Liselotte Lilo Hertz
*17.7.1918 in Coesfeld; ✡ 22.7.2008 in Dortmund
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Albert Abraham Hertz *24.2.1881 in Coesfeld ; ✡ 21.1.1955 in Osnabrück
Heirat der Eltern 17.11.1917 in Schlüsselburg
Mutter Paula Hildesheimer * 25.4.1892 in Schlüsselburg; ✡ 18.7.1974 in Flushing
Gerd, Paula, Lieselotte, Siegfried, Fritz Löw und Albert Hertz
Geschwister
Gerd Hertz *10.9.1924 in Coesfeld; ✡10.6.2000 in West Nyack, NY
Siegfried Fred Hertz *4.3.1921 in Coesfeld; ✡31.10.2007 in Durham, NC
Cousins
Rudolf und Leo Stern, die Besitzer des Hachschara-Hofes Westerbeck bei Westerkappeln
Beruf Landwirtschaftliche Praktikantin
Adressen Coesfeld, Daruper Straße 4;
Münster; Köln; Werkdorp Wieringen Nieuwesluizerweg 42, Slootdorp
Heirat
1. Ehe in Haifa mit Fritz Ephraim Löw *1.1.1916 in Köln; ✡24.4.2014 in Almagor
2. Ehe mit Fritz Myrtill Wertheimer *10.9.1911 in Rastatt; ✡2.4.1974 in Dortmund
Kinder
Michael Shlomo Löw *7.7.1941 in Haifa; ✡24.12.2019 in Phoenix
Weiterer Lebensweg
Dezember 1932 1932 Rudolf und Leo Stern kaufen den späteren Hachschara-Hof Westerbeck in Westerkappeln
1934 in Münster
1934 Liselotte wird von der staatlichen Aufbauschule für Mädchen in Coesfeld verwiesen
4.8.1934 Passausstellung in Coesfeld
1934 Wechsel auf die Hildegardis-Schule nach Münster, wurde zum Abitur nicht zugelassen
Massive Repression durch SA gegen den vermögenden Vater, Viehhändler in Coesfeld:
„Albert Hertz wurde schon in den Jahren 1934/35 mehrfach von Gruppen von 6 – 8 SA-Leuten mit tätlicher Gewalt bedroht. Sie stellten in Aussicht, ihn zu verhaften oder ihm sonst einen Schaden zuzufügen, wenn er sich nicht bereit erklärte, ihnen eine erhebliche Summe Geld zu übergeben. Als der Nachbar Heinrich Stange, von der Familie Hertz zur Hilfe gerufen, von der Erpressung erfuhr, wagte er es sich einzumischen. Er war als Eisenbahnbeamter im Besitz einer Dienstpistole und konnte sich so Respekt verschaffen. So blieb es bei einer Übergabe von 1500 RM an die SA-Banditen ohne weitere schwerwiegende 145 Folgen. Vom Schmiedemeister Josef Bücking, Münsterstraße 24, kann berichtet werden, dass er in einem Gespräch mit Albert Hertz, in dem dieser über Drangsalierungen der SA-Leute geklagt hatte, ihm seine Hilfe angeboten hätte. Diese wurde bald darauf erforderlich, als einer der Söhne von Albert Hertz gelaufen kam und ihn flehentlich um Hilfe bat, weil die SA-Männer seine Eltern ermorden wollten. Josef Bücking lief los, und gab auch am 1. Oktober 1950 in einer eidesstattlichen Erklärung zu Protokoll, dass er noch den Polizisten Hubert Geyr, der in der gegenüberliegenden Haustür an der Münsterstraße 40 stand, aufforderte, sich ihm anzuschließen, was dieser aber ablehnte. So griff nach eigenen Worten „beherzt und handgreiflich“ der Schmied Josef Bücking in das Geschehen um Albert Hertz ein und konnte die weitere Eskalation von Gewalt verhindern. Nach Übergabe von 2000 RM zogen die SA-Leute sich zurück.“ (D. Westendorf, Schicksal der Coesfelder Juden)
Ostern 1935 nach vier Jahren Volksschule Eintritt von Bruder Gerd Hertz in das Gymnasium; bereits 1935 wieder abgegangen, dann wierum Volksschule (1936/37) und dann bis zur Flucht mit der Jugend-Alija im September 1938 auf die jüdische Schule in Münster
Ostern 1937 Bruder Fritz muss das Gymnasium Nepomucenum Coesfeld nach der 10. Klasse verlassen
2.1.1936 Fritz Löw mit Bruder Josef aus Köln ins Werkdorp Barsingerhorn
13.2.1936 Liselotte H. von Köln zur Hachschara ins Werkdorp Wieringen Nieuwesluis, vermittelt durch die „Stichtung Joodse Arbeid“ mit einer Gruppe des Hechaluz
13.2.1936 Liselotte Herz mit Fritz Löw angemeldet im Werkdorp Nieuwesluis
1.1.1938 Liselotte und Fritz Löw auf der Mitgliederliste des Hechaluz für das Werkdorp
September 1938 Gerd mit der Jugend-Alijah nach Haifa,
Ende August 1939 Flucht der Eltern mit dem Zug von Coesfeld nach Köln und weiter nach Rom, dann mit dem Flugzeug nach Palästina
2.1.1938 Ummeldung aller Bewohner von Barsingerhorn nach Wieringen (formaler Akt)
1938 Emigration von Liselotte Herz mit Fritz Löw nach Palästina
14.3.1938 Ankunft in Haifa mit Arbeiter-Zertifikat des Hechaluz Kategorie C/L
10.11.1938 Novemberpogrom in Coesfeld (Westendorf, Schicksal der Coesfelder Juden):
„Bei Albert Hertz wurden nach den Erinnerungen seines Sohnes Siegfried die Möbel zerstört, der Flügel in Stücke gehackt und die Gläser mit dem Eingemachten zerschlagen und in der ganzen Wohnung verteilt. Anschließend sollen die Randalierer Waschmittel darüber gestreut haben, um es ungenießbar zu machen.“
26.8.1939 Eltern und die Brüder Gerd und Fred emigrieren über die Niederlande nach Palästina
November 1939 Bruder Fritz Hertz konnte mit Hilfe des Jewish Comité for Refugees Amsterdam Ende auf einer abenteuerlichen Route von Amsterdam über Paris, Marseille, Genua und Rom nach Haifa entkommen
1949 Vater Albert kehrt zurück nach Deutschland, zunächst nach Coesfeld, dann zu seinem Neffen Rudolf Stern in Osnabrück
1954 und 1956 die Brüder Gerd und Fred emigrieren aus Israel nach New York
1957 Nach dem Tod des Vaters in Osnabrück kommt Lieselotte Wertheimer mit Ehemann Fritz nach Osnabrück
11.5.1960 Emigration der Mutter in die USA
Engagement zum Aufbau der SG Dortmund und in der Villa ten Hompel in Münster
2.4.1974 Tod von Ehemann Fritz Wertheimer in Dortmund
22.7.2008 Tod von Liselotte Wertheimer in Dortmund
Grabstein für den Vater auf dem Johannis Friedhof, Osnabrück, angefertigt von Steinmetz Georg Kestel im Auftrag des alten Nachbarn Heinrich Stange aus Coesfeld
Beisetzung in Coesfeld
Quellen
Dieter und Hans-Jochen Westendorf, Schicksal der Coesfelder Juden, 2013 im Eigenverlag
Wiedergutmachungsakten Landesarchiv NRW, K 204 Nr. 2143 (Albert Hertz), Nr. 4350 (Gerd Hertz) und Nr. 2668 (Siegfried Hertz)
Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.oorlogsbronnen.nl/mensen?personterm=Ontruiming%20Joods%20Werkdorp%20Wieringermeer