Gerda Rosa Motulsky
*4.1.1922 in Zschopau, Chemnitz ; ✡9.6.2018 in Maayan Zwi
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Emil David Motulski *8.6.1887 in Angerburg; ✡?, in Belzec
Mutter Elfriede Irma Luchtenstein *15.1.1892 in Wurzen, Leipzig; ✡ Mai 1942 in Auschwitz
Großeltern Meier Hermann Luchtenstein (1850-1930), Karoline Schlesinger (1864-1933)
Geschwister
Werner Motulski/Micha Meron *23.4.1920 in Zschopau; ✡ ca. 1999
Steffi Ernestine Motulski * 6.8.1926 in Zschopau; ✡24.12.1991 in Petah Tikwa; oo Eliezer Elbaum/Elbom; Kinder David und Yossi Elbom
Ludwig „Lutz“ Motulski *26.8.1928 in Zschopau; ✡ 1942
Beruf Landwirtschaftliche Praktikantin
Adressen Zschopau; Chemnitz; Ahrensdorf; Maayan Zwi
Heirat Wolfgang Adolf Zeew Berger *21.2.1916 in Hindenburg; ✡1.1.1968 in Maayan Zwi
Kinder vier
Mira Schwarz *17.5.1938 (adoptiert?); ✡ 23.6.2013; oo Chaim Markan
Weiterer Lebensweg
1912 Vater Emil Motulsky eröffnet ein Bekleidungsgeschäft in Zschopau, Neumarkt /Ecke Langestraße 19
10.11.1938 Bekleidungshaus Motulsky in der „Pogromnacht“ Scheiben eingeschlagen und verwüstet
10.11.1938 Vater verhaftet im Novemberpogrom, „Schutzhaft“ im KL Buchenwald
Dezember (10.-16.) 1938 Entlassung des Vaters aus dem KL Buchenwald mit der Auflage, Deutschland zu verlassen
17.5.1939 Eltern mit Schwester Steffi und Bruder Ludwig in Chemnitz bei Minderheiten-Volkszählung
Zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf, Pfadfinderbund Makkabi HaZair
Späterer Ehemann Wolfgang Berger Landwirtschaftlicher Betriebsleiter im Hachschara Landwerk Ahrensdorf, Landwirtschaftlicher Betriebsleiter in Jessen Mühle
Wechsel von Ahrensdorf nach Jessen Mühle
März 1940 die führenden jüdischen Funktionäre aus Berlin, Prag und Wien werden von SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann ins Reichssicherheitshauptamt nach Berlin vorgeladen, um die illegalen „Sondertransporte“ nach Palästina zu forcieren; Ephraim Frank als Vertreter des erkrankten Lyon vom Palästinaamt und als designierter Transportführer dabei.
März 1940 die führenden jüdischen Funktionäre aus Berlin, Prag und Wien werden von SS-Sturmbannführer Eichmann ins Reichssicherheitshauptamt nach Berlin vorgeladen, um die illegalen „Sondertransporte“ nach Palästina zu forcieren.
August 1940 abgemeldet aus Jessen zusammen mit Wolfgang Berger, zunächst Zugfahrt nach Berlin
16.8.1940 mit dem Zug aus Deutschland fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, die bereits Kinder in Palästina hatten, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Transportleiter war Efraim Frank aus Gelsenkirchen
August 1940 große Gruppe aus Ahrensdorf zur Vorbereitung nach Ellguth/Steinau
30.8.1940 mit einer Gruppe von 29 Chawerim aus Paderborn offiziell abgemeldet nach „Paraguay“
Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
3. 9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau;
10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN
10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.
Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen
31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa.
4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
5.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
8.11.1940 Registrierung im Camp Atlith; gibt als Referenz an Onkel Eugen Berger und Cousin Dr. Heinz Berger, beide 69 Bd Rothschild Tel Aviv
zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 jüdische illegale Einwanderer auf das Schiff gebracht.
Walter Steinitz, ebenfalls aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)
Die ins Wasser gesprungenen und die an Bord Überlebenden werden als Schiffbrüchige der SS Patria von den Briten an Land gebracht.
25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.
26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;
Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.
1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können
September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith
12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.
Schicksal der Familie
10.5.1942 die Eltern und Bruder Ludwig deportiert nach Belzec; KL Majdanek
Gedenken
28.1.1956 Pages of Testimony für die Eltern und Bruder Ludwig von Tochter Naomi Elbom
3.11.2009 Stolpersteine für Emil, Frieda und Ludwig Motulsky, Zschopau, Ecke Neumarkt Lange Straße 19
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=9969950
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/12845062
https://www.zschopau.de/cs/node/80
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de932997
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de932990
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de932995
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V
Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015
https://objekte.jmberlin.de/person/jmb-pers-12574/Herbert+Sonnenfeld?se=Suche&qps=q%3DSonnenfeld
Bin sehr erfreut etwas über die Familie Motulsky/Zschopau zu lesen. Habe selbst etwas hier vor Ort in Zschopau recherchiert.
Ältester Bruder Werner Motulsky geb. am 23.April 1920 in Zschopau später als Micha Meron in Israel!