Loewenstein Jürgen

Jürgen Rolf Löwenstein

*28.3.1925 in Berlin; ✡ 16.2.2018 in Israel

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Walter Loewenstein

Mutter Paula Sochaczewer *15.1.1895 in Stettin

Geschwister

Beruf Schlosser

Adressen Berlin, Oranienburger Straße 87

Heirat Hanna Markowitz

Kinder drei Töchter

Noemi

Weiterer Lebensweg

Evangelischer Kindergarten

Jüdische Knabenschule Berlin, Kaiserstraße

1935 Sommerlager in Dänemark mit 120 Berliner Kindern; Leiter Arthur Posnanski

Bis Nov. 1938 jüdische Mittelschule in der Großen Hamburger Straße in Berlin

Zwangsumzug ins Scheunenviertel in Berlin

17.5.1939 Mutter als geschiedene Paula Wolff geb. Sochaczewer in Berlin bei Minderheiten-Volkszählung

September 1939 ging er auf Hachschara, zunächst in Schniebinchen in der Niederlausitz, dann nach Rüdnitz bei Bernau,

Anfang 1941 Ellguth und Eichow-Mühle

Sommer 1941 nach Ahrensdorf

Sommer 1941 von Eichow Mühle Auflösung von Landwerk Ahrensdorf;

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Sommer1941 48 übrige Chaluzim kommen nach Neuendorf;

Oktober 1941 eine Gruppe von sechs wird zum Aufräumen nach Ahrensdorf zurückgeschickt

8.1.1942 aus Ahrensdorf angemeldet im „Jü­di­schen Ar­beits­ein­satz­lager Paderborn“, mit einer Gruppe- u.a. auch seine Freunde Ernst Michel, Gert Hartog, Ruth Mischliburski – die nach Auflösung von Ahrensdorf noch abschließende Aufräumarbeiten erledigen mussten.

Jürgen Löwenstein schreibt viele erhalten gebliebene Briefe an den Freund seiner Eltern  Ernst Gross in Berlin, der auch Päckchen nach Paderborn schickt.

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

9.12.1942 Mutter und Adoptivvater aus Berlin mit dem 24.Osttransport nach Auschwitz

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.

27.2.1943 die Pforte des Lagers Paderborn wird von Polizisten bewacht, um Fluchten zu verhindern

1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Paderborn; mit der Bahn nach Bielefeld, dann mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz

Erwin Angress berichtet:

„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“

2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager

3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:

„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“

Jürgen Loewenstein eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, Häftlingsnummer 104983

Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943

„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“

Löwenstein mit hohem Fieber in den Krankenbau (HKB) von Monowitz;

Jürgen Loewenstein berichtet von der Hilfe durch Posnanski, der ihn vor dem Krankenbau aus der Reihe der vor dem HKB Wartenden zog und ihn mit den Worten umarmte:

“ ‚Alles wird schon gut werden. Sei stark und fest.‚ Er organisierte mir eine Schüssel Suppe und einen Kanten Brot.“

Im HKB von Arthur Posnanski wiederhergestellt; anschließend Verlegung in das Stammlagers Auschwitz I verlegt; von dort kam er in das Nebenlager „Eintrachthütte“ bei Świętochłowice zur Zwangsarbeit in einer FLAK-Geschütz-Fabrik.

23.1.1945 „Evakuierung“ des Außenlagers Eintrachthütte ca 1300 Häftlinge auf dem Todesmarsch nach Mauthausen

29.1.1945 Ankunft in Mauthausen-Gusen, zunächst 4 Wochen Quarantäne; Häftlingsnummer 124059

Außenlager des KL Mauthausen Saurerwerke in Wien

25.2.1945 als Facharbeiter in den Saurer-Werken, Motorenproduktion

2.4.1945 wurde das Lager, mittels wochenlangen, für viele der Internierten tödlichen Fußmärschen, in das Außenlager Steyr evakuiert. 1 276 Häftlinge in drei Kolonnen treten unter dem Kommando von SS-Oberscharführer Karl Kleine, Josef Plehar und Gerhard Wittkowski den „Todesmarsch“ von Simmering über Purkersdorf, St. Pölten, Mank, Scheibbs, Gresten, Randegg und Seitenstetten nach Steyr an.
Den begleitenden SS Wachen wurde eingeschärft, dass jeder Häftling, der einen Fluchtversuch unternähme oder auf dem Marsch aus Schwäche zurückbliebe, zu erschießen sei und die Leichen verscharrt werden müssten.

23. 4.1945 Ankunft von 1 076 Häftlingen des Nebenlagers Saurer-Werke (SS-Arbeitslager Wien XI) im Nebenlager Steyr-Münichholz (SS-Arbeitslager Steyr) ein.


30.4.1945 Zugang aus Steyr im KL Gusen in Österreich

6.5.1945 Befreiung von Mauthausen und Gusen;

1945 ein Jahr in einer Wiener Klinik mit schwerer Lungentuberkulose

1945 -1949 IRO Camp Linz und Italien

März/April 1949 Emigration nach Israel

Kibbuz Dorot

1951 Gründung des Kibbuz Yad Hanna

Bis 1997 im Sekretariat (Leitung) des Kibbuz Yad Hanna; Leiter der Buchhaltung

Gedenken

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Herbert Exenberger, 2.4.1945 – Evakuierung des KZ-Nebenlagers Saurer-Werke; Simmeringer Museumsblätter

Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V

Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004

http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html

https://rote-spuren.gpa-djp.at/files/2015/12/exenberger_saurerwerke.pdf

Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7

Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013

Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998

www.80jahrepogrom.jgpb.de/erwin-angress/

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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