Bendorf Julius

Julius Bendorf

*4.1.1915 in Ober-Ramstadt, Darmstadt; ✡ 17.2.2016 in Los Angeles

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Josef Bendorf *27.2.1882 in Ober-Ramstadt; ✡Piaski Ghetto

Heirat der Eltern 1913

Mutter Dina Junker *27.3.1889 in Groß-Karben; ✡Piaski Ghetto

Großmutter Henriette Bendorf *21.2.1855 in Ober-Ramstadt; ✡24.10.1942 Theresienstadt; Witwe des Juda Bendorf

Onkel Moses Bendorf *12.1.1887 in Ober-Ramstadt; ✡Piaski Ghetto

Geschwister

Manfred Bendorf *5.9.1919 in Ober-Ramstadt; in Auschwitz

Beruf

Adressen Ober-Ramstadt, Darmstädter Straße 22; Paderborn; Bielefeld; Frankfurt; Chicago

Heirat 2.7.1961 in Chicago Jean Luise Liewen geb. Kosterlitz *30.5.1924-2015

Kinder

Toni Bendorf

Margo Bendorf

Weiterer Lebensweg

4 Jahre Volksschule, 3 Jahre Mittelschule, 6 Jahre Gymnasium

1929 Bar Mizwa

1936 im Vorbereitungskader für die Olympischen Spiele in Berlin als ausgezeichneter Hochspringer

10.11.1938 Novemberpogrom, Laden und Wohnung werden von der SA demoliert. Die Familie kann gerade noch durch den Hinterausgang fliehen.

17.5.1939 in Ober-Ramstadt mit den Eltern, Bruder Manfred und Großmutter Henriette bei Minderheiten-Volkszählung

23.6.1939 Vertrag zwischen der RVJD und der Stadt Paderborn zur Errichtung des Umschulungs- und Einsatzlagers Paderborn, Grüner Weg 86;

15.8.1939 aus Ober-Ramstadt mit dem Bruder angemeldet im Lager Paderborn

20.4.1940 Mit Bruder Manfred umgemeldet nach Bielefeld (Umschulungslager Schloßhofstraße)

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager Bielefeld“

25.3.1942 Transport der Eltern Mainz-Darmstadt ins Ghetto Piaski

27.9.1942 Transport XVII/1 von Henriette Bendorf und weiteren Verwandten von Darmstadt nach Theresienstadt

24.10.1942 Tod von Henriette Bendorf in Theresienstadt mit „Enteritis“

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.

27.2.1943 die Pforte des Lagers Paderborn wird von Polizisten bewacht, um Fluchten zu verhindern

1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Paderborn; mit der Bahn nach Bielefeld; mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz

Erwin Angress berichtet:

„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“

2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager

3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:

„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“

Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943

„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“

Julius zusammen mit Bruder Manfred eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, sie erhalten die Häftlingsnummern 104902 und 104 903

16.6.1943 Bruder Manfred erliegt einer erlittenen Verletzung in Auschwitz

18.1.1945 „Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge auf dem Todesmarsch über 80 km von Auschwitz nach Gleiwitz; Isidor Philipp berichtet:

„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“

„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“

26.1.1945 Ankunft im KL Buchenwald

26.1.1945 Ankunft im KL Buchenwald; Unterbringung in Block 58 mit seinem Freund Paul Hoffmann aus Iserlohn (ebenso in Paderborn, Bielefeld und Auschwitz-Monowitz)

17.2.1945 Nach Quarantäne Arbeitskommando „Stein“, Organisation Todt in Eschershausen

3.3.1945 Verlegung in Gatterwaggons ins Nebenlager Hecht, Organisation Todt in Holzen, Weserbergland zusammen mit Hans Moses, Wolfgang Meyerstein und Paul Hoffmann

In geschlossenen Güterwaggons aus Holzen zurück ins KL Buchenwald

Das Ende des KL Buchenwald

5.4.1945 Himmlers Befehl zur Evakuierung von Buchenwald (47500 Häftlinge);

6.-10.4.1945 Die SS beginnt mit der Evakuierung des Konzentrationslagers; etwa 28.000 Häftlinge des Stammlagers und mindestens 10.000 Häftlinge der Außenlager werden auf insgesamt 60 Marschrouten – meist zu Fuß – auf die Todesmärsche getrieben, 12000 (Schätzung) kommen auf diesen Märschen um.

6.4. 1945 von den ca. 6000 Juden im Lager, können etwa 3000 versteckt werden; 3105 Juden werden im Lager zusammengetrieben, in den Werkshallen der DAW (Deutsche Ausrüstungswerke) eingesperrt und Richtung Flossenburg in Marsch gesetzt

7.4.1945 Todeszug nach Dachau verlässt Weimar mit ca. 7000 Häftlingen

10.4.1945 9.280 Insassen haben an diesem Tag Buchenwald in zwei Kolonnen verlassen. Die SS kündigt für den folgenden Tag die vollständige Räumung des Lagers an.

Evakuierung des KL Buchenwald in Güterwaggons nach Theresienstadt, Flossenbürg und Dachau

10.4.1945 erneuter Todesmarsch mit Ziel KL Flossenbürg

12.4.1945 Paul Hoffmann kann auf dem Marsch unbemerkt allein in einen Wald flüchten

Julius Bendorf berichtet:

„Wir hatten nichts mehr zu essen und kauten Holz“,

„Die Sterbenden wurden am Straßenrand mit Benzin übergossen und angezündet.“

Er selbst wird von einer Gewehrkugel getroffen –

 „ich habe nur überlebt, weil ich auf dem Boden kauerte und die Kugel in meinem Knie landete, das schützend an mein Herz gedrückt war“

27.4.1945 Ankunft mit dem Todeszug in Dachau; Aufnahme ins Lagerlazarett

31.5.1945 Entlassung aus dem KL Dachau gemäß Beschluß einer alliierten Kommission

11.7.1945 im DP-Camp Gauting

12.7.1945 Ausstellung eines Certificate als Ausweis im DP-Camp Dachau

15.7.1946 in Frankfurt Elbestraße 14

Juli 1945 Wiedersehen mit Paul Hoffmann in Bielefeld, er humpelt wegen der Schußverletrzung

1.4.1950 bei US-Census als Untermieter bei der Deutschen Erna Meyer in Chicago

13.4.1954 Einbürgerung vor dem US-District Court in Chicago

7.12.2010 Interview mit Julius Bendorf von Brad Zarlin

Gedenken

13.3.2010 Stolpersteine für Julius Bendorf und seine Familie vor seinem ehemaligen Haus in der Darmstädter Straße 22 in seinem Beisein mit Töchtern und Enkeln

1.11.2006 Page of Testimony für Bruder Manfred und die Eltern von Julius Bendorf

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de839435

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de839429

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de839426

Interview mit Julius Bendorf, United States Holocaust Memorial Museum Collection https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn700442

www.stolpersteine-ober-ramstadt.com/julius-und-manfred-bendorf

https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_43a.html

https://collections.arolsen-archives.org/de/search/topic/1-1-5-3_01010503-001-029-259?s=Bendorf%201915

https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/11201542?s=Bendorf%201882&t=3409&p=0

Volkszählung 1950 der Vereinigten Staaten

Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7

Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013

Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998

www.80jahrepogrom.jgpb.de/erwin-angress/

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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