Rita Ullmann geb. Rehfeld *19.12.1920 in Lyck; ✡ ?
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Bruno Rehfeld *18.10.1893 in Lyck; ✡nach August 1944 in Stutthof
Mutter Alina Czerninski *1.2.1892 in Zarnen, Goldap; ✡ 13.9.1942 in Theresienstadt
Geschwister vier
Werner Rehfeld *5.5.1922 in Lyck; ✡nach August 1944 in Stutthof
Marlit Gertrud Rehfeld *17.12.1924 in Lyck; ✡1942 in Auschwitz
Beruf Landwirtsch. Praktikantin
Adressen Lyck; Schippenbeil, Kirchenstraße 8; Königsberg; Neuendorf
Heirat Max Ullmann *11.8.1915 in Haigerloch; ✡ ?
Kinder –
Weiterer Lebensweg
Ostern 1926 – 1933 Volksschule
1933-1936 Mittelschule
17.5.1939 Max Ullmann mit den Eltern in Haigerloch bei Minderheiten-Volkszählung

24.8.1939 Max Ullmann aus Haigerloch zur Hachschara ins Landwerk Neuendorf im Sande

30.5.1941 Rita Rehfeld aus dem Hascharalager Kersdorf in das Lehrgut Neuendorf; es ist unklar zu welchen Zeitpunkt die Schwester Marlit nach Neuendorf kam.
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
Mai bis September 1941 Auflösung der Hachscharalager Ahrensdorf, Jessen, Havelberg; Verlegung der Chaluzim in das Lehrgut Neuendorf im Sande; nur ein kleiner Teil darf noch im Landwerk selbst arbeiten, die meisten werden zur Zwangsarbeit bei Unternehmen in Fürstenwalde verpflichtet.
2.4.1942 Verhaftung der älteren und der bereits bei der Gestapo zuvor auffällig gewordenen Chaluzim aus Neuendorf und Deportation auf Lastwagen in eine große Turnhalle nach Frankfurt/Oder
3.4.1942 Deportation dieser Neuendorf-Gruppe mit 1009 Personen nach Warschau
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
Dezember 1942 Schwester Marlit verhaftet Neuendorf und nach Berlin verbracht, von dort auf dem 24. Osttransport Nr. 726 nach Auschwitz¸ auf diesem Transport befanden sich zwei Neuendorferinnen: Marlit Rehfeld *17.12.1924 in Lyck und Doris Löwenberg *13.9.1924 in Stettin
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
Vermutlich mit Max Ullmann angesichts des anstehenden Transports im März 1943 zum Standesamt
31.3.1943 Die Belegschaftsliste des Landwerk Neuendorf enthält 96 Männer (drei abwesend) und 76 Frauennamen
7.4.1943 Zustellung der Transportlisten für Neuendorf
10. 4.1943 169 Chawerim aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager ehemaliges jüdisches Altenheim Große Hamburger Straße 26; in Berlin vom Transport zurückgestellt 16 Personen (Geltungsjuden, Juden aus privilegierten Mischehen etc.)
19.4.1943 Chawerim aus 10 jüdischen Einsatzlagern, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde auf dem 37. Osttransport von Berlin nach Auschwitz (Fabrikaktion)
Esther Bejarano erinnert sich:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diese mehrere Tage dauernde Fahrt in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.
20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Max Ullmann wird die Auschwitz-Häftlingsnummer 117092 in den linken Unterarm tätowiert; er wird zur Zwangsarbeit im Auschwitz-Nebenlager Monowitz eingewiesen
Rita eingewiesen nach Auschwitz Birkenau; dort später in der Wäscherei in der SS-Kommandantur.
15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten
18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca. 60 000 Häftlinge; 10000 aus Monowitz
18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau
Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:
Zofia Posmysz:
„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“
Asher Aud:
„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“
Sigmund Kalinski:
„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“
Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück
Isidor Philipp berichtet:
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.
21./22.1. 1945 Ankunft der Frauen in Loslau
22.1.-27.1.1945 auf Transport in offenen Kohlewaggons über KL Groß-Rosen und KL Sachsenhausen (jeweils wegen Überfüllung abgewiesen) bis ins KL Ravensbrück; dort zunächst ins „Jugendlager“,
März/ April 1945 bei Auflösung des „Jugendlagers“ für wenige Tage ins „Frauenlager“
Weitertransport nach Bergen-Belsen
15.4.1945 Rita in Bergen-Belsen befreit

1945 aus dem DP Camp Bergen Belsen in die Kieferklinik Hamburg Blankenese

1946 Rita Ullmann in verschiedenen Lagern in Italien erfasst; IRO-Antrag auf Unterstützung
Juli 1947 im DP Camp Bergen Belsen, Block 65

6.1.1948 im DP Camp Bergen Belsen, Block 65
Vater Bruno mit Bruder Werner in Riga


10.8.1944 Ankunft des Vaters und der Bruders in Stutthof
Schwester Marlit von Neuendorf über Berlin auf dem 24. Osttransport

9.12.1942 Schwester Marlit von Neuendorf auf dem 24. Osttransport Nr. 726 nach Auschwitz¸ auf diesem Transport befanden sich zwei Neuendorferinnen: Marlit Rehfeld *17.12.1924 in Lyck und Doris Löwenberg *13.9.1924 Stettin und einer aus Radinkendorf: Jakob Kuttner *7.2.1889 in Koschmin. Unter den Berliner Deportierten befanden sich 11 der im Zusammenhang mit der „Gemeindeaktion“ vom 20.10.42 verhafteten leitenden Mitarbeiter der JKV Berlin und der RV, wie Bernhard Adler, Marta Henschke, Bruno Mannheim, Johanna Karminski, Robert Bielschowsky, Kurt Rosenberg und Walter Sprinz (siehe Transportnummern 829-839), sowie Angehörige der nach dem 20.10. Verhafteten, einschließlich der im Konzentrationslager Sachsenhausen Erschossenen, wie Herta Blumenthal (Transportnummer 696), Helene Lamm (Nr. 791), Margot Mendelsohn (Nr. 691), Erika, Emma und Heinrich Selbiger (Nr. 686, 687 und 688), Ilse Looser (Nr. 682), Herta und Ruth Joseph (Nr. 700 und 701) sowie Edith Wolff (Nr. 699).
Ein Zusammenhang zur „Gemeindeaktion“ ist auch für Rita Rehfeld zu vermuten.
Gedenken
–
Quellen
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de983674
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de947684
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1138255
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de983798
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de947652
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/4609733
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/10770541
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130832955
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212887
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/2743883
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot24.html
https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/35230-emil-ullmann/
BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)
Harald Lordick, Das Landwerk Neuendorf: Berufsumschichtung – Hachschara – Zwangsarbeit; in Pilarczyk, Ulrike (Hrsg) Hachschara und Jugendalija, Schulmuseum Steinhorst, 2019
Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996
Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010, Hartung Gorre Verlag
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2
Esther Bejarano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejarano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Anneliese Ora-Borinski, Erinnerungen 1940 – 1943, Kwuzat Maayan-Zwi, Israel 1970
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
Video-Interview mit Issy Philipp 1994
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013