Süssla Sophie Billig geb. Brühand
*13.12.1902 in Brzesko; +14.6.1980 in Helsingborg
Staatsangehörigkeit polnisch, staatenlos, schwedisch
Vater Heinrich Chaim Brühand *1865; +4.7.1930 in Karlsruhe; Grab erhalten auf dem Jüdischen Friedhof
Mutter Julia Frisch
Geschwister unbekannt
Schwager Samuel Billig *7.11.1891 in Stanislau; Karlsruhe; abgeschoben Gurs, Drancy, +in Auschwitz
Schwägerin Erna Billig geb.Westreich * 13. 12. 1896 in Brzesko; Karlsruhe, Gurs, Drancy, + in Auschwitz
Adressen Brzesko; Karlsruhe, Erbprinzenstraße 36; Leipzig; Köln, Lindenstraße 51
Heirat
- Ehe am 14.12.1922 in Baden-Baden Sigmund Saloman Kassiel Billig * 8. 5. 1890 in Stanislau, Galizien; Schriftsetzer-Meister; +18. 8.1941 im Ghetto Warschau
Sohn Wolfgang Walter Billig *5.1.1924 in Karlsruhe; 1939 Kindertransport England; 1944 in der Normandie Fahrer der British Royal Army, Service Corps Attached 130 Field Ambulance; später beim britischen Field Security Section FSS (militärischer Geheimdienst); verhört den früheren Nazi-Außenminister Ribbentrop, nach seiner Festnahme durch den FSS am 14.6.1945 in Hamburg; 1952 umbenannt Walter Bingham in England; oo Lea Birnbaum
2. Ehe 25.3.1948 in Helsingborg mit Blecharbeiter Samuel Feld *15.4.1896 in Nanowa, Polen, keine Kinder aus dieser Ehe
Weiterer Lebensweg
28.10.1938 1. Polenaktion; Ehemann Sigmund wird von der Polizei in seiner Wohnung verhaftet; alle polnischen Männer werden nach Zbaszyn ins Niemandsland zwischen Polen und Deutschland abgeschoben
17.5.1939 in Karlsruhe mit Sohn Wolfgang Walter Billig bei Minderheiten-Volkszählung
Juli 1939 Sigmund aus Zbaszyn ins Ghetto Warschau
2.11.1939 bei zweiter „Polenaktion“ nach Leipzig abgemeldet;
Sophie fälscht ihre Dokumente: Baden-Baden als Geburtsort, um nicht abgeschoben zu werden
18. 8.1941 Sigmund stirbt im Ghetto Warschau
1941 ist sie in Brzesko, vermutlich nach Tod des Ehemannes in Polen
1941 in Brzesko, erhält finanzielle Unterstützung vom ZSS (jüdische Selbsthilfe)
1.12.1941 mit dem Stuttgarter Transport nach Riga, Fußmarsch ins Lager Jungfernhof
Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung
November 1943 im Armeebekleidungsamt ABA 701 in Mühlgraben, Kasernierung
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
29.9.- 3.10.1944 140 Zwangsarbeiter ABA 701 mit dem Frachtschiff „Sanga“ nach Libau, Lettland
13.-14.10. 1944 Die letzten 50 Männer, 10 junge Frauen mit der „Drechtdijk“ auch „Drächtig“ nach Libau
SS-Sonderlager Libau in Lettland, Arbeit in der Schuhfabrik, im Hafen, Be- und Entladen von Schiffen
22.10.1944 Fliegerangriff auf Libau mit zwei Toten unter den Häftlingen
22.12.1944 schwerer russischer Bombenangriff auf die besetzte Stadt, 14 Lagerinhaftierte kommen um
19. 2. 1945 200 Häftlinge von Libau auf dem mit Granaten- und Patronenhülsen beladenen Kohlefrachter „Balkan“ über die Ostsee erst Richtung Lübeck, wegen Bombenangriffen umgeleitet nach Hamburg;
10 junge Männer bleiben bei der SS in Libau zurück und werden am 9.5.1945 in Libau befreit
27.2.1945 Ankunft in Hamburg, von der Gestapo in Gefängniswagen vom Hafen nach Fuhlsbüttel
27.2.1945 – 11.4.1945 Polizeigefängnis Fuhlsbüttel „Kola-Fu“, Zuchthaus und Konzentrationslager
12.-15.4.1945 86 km Fußmarsch nach Kiel, ins „Arbeitserziehungslager“ (AEL) „Nordmark“ in Hassee, Außenlager des KL Neuengamme in Kiel.
Rettungsaktion „Graf Bernadotte“ durch das Schwedische Rote Kreuz
Nach Verhandlungen des schwedischen Graf Bernadotte und Norbert Masur vom World Jewish Congress, Stockholm mit Heinrich Himmler nahe Berlin werden 168 jüdische Häftlinge und ihre Kinder nach Schweden freigelassen.
1.5.1945 153 Juden mit weißen Bussen des Roten Kreuz nach Pattburg, Dänemark, Entlausung in der Quarantänestation; weiter mit dem Zug nach Kopenhagen
2.5.1945 in der Gruppe der Polinnen mit der Fähre nach Malmö; erste Quarantäne ca. 10 Tage
4.5.1945 Befreiung des AEL Nordmark Hassee durch britische „Royal Army“
13.5.1945 in Smålandsstenar, Schweden in Quarantäne
8.6.1945 Holsbybrunn, Ausländerheim der Schwedischen Ausländerkommission
15.1.1946 nach Ryds Brunn Ausländerlager, Flüchtlingsheim
6. – 8.4.1946 in Stockholm, Hotel Ella, Tyringe.
2 – 14.4.1946 Antrag auf Aufenthalt in Helsingborg und Malmö. Sohn Walter kommt nach Schweden aber hat nicht viel Geld und wohnt bei Freunden. Seine Adresse sind Helsingborg c/o Erwin Sekules (auch „Nordmark“) und Malmö c/o Siegfried Schuss
5.5.1946 nach Helsingborg, Arbeiterin bei Federdekorationsabteilung, A.B. Larsson und Christofferson
22.6.1946 Wohnadresse c/o Carlsson, Pålsjögatan 45, Helsingborg
Oktober 1946 Antrag auf Besuch ihren Sohn in Dänemark, spätere Anträge für Besuche in Dänemark und England
25.1.1947 Wohnadresse c/o Berg Norra Kyrkogatan 10, Helsingborg
5.5.1947 Wohnadresse Kullagatan 32, Helsingborg bei Samuel Feld
Heirat am 25.3.1948 in Helsingborg den Polnischen Bürger und Blecharbeiter Samuel Feld, geb. 15.4.1896 in Nanowa, Österreich, Jüdischen Glaubens. Es war eine Bürgerliche Heirat (nicht Jüdisch), Wohnadresse Kullagatan 32.
Vor 22.6.1950 wird der Sohn englischer Staatsbürger. Selbst will sie nicht zurück nach Deutschland und will das Land auch nicht besuchen. Sie ist jetzt Leiter, Arbeitsleiter oder so etwas in der Firma A.B. Larsson und Christofferson
2.12.1950 wollen sie Freunde in Dänemark besuchen.
1951 Zeugin der Anklage vor dem Landgericht Hamburg im Prozess gegen Maywald und Seck
13.2.1953 erwirbt nach Antrag die schwedische Staatsbürgerschaft
27.10.1958 Tod des Ehemannes Samuel Feld
Letzte Adresse, Järnvägsgatan 19, Helsingborg
14.6.1980 Tod in Helsingborg
Gedenken
März 2008 Stolpersteinverlegung in Karlsruhe in Beisein des Sohnes Walter und eines Enkels
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939 https://www.mappingthelives.org/
https://collections.arolsen-archives.org/archive/11200882/?p=1&s=Br%C3%BChand&doc_id=11200882
http://gedenkbuch.informedia.de/index.php/PID/12/name/327.html
https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=9982770&ind=1
Käthe Fries, Schießen Sie mich nieder, Lukas Verlag 2017
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008
Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984
Aufbau, Nach Schweden gerettet; Ausgabe vom 22.6.1945
Bernd Philipsen, Fred Zimmak, Hrsg., Wir sollten leben, Novalis 2020
Dietlind Kautzky, Thomas Käpernick (Hrsg.), Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden VSA 2020
Mein besonderer Dank gebührt Fred Zimmak für die großzügige Unterstützung meiner Recherchen.