*27.6.1901 in Gelsenkirchen; ✡ Juli 1981 in New York
Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos
Vater Moritz Voosen *31.5.1877 in; ✡25.10.1932 in Gelsenkirchen
Heirat der Eltern in Salzkotten am 7.11.1900
Mutter Rosalie Blumenfeld *17.4.1874 in Salzkotten, Büren; Ghetto Warschau
Großvater Hermann Voosen *1943 in Wevelinghoven
Großmutter Jeanette Fuchs
Tante Karoline Baum geb. Voosen *13.1.1879 in Gelsenkirchen; ✡nach April 1942 Zamosc
Cousin Heinz Baum *9.9.1912 in Herne
Geschwister
Erna Voosen *19.7.1902 in Gelsenkirchen; ✡ ?; oo Leo Herpe (*13.8.1904 in Kolmar)
Erich Voosen *29.10.1904 in Gelsenkirchen; ✡1977; Marie Kornhauser
Beruf Kaufmann
Adressen Essen, Rotthauser Straße 48, Klosterstraße 13, Augustastraße 7
Heirat Flora Katz *27.3.1909 in Wildungen; ✡21.10.1989 in New York
Kinder Mathel Voosen *14.5.1939 in Gelsenkirchen; November 1943 Riga->Auschwitz
Weiterer Lebensweg
1907 Einschulung, Jüdische Volksschule, Ringstraße 44
1915 Umzug der Familie in die Klosterstraße 13
1917 Not-Abitur
1917-1918 Kriegsfreiwilliger; kein Eintrag in den Preuß. Verlustlisten
1919-1920 Angestellter in einer Handelsfirma
1920 Eintritt in die väterliche Firma Moritz Voosen und Söhne (Metzgereibedarf)
16.11.1930 mit Vater Moritz auf der Wahlliste zur Gründung der liberalen jüdischen Synagogengemeinde
12.4.1932 Konkurs der Fa. Moritz Voosen und Söhne
11.12.1933 Bruder Erich emigriert nach Palästina
1935 vermutlich im Vorstand des Jüdischen Sportvereins Hakoah Schild im RjF Gelsenkirchen; die Stelle bekommt Isidor Philipp aus Recklinghausen
27.3.1937 Einreise von Schwester Erna in Haifa mit Hechaluz Arbeiterzertifikat Kategorie C/L
14.5.1939 Geburt von Tochter Mathel im Elisabeth-Hospital in Erle
17.5.1939 Hermann, Flora und Mathel und Rosalie Voosen in Gelsenkirchen, Klostersteraße bei Minderheiten-Volkszählung; Flora und Mathel Voosen auch im Elisabeth-Hospital in Erle erfasst.
1939 Zwangseinweisung in das Judenhaus Augustastraße 7
1939 Zwangsarbeit im Straßenbau
1941 Arbeit in der Bezirksstelle Gelsenkirchen der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD
Deportation der Mutter nach Warschau
3.3.1941 Mutter Rosalie auf dem Transport Gelsenkirchen-Münster Warschau
Die Deportation nach Riga
November 1941 erste Ankündigung der bevorstehenden „Evakuierung“ in den Osten; im Dezember zurückgestellt wegen mangelnder Kapazität der Reichsbahn infolge Weihnachtsurlabe der Wehrmacht
Anfang Januar 1942 Ankündigung des neuen Deportationstermin durch die Gestapo
23.1.1942 Verbringung der Gelsenkirchener Juden in die Ausstellungshalle am Wildenbruchplatz
Die Chronik der Stadt Gelsenkirchen verzeichnet für den 27. Januar 1942:
„In den städtischen Ausstellungshallen ist ein Judensammeltransport zusammengestellt worden. Es handelt sich um 506 Juden aus dem Präsidialbezirk Recklinghausen, die heute nach den Ostgebieten evakuiert werden. Unter ihnen befinden sich 350 Personen aus Gelsenkirchen. Vorerst verbleiben in unserer Stadt noch 132 meist alte und kränkliche Juden“.
Hermann Voosen schreibt:
„Am 22. Januar wurden dann die Betroffenen von zu Hause mit Bussen abgeholt und zur Ausstellungshalle gebracht. Die Juden aus Recklinghausen und Dorsten, angeführt von Dr. (Willi) Stern, kamen auch dazu. Mir wurde die Verantwortung für den Transport übertragen.“
27.1.1942 Transport ab Gelsenkirchen über Dortmund nach Riga-Skirotawa
Hermann Voosen, Transportführer und Judenältester Gelsenkirchener Teil (Westfalen I)
Walter Elsbach, Transportführer der Dortmunder Gruppe (Westfalen II)
1.2.1942 Ankunft Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga
Hermann Voosen berichtet:
„Dr. Willy Stern, seine Schwester, Frau Hedwig Baum, nebst Sohn Karlheinz und Frau sowie Fanny Hirschberg, alle aus Recklinghausen, teilten mit mir die Wohnung.“
Hermann Voosen zusammen mit Dr. Stern in Riga Judenälteste der Gruppe Dortmund
4.5.-4.7.1942 Hermann Voosen mit 300 Männern aus dem Ghetto in das Aufbaulager Salaspils; reduziert auf 300 von geforderten 500 nach Protest von Ghetto-Kommandant Krause
2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos; Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung; Kommandant des KL Kaiserwald Sturmbannführer Albert Sauer
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Das Armeebekleidungsamt 701 in Mühlgraben und Libau
Ende Oktober 1943 mit Frau Flora im ABA 701 in Mühlgraben zunächst als Außenkommando
2. November 1943 Auflösung des Ghetto Riga; Hermann Voosen schreibt:
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8.-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig
28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig
29.9.- 3.10.1944 140 Zwangsarbeiter des ABA 701 mit dem Frachtschiff „Sanga“ nach Libau, Lettland
13.-14.10. 1944 Die letzten 50 Männer, 10 junge Frauen mit der „Drechtdijk“ auch „Drächtig“ nach Libau
SS-Sonderlager Libau in Lettland, Arbeit im Hafen, Be- und Entladen von Schiffen
22.10.1944 Fliegerangriff auf Libau mit zwei Toten unter den Häftlingen
22.12.1944 schwerer russischer Bombenangriff auf die besetzte Stadt, 13 Lagerinhaftierte kommen um
19. 2. 1945 200 Häftlinge von Libau auf dem mit Granaten- und Patronenhülsen beladenen Kohlefrachter „Balkan“ über die Ostsee erst Richtung Lübeck, wegen Bombenangriffen umgeleitet nach Hamburg;
10 junge Männer bleiben bei der SS in Libau zurück und werden am 9.5.1945 in Libau befreit
27.2.1945 Ankunft in Hamburg, von der Gestapo in Gefängniswagen vom Hafen nach Fuhlsbüttel
27.2.1945 – 11.4.1945 Polizeigefängnis Fuhlsbüttel „Kola-Fu“, Zuchthaus und Konzentrationslager
12.-15.4.1945 86 km Fußmarsch nach Kiel, ins „Arbeitserziehungslager“ (AEL) „Nordmark“ in Hassee, Außenlager des KL Neuengamme in Kiel.
Rettungsaktion „Graf Bernadotte“ durch das Schwedische Rote Kreuz
Nach Verhandlungen des schwedischen Graf Bernadotte und Norbert Masur vom World Jewish Congress, Stockholm mit Heinrich Himmler nahe Berlin werden u.a. 153 jüdische Häftlinge und ihre Kinder nach Schweden freigelassen.
1.5.1945 153 Juden mit weißen Bussen des Roten Kreuz nach Pattburg, Dänemark, Entlausung in der Quarantänestation; weiter mit dem Zug nach Kopenhagen
2.5.1945 mit der Fähre nach Malmö; erste Quarantäne ca. 10 Tage
4.5.1945 Befreiung des AEL Nordmark Hassee durch britische „Royal Army“
30.5.1945 Hermann und Flora Katz im Flüchtlingsaufnahmelager Rosöga, Strängnäs; er schreibt den erhaltenen Brief an Leo Gompertz, aus dem die meisten hier zitierten Berichte stammen.
Flora und Herman Voosen, die Brüder Ernst und Max Metzger, Lina und Edith Kugelmann waren erst in Rosöga, dann Tynningö und Kummelnäs, später in Ryds Brunn.
Hermann und Flora Voosen zuletzt in Tynningö
17.-28.11.1945 Oslo New York mit SS Stavangerfjord
Ziel ist Schwager Lothar Katz
Kaum in New York wird er schon in das von Leo Gompertz gegründete Relief Comittee for Jews in Gelsenkirchen gewählt
Quellen
http://www.gelsenzentrum.de/wahlliste_juedische_1930.htm
https://www.mappingthelives.org
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn709512?rsc=202866&cv=0&x=977&y=1335&z=1.8e-4
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7032); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT420127-Gelsenkirchen15.jpg
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT420331Gelsenkirchen2.jpg
Bernd Philipsen, Fred Zimmak, Hrsg., Wir sollten leben, Novalis 2020
Dietlind Kautzky, Thomas Käpernick Hrsg., Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden VSA 2020
Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011
Christin Sandow (Hrsg.), Käthe Fries, Schießen Sie mich nieder, Lukas Verlag 2017
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008, Seite 127
Gertrude Schneider, Exile and Destruction, The Fate of the Austrian Jews 1938-1945; Praeger 1995
Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984
Anita Kugler, Scherwitz – Der Jüdische SS-Offizier, 2017
Mein besonderer Dank gebührt Fred Zimmak für die großzügige Unterstützung meiner Recherchen.