Löwenstein Sophie

Sophie Löwenstein

*15.9.1923 in München; ✡  14.11.2022

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Viktor Löwenstein*12.11.1885 in Ichenhausen ; ✡2.3.1943 in Berlin

Mutter Erna Kela Cohen *1.1.1898 in Köln; ✡ 2.3.1943 in Berlin

Geschwister

Rosa Löwenstein *14.8.1925 in München; ✡1943 in Auschwitz; oo Ernst Nordheimer *13.3.1911

Beruf Landwirtschaftliche Praktikantin

Adressen München Knöbelstraße 17/3, Thierschstraße 40/3 (7.12.1928- 28.3.1934), Wagmüllerstraße 12 (28.3.1934-30.9.1935),Tattenbachstraße 10/II (30.9.1935-30.9.1938); Berlin, Siegmundshof 15

Heirat  Jakob Zwi Sohlberg *1923 in Basel; ✡ ca. 2007

Kinder  drei

Weiterer Lebensweg

Viktor Löwenstein war Prokurist bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank. Er engagierte sich auch in der Gemeindevertretung der israelitischen Kultusgemeinde in der Gruppe der Zionisten. Vorsitzender des Jüdischen Hilfsverein

Acht Jahre Jüdische Volksschule

1938 Privates katholisches Mädchengymnasium

Oktober 1938 Umzug nach Berlin; für sechs Wochen auf dem Adass Isroel Gymnasium

10.11.1938 Vater verhaftet im Novemberpogrom, „Schutzhaft“ in Buchenwald

Dezember 1938 Entlassung des Vaters aus dem KL mit der Auflage, Deutschland zu verlassen

17.5.1939 mit den Eltern in Berlin-Charlottenburg bei Minderheiten-Volkszählung

15.5.1941 aus Berlin Hachschara ins Landwerk Neuendorf im Sande. Der Gutshof gehörte zwei  US-Bürgern, Erben des 1927 verstorbenen jüdischen Besitzers Hermann Müller, was ihn eine Zeitlang vor dem Zugriff des NS-Regimes schützte.

Sofie Löwenstein berichtet:

„Alles in allem waren die zwei Jahre in Neuendorf eine sehr angenehme Zeit. Wir lebten dort wie auf einer Insel, weit weg vom Krieg. Ich gehörte dort zu einer kleinen Gruppe (wenn ich mich recht erinnere, 20 Jungen und sechs Mädchen), die zu Esra-Noar gehörte.“

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung der noch bestehenden in „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager“

Mai bis September 1941 Auflösung der Hachscharalager Ahrensdorf, Jessen, Havelberg; Verlegung der Chaluzim in das Lehrgut Neuendorf im Sande; nur ein kleiner Teil darf noch im Landwerk arbeiten, die meisten werden zur Zwangsarbeit bei Unternehmen in Fürstenwalde verpflichtet.

2.4.1942 Verhaftung der älteren und der bereits bei der Gestapo zuvor auffällig gewordenen Chaluzim aus Neuendorf und Deportation auf Lastwagen in eine große Turnhalle nach Frankfurt/Oder

3.4.1942 Deportation dieser Neuendorf-Gruppe mit 1009 Personen nach Warschau

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

31.3.1943 Die Belegschaftsliste des Landwerk Neuendorf enthält 96 Männer (drei abwesend) und 66 Frauennamen

7.4.1943 Zustellung der Transportlisten für Neuendorf

10. 4.1943 169 Chawerim aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager ehemaliges jüdisches Altenheim Große Hamburger Straße; in Berlin vom Transport zurückgestellt 16 Personen (Geltungsjuden, Juden aus privilegierten Mischehen etc.)

19.4.1943 auf dem 37. Osttransport als Teil der Fabrikaktion, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde.

Esther Bejarano erinnert sich:

„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“

Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diesen mehrere Tage dauernden Horrortrip in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.

20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:

„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“

Ihr wird die Auschwitz-Häftlingsnummer 41956 in den linken Unterarm tätowiert; sie wird zur Zwangsarbeit im Auschwitzlager Birkenau eingewiesen.

vier Wochen Quarantäne im Block; sie erkrankt an Typhus

Verschiedene Kommandos in Birkenau: Küchenhilfe; Kleidung flicken, Schuhkommando;

1943 mit Glück zusammen mit 16 slowakischen Mädchen in die „SS-Wäscherei“ im Stabsgebäude; sie war von Ruth Libmann angefordert worden

15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten

18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;

18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau

Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:

Zofia Posmysz:

„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“

Asher Aud:

„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“

Sigmund Kalinski:

„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“

Isidor Philipp berichtet:

„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“

19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück

Isidor Philipp berichtet:

„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“

21./22.1. 1945 Ankunft in Loslau

22.1.-27.1.1945 auf Transport in offenen Kohlewaggons über KL Groß-Rosen und KL Sachsenhausen (jeweils wegen Überfüllung abgewiesen) bis ins KL Ravensbrück; dort zunächst ins „Jugendlager“,

Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.

März/ April 1945 bei Auflösung des „Jugendlagers“ für wenige Tage ins „Frauenlager“

Anfang April 1945 mit einem Personenzug ins Lager Neustadt-Glewe, Außenlager des KL Ravensbrück

(Im September 1944 errichtetes Außenlager des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück für 300 Häftlinge; 1945 Ziel zahlreicher Evakuierungstransporte)

2.5.1945 Befreiung im KL Neustadt Glewe durch die Rote Armee. (Im September 1944 errichtetes Außenlager des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück für 300 Häftlinge; 1945 Ziel zahlreicher Evakuierungstransporte)

Mitte August 1945 Alijah Beth auf der SS MATAROA von Marseille nach Haifa

8.9.1945 Ankunft in Haifa auf der SS MATAROA

Verhaftung durch die britische Mandatsmacht im Camp Atlith

Schicksal der Familie

1.3.1943 Schwester Rosa auf dem 31. Osttransport von Berlin nach Auschwitz

2.3.1943 Tod der Eltern in Berlin bei einem Bombenangriff

Gedenken

Pages of Testimony für die Schwester Rosel von Sophie Sohlberg

Suchanzeige für die Eltern und beide Schwestern von Martin Bamberger, Baltimore, beim Joint Distribution Committee (JDC) in New York

Quellen

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1112188

https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_link&gid=12975

https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_link&gid=17272

BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)

https://yvng.yadvashem.org/ad

Harald Lordick, Das Landwerk Neuendorf: Berufsumschichtung – Hachschara – Zwangsarbeit; in Pilarczyk, Ulrike (Hrsg) Hachschara und Jugendalija, Schulmuseum Steinhorst, 2019

Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996

Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten

Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2

Esther Bejerano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989

Esther Bejerano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013

Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen

Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386

Video-Interview mit Issy Philipp 1994

Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015

Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883

Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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