Henriette Fink geb. Goldstein
*27.3.1923 in Tarnowitz; ✡ 1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit staatenlos
Religion jüdisch
Vater unbekannt
Mutter unbekannt
Geschwister –
Beruf –
Adressen
Heirat 21.12.1940 in Bielefeld Siegfried Fink *4.2.1920 in Beuthen; Überlebender
Kind Chana Fink *2.7.1941 in Hannover; ✡ 1943 in Auschwitz
Weiterer Lebensweg
17.5.1939 Siegfried Fink mit beiden Eltern in Beuthen bei Minderheiten-Volkszählung
Das Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße
1939 Nachdem zahlreiche, in Bielefeld lebende Jüdinnen und Juden in „Judenhäusern“ zwangseingewiesen wurden, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a und Paderborn, Grüner Weg 86;
Anfang September 1939 entstand für zunächst 36 Chawerim ein Wohn- und Arbeitslager in der Koblenzer Straße 4 (heute: Artur-Ladebeck Straße 6), anschließend erfolgte wegen der räumliche Enge der Wechsel in das Lager in der Schloßhofstraße 73a. Dort bestand von März 1940 bis Juni 1943 das Heim „Wickenkamp“ für alte und kranke Jüdinnen und Juden („Siechenheim“) als Einrichtung der RVJD.
1939 Henriette Goldstein zunächst im Umschulungslager Koblenzer Straße 4

März 1940 Wechsel in das Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße
21.12.1940 Heirat in Bielefeld, Henriette bereits schwanger
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Bielefeld“
2.7.1941 Geburt von Tochter Chana in Hannover; nach der Geburt gehen Mutter und Tochter für zwei Monate in das Heim des Jüdischen Frauenbundes in Neu-Isenburg, Taunusstraße

18.9.1941 Henriette Fink wieder in Bielefeld gemeldet, die Tochter bleibt zunächst im Heim

17.3.1942 Erneute Anmeldung der Familie Fink, jetzt mit Tochter Chana, die zuvor im Heim in Neu-Isenburg, Taunusstraße 7 gemeldet war
Herbst 1942 Errichtung von Baracken für junge Familien auf dem Gelände.
2.6.1942 Siegfrieds Eltern ab Beuthen nach Auschwitz
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz deportiert, um den Arbeitskräftebedarf im Nebenlager Buna zu decken.
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld, mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“
2.3.1943 ab dem Güterbahnhof Bielefeld für 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit den 69 Insassen des Lager Bielefeld Schloßhofstraße und allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager Paderborn.
3.3.1943 Ankunft und Selektion der ‚Alten Rampe‘ am Güterbahnhof von Auschwitz;
Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Siegfried Fink wird eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, auf LKW in die Quarantäneblöcke des „Arbeitslager Buna“ gebracht; Tätowierung der „nichtarischen“ Häftlinge, er bekommt die Auschwitz-Häftlingsnummer 104917 in den linken Unterarm tätowiert Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943
„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“
Ehefrau Henriette mit der Tochter vermutlich direkt nach der Selektion an der Rampe von Auschwitz in die Gaskammer geführt.
Gedenken –
Quellen
Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)
Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de865677
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de865726
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de865741
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de865591
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130831911
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_sln_420514.html
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_43a.html
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_1.jpg
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998