Leah Lola Sultanik
*28.12.1925 in Ksiaz Wielki, zwischen Kielce und Krakau; ✡13.6.2012 Netzer Sereni
Staatsangehörigkeit polnisch, staatenlos
Vater Avi Yechiel Sultanik ben Yoel Sultanik; ✡September 1942
Mutter Hinda bat Meir Luft; ✡1943 in Krakau
Geschwister
Hirsch-Leib Sultanik *1922; ✡September 1942 zusammen mit dem Vater ermordet.
Arie Dov Sultanik * 16.10.1927; ✡5.2.2015 in Mazor, Israel
Svin’ala Tova Sultanik *1930; ✡1943
Rachella Sultanik *1934; ✡1943

Schwager Chaim Meir Gottlieb *20.8.1917 in Kozlow; oo Rivka
Samuel Gottlieb *12.7.1924 in Kozlow
Beruf –
Adressen Ksiaz Wielki; Krakau; Gehringshof; Netzer Sereni
Heirat 14.6.1946 Abraham Gottlieb/Ahuvia*1.11.1921 in Kozlow; ✡2015 im Kibbuz Netzer Sereni
Kinder
Hila Ahuvia *17.3.1954; ✡28.6.2009 im Kibbuz Netzer Sereni
Ariel Ahuvia
Weiterer Lebensweg
Vater Chiel betriebt einen Schuh- und Lederladen
1.9.1939 Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen
Frühjahr 1940 zur Zwangsarbeit in einen Bauernhof der deutschen am Flugplatz in Krakau
August 1940 Räumungsbefehl für das Ghetto Krakau
29.9.1942 Deportation der Juden von Kaschvinz und Umgebung statt. In der Nacht wurden Vater Chiel und Bruder Hirsch ermordet. Lola Sultanik berichtet:
„Sie stürmten mit den Volks-Deutschen herein, die Deutschen mit Hübner, und fragten, wo der Bruder sei. Wir sagten, er sei draußen. Dann brachten sie meinen Vater nach draußen und erschossen ihn an der Tür. Neben dem Abort. Die Kinder fingen an, fürchterlich zu schreien, und so, und ich wollte raus, doch der Deutsche richtete die Waffe auf mich und ließ mich nicht. Und sie kamen zurück, und sie suchten den Bruder, und sie fanden ihn, und sie erschossen ihn auch.“
Selektion von etwa 1000 kräftigen Männern, die mit Güterwaggons in das Zwangsarbeiterlager Plaszow transportiert werden
30. 8.1942 Ihre Mutter wird mit der Frau des Bruders Leib über Miechow nach Krakau deportiert
September 1942 Vor der zweiten Vertreibung flüchtet sie aus Ksiaz Wielki. Später sind alle im Ghetto Krakau.
Winter 1942 wechselt sie in das jüdisches Zwangsarbeitslager JULAG III in Prokocim Biezanow bei Krakau; JULAG III war das Frauenlager; JULAG I bei Plaszow; JULAG II das Männerlager, wo die Brüder Abraham und Chaim Gottlieb waren
13.3.1943 endgültige Liquidierung des Ghetto Krakau, zuvor wurde ein Attentat auf das in der Stadt nur Deutschen vorbehaltene Café Cyganeria verübt. Mutter und Geschwister kommen um.
Im JULAG I wird sie im Krankenrevier des Lagers von ihrer Freundin Ida Koniecpolska besucht.
Deportation ins das Zwangsarbeitslager HASAG Werk C in Skarzysko-Kamienna, Munitionsfabrik; bereits 1939 hatte der Leipziger Rüstungskonzern HASAG (Hugo Schneider AG) drei polnische Rüstungswerke übernommen: Skarżysko-Kamienna, Kielce und Tschenstochau.
Lola Ahuvia berichtet von einer Kontaktaufnahme mit den Brüdern Abraham und Chaim Gottlieb:
„Dann kam jemand, ein jüdischer Polizist, und suchte mich: ‚Lola Sultanik, gibt es eine Lola Sultanik auf diesem Transport?‘ Ich sagte: ‚Das bin ich.‘ Ich hörte kaum, was er mit mir sprach: Es gibt zwei Brüder, die dich suchen und nur nach dir suchen. Und er flüstert mir zu, dass einer der Brüder gesagt hat, dass ich sein bin, dass ich seine Frau bin; Und der andere sagte das über Rita, über meine Freundin. Ich wusste nicht, dass sie am Leben waren, das waren Typen, die in unserem Haus lebten, ich meine, nachdem sie von irgendwoher kamen, ich glaube, sie kamen aus Deutschland, flohen sie. Sie lebten mit uns in einem Zimmer. Und dieser Polizist, Zielonka, flüsterte mir zu, dass ich ja sagen solle, also sagte ich ja, und wir gingen beide glücklicherweise zu Werk A.“

4.8.1944 Von Skarżysko-Kamienna wird sie zusammen mit Ida Koniecpolska in das von SS-Frauen geführte Außenlager von Buchenwalder HASAG in Leipzig verlegt, Code H.L, im Stammlager Buchenwald erfolgte nur die Registrierung, keine Aufnahme ins Lager

Von Leipzig gehen sie auf den Todesmarsch
Lola Ahuvia (Sultanik) schreibt:
„Wir verließen Leipzig zu Fuß, eskortiert von SS-Männern mit Hunden, es war verboten, aus der Reihe zu tanzen. Wir liefen kilometerweit, jeden Tag des Tages, und nachts blieben wir in den Schützengräben am Straßenrand, auf der Decke oder auf dem Boden.“
Auf dem Marsch können sich sechs Mädchen (Lola, Rita, Steffi, Genia) unbemerkt absetzen und gehen nach Westen der US Army entgegen. Sie kommen in ein polnisches Lager und machen sich dann nach Buchenwald auf.
Kibbuz Buchenwald I auf dem Hof Egendorf
Von Buchenwald gehen sie Ende Mai auf den Hof Egendorf:
Im Juni 1945 kamen wir im Kibbuz Eggendorf an. Er hatte nur wenige Freunde, sechzehn. Unter ihnen war Avraham, er mit zwei Brüdern. Es waren also zwei Mädchen, und wir sechs kamen dazu. Und es waren religiöse und weltliche Männer, alt und jung.
Mai 1945 Gründung des Kibbuz Buchenwald auf dem Hof Egendorf, ein von der US-Army beschlagnahmter und den Buchenwald Häftlingen zur Verfügung gestellter Bauernhof bei Blankenhaim/Weimar.
Mai/Juni 1945 Abraham, Samuel und Chaim im Kibbuz Buchenwald I in Thüringen
Abraham Gottlieb notiert in seinem Tagebuch zum Ideal der Einheit als Grundlage von NOHAM
„Und damit wollen wir unser gemeinsames Leben demokratisch organisieren, dass die Rechte Toleranz gegenüber der Linken zeigt und umgekehrt, dass die Säkularen die Religiösen tolerieren und umgekehrt.“
Kibbuz Buchenwald II – Gehringshof
24.6.1945 wegen der Übergabe Thüringens an die „Rote Armee“ wechseln die Brüder mit allen Kibbuzim auf den Gehringshof bei Fulda in der Amerikanischen Zone,
24.6.1945 53 Chawerim aus Eggendorf auf den Gehringshof; Abraham Gottlieb in seinem Tagebuch:
„Wir kamen mit 53 Freunden nach einer stundenlangen Fahrt in einem Bus und zwei LKWs auf einer Berg- und Talstraße nach Geringshof bei Fulda an.“

August 1945 Lola, Abraham mit Bruder Chaim auf dem Gehringshof; Abraham Gottlieb als Leiter des Kulturkomitees gewählt

August 1945 mit Arbaham und Chaim auf der Parisliste der nach Marseille gereisten Maapilim

1945 registriert im DP Center vermutlich Zeilsheim
8.9.1945 Ankunft auf der SS MATAROA von Marseille in Haifa
Lola Sultanik:
„Als ich den Berg sah, dachte ich, der Traum meiner Eltern und Großeltern sei endlich wahr geworden! Hier gelingt mir, was meinen Verwandten nicht gelungen ist.“
September 1945 wenigen Tagen aus dem Camp Atlith entlassen
Kibbuz Buchenwald III in Palästina
8.9.1945 Ankunft der 78 Chaluzim in Haifa auf der SS MATAROA mit Arbeiterzertifikat C/L
Nach kurzem Aufenthalt im britischen Internierungscamp Atlith gehen viele in den Kibbuz Afikim, , nachdem durch die Briten die Zahl der noch ausstehenden Zertifikate entsprechend gekürzt wurde.
Die erste Kibbuz-Versammlung in Afikim mit Berichten der Chaluzim wird zur großen Enttäuschung:
Elias Grynbaum : „…aber sie verstanden uns überhaupt nicht.“
Lola Sultanik (Ahuvia) fügte hinzu:
„Meine Freunde hörten die Geschichten, aber ich weiß nicht, ob sie es überhaupt hören wollten. Als ich glaubte, dass sie mir nicht glaubten, hörte ich auf zu erzählen.“
April 1946 Pessachfest (2.-10.4.1946) Begrüßungsfeier im Kibbuz Afikim für die zweite Gruppe von ca 60 Pionieren, die aus dem Gehringshof mit der TEL HAI nach Haifa gekommen waren
Lola Sultanik erinnert sich:
„Ich servierte das Essen denen, die sich nur koscher ernährten, und jede Woche musste ich immer weniger Gerichte auf den Tisch bringen. Nicht, weil sie anfingen, Afikims Essen zu essen, sondern weil es nicht mehr viele religiöse Juden im Kibbuz gab.“
14.6.1946 Lola Sultanik erzählt von der Hochzeit von 5 Brautpaaren am See Genesareth, unter anderen auch Aharon Bacia und Rita Kuperberg
„Ich erinnere mich: Es gab fünf Hochzeiten zusammen, und Avram war der älteste Bräutigam, und der Rabbi, der auch Schochet war, wusste nicht, dass wir keine Familie hatten, und sagte, sie sollten mich zum Altar führen, und ich hatte keinen einzigen Verwandten, also fing ich an zu weinen, bis Avram es einem Freund dort erzählte und er und seine Frau mich die Chuppa hinunterführten.“
7.9.1947 Ankunft einer ersten Gruppe von 16 Chaluzim aus der Kibbuz Buchenwald-Gruppe in Afikim nach Rishon LeZion, da ihnen dort Arbeit im benachbarten Kibbuz Revivim versprochen wurde; Unterkunft im Bernstein-Haus, wo sie vom Sekretär des Arbeiterrates, Genosse Goldman vom benachbarten Kibbuz Revivim freundlich begrüßt werden, Arbeit gibt es aber zunächst nur sehr wenig. Es gibt auch zu wenig Wohnraum, so dass die zurückgebliebenen ca 60 Buchenwalder erst am 23.12 1947 im benachbarten Nahalat Jehuda untergebracht werden können
9.5.1948 Besetzung der von den Briten geräumten Spohn-Farm durch die Givʿati-Brigade Namensgebung nach dem Verwalter der Jahre 1894-1917 Matthäus Spohn, arabischer Name „Bir Salim“)
14.5.1948 Unabhängigkeits-Proklamation durch David Ben Gurion, Staatsgründung Israel und Beginn des Unabhängigkeitskriegs
Mai/Juni 1948 Mitglieder des Kibbuz erhalten den militärischen Auftrag die benachbarte verlassene Spohn-Farm zu verteidigen
20.6.1948 die erste Gruppe von sechzehn Mitgliedern des Kibbuz Buchenwald, bewaffnet mit tschechischen Gewehren, auf die Spohn-Farm; nach 3 Monaten Kriegsdienst konnten die Verteidiger der Farm ihre Frauen und Kinder nachziehen; später beantragen sie bei der Sochnuth, dass ihnen die Farm in Erbpacht zugesprochen wird.
Neben den landwirtschaftlichen Projekten wird eine Metallwerkstatt und eine Fabrik zur Herstellung von Eisenbetten eröffnet.
7.5.1949 Aufnahme des Kibbuz Buchenwald in Kibbuzverband HaKibbuz haMe’uchad;
11.6.1949 Beschluss zur Änderung des Namens auf Vorschlag von Ephraim Dekel in Netzer (נֵצֶר ‚Spross‘)
1951 Nach Spaltung des Verbandes Zuzug einer Siedlergruppe aus Giv’at Brenner, u.a. Ada Sereni, der Witwe des Givat-Gründers Enzo Sereni
1992 arbeitete sie im Bekleidungslager des Kibbuz
1.9.2015 Tod im Kibbuz Netzer Sereni
Beisetzung auf dem Friedhof des Kibbuz Netzer Sereni
Quellen
Judith Tydor Baumel, Kibbuz Buchenwald, Hrsg. Kibbuz HaMeuhedet, Tel Aviv 1994
Zeugnisse aus dem Tal des Todes, Veteranen des Kibbuz Netzer-Sereni erzählen; Oranit Verlag, 1998
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5991115
https://newrepublic.com/article/151061/road-buchenwald
https://www.jewiki.net/wiki/Netzer_Sereni
https://de.wikipedia.org/wiki/Netzer_Sereni
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BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)
Lola Ahuvia, autobiografische Erinnerungen in: Zeugnisse aus dem Tal des Todes, Veteranen des Kibbuz Netzer-Sereni erzählen; Oranit Verlag, 1998
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/81989940