits in Amsterdam;
Novemberpogrom
10.11.1938 Vater Rudolf verhaftet im Pogrom in Breslau
Internierung als „Aktionsjude“ im KL Buchenwald
1.12.1938 Entlassung des Vaters aus dem KL Buchenwald
17.5.1939 beide Eltern in Breslau, Schwerinstraße 58
Mai 1939 Emigration der Eltern nach Bolivien
Die Quäkerschule in Schloß Eerde bei Ommen
12.1.1939 wurden von der Quäkerschule Eerde 25 neue Schüler/innen bei der Gemeinde Ommen/Overijssel angemeldet, darunter auch elf jüdische Kinder, die am 5.1.1939 mit Kindertransport aus Frankfurt gekommen waren.
Anmeldung der Zwillinge auf der Internatschule der Quäker in Eerde bei Ommen
1939 Einrichtung einer „Landbouwschool“ in Eerde nach Anpachtung von weiteren hundert Hektar Land nach dem Muster der Hachschara Lehrgutes in Groß-Breesen
10.4.1939 Einmarsch der Wehrmacht in die Niederlande; zu diesem Zeitpunkt gab es 18 jüdische Schüler/innen und drei Lehrkräfte in der Schule.
Jeugdalijah
Im September 1939 eröffnete die Jeugdalijah in Amsterdam die Hachschara Zentren in Mijnsheerenland und „Het Paviljoen Loosdrechtse Rade“, nachdem das Waisenhaus Vondelhof in Amsterdam diese Funktion verloren hatte.
Mijnsheerenland
Ab 1939 bestand parallel der Jugendalija Hof van Moerkerken in Mijnsheerenland für unter 15-Jährige.
September 1940 wollten die Zwillinge von Ommen auf den Hof in Mijnsheerenland; das konnte aber wegen der bevorstehenden Schließung nicht stattfinden. Stattdessen gehen beide nach Amsterdam
Wegen des Räumungsbefehls für alle Juden in den Küstenregionen musste Mijnsheerenland am 16.10.1940 geschlossen und 25 Chaluzim in Loosdrecht untergebracht werden
Het Paviljoen Loosdrechtse Rade

Von September 1939 bis August 1942 fanden hier 99 Bewohner Zuflucht.
10.9.1941 Ruth mit Schwester Barbara aus Amsterdam in das Heim der Jugendalijah in Loosdrecht, „het Paviljoen“; dort macht sie viel zusammen mit Ruth, Irmgard Schlabowski, Lottie Wahrhaftig und Gustel Nussbaum.

Überleben im Versteck als Onderduiker
7.7.1942 Aufforderung an die Amsterdamer Juden, sich freiwillig zum „Arbeitseinsatz“ zu melden.
14./15.7.1942 Razzia in Amsterdam; Registrierung in Westerbork und Deportation nach Auschwitz
15.7.-15.8.1942 von den Madrichim Schuschu Simon und Menachem Pinkhof werden Verstecke für alle Jugendlichen gesucht.
12.8.1942 Erica Blüth erfährt beim Joodse Raad und übermittelt mit Codewort per Telefon, dass auch die Chaluzim aus Loosdrecht ins Kamp Westerbork gebracht werden sollen. Die Madrichim Menachem Pinkhof und Schuschu Simon sowie Miriam Waterman beschließen, die 30 Jugendlichen mit Hilfe des Netzwerks von Joop Westerweel in Verstecken untertauchen zu lassen.
13.8.1942 Ankündigung von Pinkhof und Simon, dass alle Chaluzim im Verstecke gebracht werden. Die ersten werden noch am selben Abend weggebracht.
Von den 49 „onderduiker“ aus Loosdrecht (Chawe/rim/roth und Madrichim) konnten 34 gerettet werden!
Onderduiken und Befreiung
August bis Oktober 1942 beide Zwillinge im Versteck in Ijmuiden; dann wird Bärbel von Bouke Koning nach Friesland in die Region Sneek gebracht, wo sie bis zur Befreiung am 18.4.1945 in oft wechselnden Familien bleibt

Ruth wird nach Sevenum gebracht, wo sie unter den Namen „Marie Post“ untergetaucht war
Beide Schwester überleben im Versteck

21.9.1944 Ruth Tischler in Paris
18.11.1944 wird Sevenum befreit.

Onkel Max Moses und Mutter Lea werden im April 1945 im Camp Westerbork durch Kanadische Truppen befreit
6.6.1945 Tod des Vaters in Sucre Bolivien; die Mutter zieht daraufhin nach Dublin
Alija beth
Barabara Tischler ist bereits Anfang 1946 – vermutlich April 1946 auf der SS TEL HAI – illegal eingereist; sie wird jedenfalls bei Ankunft von Schwester Ruth am 2.7.1946 bereits als örtlicher Kontakt angegeben
Alija Beth auf der SS BIRIA
Im April 1946 machen sich Ruth Tischler und der spätere Ehemann Abbi Mayer auf in Richtung Marseille
22.6.1946 Abreise aus Port de Sete, einem kleinen Hafen 200 km westlich von Marseille mit 1086 Ma’apilim auf dem von der Haganah gechartertem Schiff SS BIRIA, zuvor SS AKBEL. Ebenfalls an Bord Miekje de Groot (Kibbuz Elden) und ihr Verlobter Hans David Seemann (Loosdrecht und Elden)

2.7.1946 Ankunft von Ruth Tischler auf der SS BIRIA (zuvor SS AQBAL) in Haifa; sie gibt bei der Registrierung in Athlit ihre Schwester Barbara in Keb Galith als Kontakt an
Internierung von Ruth und Abbi Mayer in Athlit (wegen Schwangerschaft)
25.7.1946 Entlassung von Ruth und Abbi Mayer aus dem britischen Camp Athlit (wegen der Schwangerschaft?)
Die anderen Ma‘apilim werden nach Zypern verbracht und dort in britischen Detentioncamps interniert

19.5.1949 Ankunft der Mutter Lucie Tischler auf der SS TRANSSYLVANIA in Haifa
Gedenken
Grabstein für den Vater in Sucre, Bolivien
Grabstein für die Mutter auf dem Friedhof von Regba

Grabstein für Ruth und Abbi Mayer auf dem Hashomrim Friedhof in Kirjat Tiv‘on
Grabstein für Bracha und Jehuda Tamir auf dem Friedhof von Regba
Quellen
Mirjam Pinkhof, De Jeugdalijah van het Paviljoen Loosdrechtsche Rade, 1998
Frans van der Straaten, Om nooit te vergeten. Herinneringen en belevenissen aan/van Palestina-Pioniers in Nederland gedurende de oorlogsjaren 1939-1945
https://de.wikipedia.org/wiki/Qu%C3%A4kerschule_Eerde
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130386092
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130386095
https://collections.yadvashem.org/en/documents/3655767
https://www.gfh.org.il/eng/Archive
Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
https://www.mappingthelives.org
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939