Weisner Grete

Margarete Grete Weisner geb. Rosenberg

*4.1.1897 in Unna; ✡ Oktober 1944 in Auschwitz

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Levy Rosenberg *7.3.1858 in Ahlen; ✡17.3.1913 in Unna

Mutter Sophie Lazarus *8.2.1873 in Trier; ✡ 25.1.1920 in Unna

Geschwister

Walter Rosenberg *9.2.1894 in Unna; ✡ 10.10.1935 in Unna, Suizid

Fritz Rosenberg *7.5.1895 in Unna; ✡ 26.3.1956 in Essen

Philipp Rosenberg *10.11.1898 in Unna; ✡ 1949 in Ilford, Essex

Elise Charlotte Rosenberg *6.2.1904 in Unna; ✡ ?

Henry Rosenberg *20.2.1910 in Unna; ✡ 15.11.1978 in Burlingame Kalifornien

Beruf Pflegerin

Adressen Unna, Königstraße 8, Gerhart-Hauptmann-Straße 8 vermutlich bei Fam. Rosenberg

Heirat Hermann Weisner *1882 in Krefeld ; ✡28.10.1930 im kath. Krankenhaus, Unna

Kinder

 Ellen Weisner *27.8.1924 in Unna; ✡ Oktober 1944 in Auschwitz

Ruth Weisner*28.2.1929 in Unna; ✡ Oktober 1944 in Auschwitz

Weiterer Lebensweg

17.5.1939 mit beiden Töchtern in Unna bei der Minderheiten-Volkszählung

Das Israelitische Altersheim für Westfalen in Unna, Düppelstraße 7 (1905-1942)

Zwischen 1933 und 1942 wohnten 162 Menschen im Altersheim Unna

1938 Witwe Grete Weisner mit ihren Töchtern hier als Pflegerin. Sie wohnen aber nicht im Heim selbst, sondern auf der Königstraße 8, in einem kleinen Haus der Familie Rosenberg neben dem ehemaligen Synagogengebäude in der Stadt.

1942 endete die Geschichte des Israelitischen Altersheims, als zahlreiche Bewohner in das Konzentrationslager Theresienstadt und das Vernichtungslager Zamość verschleppt wurden.

22.7.1942 Die Mehrzahl der Heimbewohner und Mitarbeiter wird in das Ghetto Theresien­stadt deportiert. Nur eine Bewohnerin hat Theresienstadt überlebt

22.8.1942 Die letzten sieben bettlägerigen Bewohner Alten- und Siechenheim Wickenkamp  am Lager Schloßhof nach Bielefeld transportiert

28.8.1942 Margarethe Weisner und ihre Töchtern Ruth und Ellen Weisner folgen nach Bielefeld

Tochter Ellen hatte bereits zuvor als Haushaltshilfe bei einem Ehepaar in Bielefeld gearbeitet

Das Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a

1939 Nach­dem zahl­rei­che, in Bie­le­feld le­ben­de Jü­din­nen und Ju­den in „Ju­den­häu­sern“ zwangs­ein­ge­wie­sen wur­den, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Ko­blen­zer Stra­ße 4 und Paderborn, Grüner Weg 86;

Anfang September ent­stan­d für zu­nächst 36 Praktikanten ein Wohn- und Ar­beits­la­ger in der Ko­blen­zer Stra­ße 4 (heu­te: Ar­tur-La­de­beck Stra­ße 6). Das Haus beherbergte zuvor die Praxis des nach Holland geflüchteten Orthopäden Dr. med. Bernhard Mosberg.

23.3.1940 wegen der räumliche Enge Wechsel von 57 Bewohnern in das Lager in der Schloß­hof­stra­ße 73a, einem ehemaligen Gutshof.

Dort bestand auch eine Un­ter­kunft für alte und kran­ke Jü­din­nen und Ju­den („Sie­chen­heim“) als Ein­rich­tung der RVJD. Vom Lager aus wurden die Männer kolonnenweise bei den Straßen-, Tief- und Gleisbauarbeiten der Fa. Nebelung & Sohn eingesetzt.

1940 erfolgte ein Austausch männlicher Bewohner mit dem Umschulungslager Paderborn; die zionistischen Chawerim wechselten nach Paderborn und umgekehrt. Allein am 9. und 10. Juni 1940 kommen 10 Paderborner in das Lager in der Schloß­hof­stra­ße 73a.

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager Bielefeld“

April 1942 Errichtung einer Baracke als Siechenheim Wickenkamp auf dem Gelände Schloßhofstraße 73a in Bielefeld.

Miite Juli Schreiben des RVJD Bezirksstelle Westfalen an die aufzulösenden Altenheime:

„Um die mangelnden Pflegekräfte zu ersetzen, ist beabsichtigt, die Schwerkranken und Siechen unseres Bezirkes in Siechenheimen zusammenzufassen. Wir müssen in den nächsten Tagen die Unterlagen über diese Fälle vorlegen und bitten deshalb um sofortige Ausfüllung und Rücksendung der Fragebogen.“

22.7.1942 Verbringung der sieben letzten, bettlägerigen und somit nicht deportationsfähigen Bewohner des Israelitischen Altersheims in das Alten- und Siechenheim Wickenkamp: Ida Löhnberg; Jonas Samuel (✡);Helma Goldschmidt (✡); Henriette(✡) und Abraham Baer(✡); Jakob Jakobsohn (✡) und Carl Landau(✡); ( ✡ in Klammern, 1942 noch in Bielefeld verstorben). Einzig Ida Löhnberg (*7.11.1853 in Unna) wird mit den Weisners am 12.5.1943 nach Theresienstadt deportiert; sie stirbt dort bereits am 27.6.1943.

27.8.1942 Grete Weisner mit beiden Töchtern aus Unna in Bielefeld, als 2. Wohnsitz angemeldet;  Grete und Ellen als Angestellte der RVJD Westfalen

Herbst 1942 Errichtung von Baracken für junge Familien auf dem Gelände.

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

November 1942 Belegung des Siechenheim Wickenkamp: 9 Personen

Übergangsweise für einen Monat Leiterin: Johanna Heumann, Ehefrau Karl Heumanns

November 1942 Fürsorgerin Irene Kaufmann als USA-Staatsbürgerin verhaftet; Grete Weisner muss mit einer halben Stelle Kaufmann‘s Funktion ersetzen

Dezember 1942 Anstieg der Belegung auf 15 bis 16 Personen an, weil das Siechenheim in Dortmund nach und nach aufgelöst wurde

19.2.1943 Letzte Einweisung: Leo Rosenberg, am 12.5.1942 ebenfalls nach Theresienstadt

Von August 1942 bis Mai 1943 Verlegung von mindestens 31 bettlägerigen Menschen nach Bielefeld in das letzte jüdische Alten-Siechenheim im RVJD-Bezirk Westfalen

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

Ende Februar/März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz deportiert, um den Arbeitskräftebedarf im Nebenlager Buna zu decken.

27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.

1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld, mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz; Grete Weisner und ihre Töchter bleiben zurück.

2.3.1943 69 Insassen des Lager Bielefeld Schloßhofstraße ab dem Güterbahnhof Bielefeld für 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz zusammen mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager Paderborn.

  1. 5.1943 Schreiben der RVJD-Bezirksstelle an 40 Personen, vorwiegend Vertrauensmänner und ihre Angehörigen, kurz gefasste Deportationsbescheide:
    „Auf Anordnung der Geheimen Staatspolizei Staatspolizeistelle, Bielefeld, sind Sie […] zu dem am 12. Mai 1943 nach Theresienstadt abgehenden Umsiedlungstransport zugeteilt worden. Sie werden erst am Dienstag, den 11.Mai 1943, zum Sammellokal ‚Eintracht‘, Klosterplatz, abgeholt werden. Nach
    den bereits ergangenen Hinweisen hoffen wir, dass Sie mit Ihren Vorbereitungen soweit abgeschlossen haben.“

12.5.1943 Grete Weisner auf Transport XI/2 mit beiden Töchtern von Bielefeld nach Theresienstadt; insgesamt 40 Personen, davon 13 aus dem Heim Wickenkamp

Auf dem Transport XI/2 befinden sich außerdem:

die „Rechtskonsulenten“ Dr. Albert Daltrop und Dr. Gustav Meyer aus Bielefeld, Personal der ehemaligen „Arbeitseinsatzstelle“ an der Schloßhofstraße, Bewohner des Siechenheims Wickenkamp, die kurz zuvor in die Bezirksstelle versetzte Hilde Friedberger sowie die Vertrauensmänner Dr. Erich Simons aus Münster und Sally Katzenstein aus Minden.

27.6.1943 Ida Löhnberg stirbt in Theresienstadt

1943 schreibt Ruth Weisner in einem Brief aus Theresienstadt von ihrer Hoffnung, das Ghetto bald verlassen zu können

12.10.1944 Grete Weisner auf Transport Eq mit beiden Töchtern von Theresienstadt nach Auschwitz

15.10.1944 Tod in Auschwitz

Gedenken

Gedenkstein der Synagogengemeinde Unna auf dem alten Westfriedhof

1.6.2005 Page of Testimony für Grete, Ellen, Ruth Weisner von Mike Redel, Researcher

23.9.1912 162 Stolpersteine für die Bewohner des Israelitischen Altersheim, so auch für Grete, Ellen und Ruth; vor dem ehemaligen Israelitischen Altersheim in Unna

Ruth-und-Ellen-Weisner-Gasse in Unna

Stolperstein für den Bruder Walter Rosenberg in Unna, Gerh.-Hauptmann-Straße 8

9.9.2022 Hinweisschild vor dem ehem. Jüdischen Altersheim zu den 162 Stolpersteinen

Quellen

Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de989584

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de989581

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de989592

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/131787157

Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_43a.html

https://yvng.yadvashem.org/ad

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_1.jpg

Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7

Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013

Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998

www.80jahrepogrom.jgpb.de/erwin-angress/

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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