Dobrzyner Manfred

Manfred Dobrzyner

*29.10.1920 in Berlin; ✡ 11.8.1941 in Mauthausen

Staatsangehörigkeit Niederlande

Religion jüdisch

Vater Levie Leopold Dobrzyner *8.9.1887 Amsterdam; ✡ 21.5.1943 in Sobibor

Mutter Regina Klein *24.8.1886 in Berlin; ✡21.5.1943 in Sobibor

Schwester Hansje, die Eltern und Manfred in Hilversum; Foto J. Douglas

Geschwister

Werner Dobrzyner *22.5.1919 in Berlin; ✡ 22.4.1941 im KL Buchenwald

Zwillingsschwester Dobrzyner *22.5.1919 Berlin; ✡ August 1919 in Berlin

Johanna Hansje Dobrzyner *1925 in Berlin; ✡13.8.2002 in Glasgow; oo Douglas

Beruf Kaufmännischer Angestellter

Adressen Berlin; Amsterdam, Nieuwe Herengracht 107-II

Heirat ledig

Kinder

Weiterer Lebensweg

Vater Levie als 4 -Jähriger mit den Eltern von Amsterdam nach Berlin verzogen

1935 Auflösung des Konfektionsgeschäftes in Berlin

10.4.1935 Umzug von Berlin nach Amsterdam

Die Irrfahrt der ST. LOUIS

13.5.-17.6.1939 sieben Verwandte mütterlicherseits befinden sich auf der SS ST. LOUIS von Hamburg nach Havanna, wo sie nicht landen dürfen und zurück nach Rotterdam müssen.

18.6 1939 – 9.8.1939 die Rückkehrer zunächst in der ehemaligen Quarantänestation Heijplaat, Rotterdam; letztlich kommen sie in die Niederlande

9.8.1939 Amsterdam Lloyds Hotel Handelskade

Die erste große Razzia in Amsterdam – Februari Groep- Mauthausen

11.2.1941 Schlägerei im Jüdischen Viertel am Waterlooplein; der WA-Opperwachtmeester Hendrik Koot (vergleichbar mit SA) wird tödlich verletzt

Verhaftung von 18 Jungen u a. David „Lard“ Zilverberg Amsterdam *11.04.1916; ✡5.2.1942 Mauthausen; 12.2.1941 Befehl zur Bildung des Joodse Raad

14.2.1941 Tod des WA-Opperwachtmeester Hendrik Koot

Kurz darauf werfen Unbekannte die Scheiben des Eissalons Koco ein. Er gehört Ernst Cahn und Alfred Kohn, zwei Juden, die aus Deutschland geflüchtet sind. Gäste bilden daraufhin eine Schutztruppe, um den Laden zu beschützen.

19.2.1941 Sturm auf eine Eisdiele durch die deutsche Ordnungspolizei, dieser wird Ammoniakgas ins Gesicht gesprüht. Die Besitzer des Eissalons Koco werden schwer bestraft. Ernst Cahn wird am 3. März 1941 von den Deutschen auf der Waalsdorpervlakte hingerichtet. Alfred Kohn kommt in Auschwitz um.

22. Februar 1941 führte die Sicherheitspolizei eine erste Razzia in Amsterdam durch, bei der 425 jüdische Männer verhaftet wurden. Werner und Manfred Dobrzyner begleiten zufällig zwei Cousinen bei einer Führung durch das Alte jüdische Viertel, als sie festgenommen und zum J.D.Meyerplein getrieben werden.

Auch Werner und Manfred Dobrzyner werden ins Sammellager Schoorl gebracht .

24. bis zum 27.2.1941 Generalstreik mit Unterstützung der kommunistischen Partei

27.2.1941 Transport der „Februari Groep“ von Schoorl nach Alkmaar

28.2.1941 389 Männer von Alkmaar „zur Sonderbehandlung“ in das KL Buchenwald transportiert

Manfred Dobrzyner erhält die Buchenwald-Häftlings-Nr 3975; Baracke 17;

Werner Dobrzyner erhält die Buchenwald-Häftlings-Nr. 3758; Baracke 17;

7.3.1941 beide Brüder im Arbeitskommando 41 Straßenbau „Lagerstraße“

14.3.1941 Bruder Werner versetzt in das Arbeitskommando 44 Maurerkommando zum Bau der SS-Kaserne

22.4.1941 Tod von Werner Dobrzyner im Häftlingskrankenbau HKB von Buchenwald; unterschrieben ist die Todesmeldung vom Sanitätsdienstgrad SDG SS-Oberscharführer Wilhelm; Wilhelm hatte die pflegerische Leitung im HKB; er war dafür berüchtigt, dass er schwerkranke Häftlinge mit Phenolinjektionen „abspritzte“, teilweise noch bevor sie ein Bett im Revier belegen konnten. 46 Gefährten aus der Februari Groep sind auf diese Weise ermordet worden.

Jaroslav Bartl, ein Häftlingspfleger berichtet:

„Der Sanitäter Wilhelm brachte schwache und kranke Häftlinge gleich am Eingang in die Baracke um – viele von denen, die als Kranke nach Block 61 geschickt worden waren, starben, ohne die Baracke jemals gesehen zu haben.“

Deportation nach Mauthausen

22.5.1941 341 Juden von Buchenwald „zur Sonderbehandlung“ nach Mauthausen

Mai 1941 Bruder Manfred wurde mit 691 Männern, davon 341 niederländische Juden in das Konzentrationslager Mauthausen verlegt; bis auf zwei Überlebende wird die gesamte „Februari Groep“ ermordet, vor allem durch die mörderischen Bedingungen im Steinbruch von Mauthausen. Eugen Kogon beruft sich auf Berichte von Mauthausen-Häftlingen:

„Am zweiten Tag nach Ihrer Ankunft wurden die Juden in den Steinbruch gejagt. Sie durften die 148 Stufen, die in die Tiefe führten, nicht hinuntergehen, sondern mussten im seitlichen Steingeröll hinunterrutschen, was vielen bereits den Tod oder zumindest schwere Verletzungen eintrug. Man legte Ihnen dann die zum Steintragen bestimmten Bretter über die Schultern, und zwei Häftlinge wurden gezwungen, jedem Juden einen überschweren Stein auf das Brett zu heben. Dann ging es im Laufschritt die 148 Stufen aufwärts! Zum Teil fielen die Steine gleich nach hinten, so dass manchem Nachfolgenden die Füße abgeschlagen wurden. Jeder Jude, dem der Stein herunterfiel, wurde entsetzlich geschlagen, der Stein von neuem aufgeladen. Vielen verübten aus Verzweiflung gleich am ersten Tage Selbstmord, indem Sie sich von oben in die Tiefe stürzten. Am dritten Tag öffnete die SS ‘das Todestor’: man trieb die Juden unter furchtbaren Prügeln über die Postenkette, wo sie von den Turmposten mit den Maschinengewehren haufenweise niedergeschossen werden. Tags darauf sprang jeweils nicht mehr bloß einer der Juden in die Tiefe, sondern sie gaben einander die Hand, und der erste zog neun bis zwölf Kameraden hinter sich her in den schrecklichen Tod. Es dauerte nicht sechs, sondern knapp drei Wochen und der Block war judenleer.“

Häftlingseuthanasie in Schloß Hartheim – Code 14f13

3794 nicht arbeitsfähige und kranke Häftlinge der KL Mauthausen und Gusen wurden durch Selektion zum Tode verurteilt:

sie wurden in diesem Reichspostbus in die Tötungsanstalt Schloß Hartheim verbracht und unmittelbar nach Ankunft durch CO-Gas erstickt. Von der „Februari Groep“ waren dies mindestens 108 Männer (vermutlich aber 150). Bruder Manfred wurde in Hartheim am 11.8.1941 ermordet, die Sterbedaten gefälscht mit „2.9.1941 in Mauthausen“, offizielle Todesursache „Urethra-perineum“.

Diese abwegige Diagnose „Urethra-perineum“ (Harnröhrenöffnung im Beckenboden) gibt Anlass zur Vermutung, dass Manfred Opfer grausamer medizinisch sinnloser operativer Experimente wurde, die vom SS-Lagerarzt Aribert Heim 1941 in Mauthausen durchgeführt wurden. Heim war im Juli 1941 vom KL Buchenwald in das KL Mauthausen gewechselt. Auch soll er hunderte Häftlinge mit Phenol-Injektionen ermordet haben.

Gedenken

23.7.1941 Beisetzung von Werners Urne auf dem Jüdischen Friedhof in Diemen; der Familie wurde die Anwesenheit untersagt.

Mai1948 Zweite Beisetzung seiner Urne mit 26 weiteren Urnen auf dem Muiderberg

6.8.1886 Pages of Testimony für die Eltern und Brüder von Schwester Johanna Dobrzyner-Douglas in Glasgow

Quellen

https://www.amsterdam.nl/stadsarchief/themasites/razzia

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/50/Februari1941staking.gif

Eugen Kogon, Der NS-Staat, Der Untergang der holländischen Juden, S.213-215; Kindler 1974

https://www.mauthausen-memorial.org/assets/uploads/mauthausen-memorial-jahrbuch2011.pdf

https://de.wikipedia.org/wiki/Aribert_Heim

https://www.joodsmonument.nl/nl/page/187575/manfred-dobrzyner

https://www.amsterdam.nl/stadsarchief/themasites/razzia/manfred-dobrzyner

https://www.joodsmonument.nl/nl/page/395035/boek-selected-to-live

https://www.joodsmonument.nl/nl/page/187577/werner-dobrzyner

https://www.amsterdam.nl/stadsarchief/themasites/razzia/werner-dobrzyner

Hansje Dobrzyner, Autobiografie, ‚Te mogen léven!‘

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5765993

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5766003

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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