Hoffmann Paul

Paul Hoffmann

*14.10.1921 in Iserlohn; ✡ 11.2.2008 in Düsseldorf

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Julius Hoffmann *31.3.1888 in Hohenlimburg; Kaufmann; ✡1939

Julius, Paul, Mathilde, Selma Hoffmann (Foto Hoffmann)

Mutter Selma Weinberg *25.5.1889 in Breisach, Freiburg; ✡1943 in Auschwitz

Geschwister

Mathilde Hoffmann *5.11.1923 in Iserlohn; Überlebende; ✡12.11.1973

5.11.1923 geboren und am

Beruf

Adressen Iserlohn, Luisenstraße 9, Schützenhof 18;

Paul und Lotte Windmüller (Foto Hoffmann)

Verlobte Lotte Windmüller *9.7.1922 in Bielefeld

Kinder zwei

Weiterer Lebensweg

1928 – Ostern 1932 Jüdische Volksschule in Iserlohn

1932-1936 Katholische Mittelschule in Iserlohn

1.8.1936 bis 30.11.1938 Kaufmännische Lehre in dem später arisierten
Manufakturwarengeschäft Hermann Waldbaum in Iserlohn, Wermingserstr. 27

10.11.1938 Verhaftet im Novemberpogrom, „Schutzhaft“ im Gerichtsgefängnis Iserlohn

12.12.1938 aus dem Gerichtsgefängnis entlassen

1938 Schwester Mathilde, Kindertransport auf der SS Manhattan nach New York mit der German Jewish Children Aid, zusammen mit Manfred Goldwein aus Korbach

April-Sept. 1939 in Hamburg, Vorbereitungskurs, Handwerker-Schule

17.5.1939 in Hamburg Altona-Mitte, Holstentor bei Minderheiten-Volkszählung

17.5.1939 Eltern in Iserlohn bei Minderheiten-Volkszählung
21.9.1939 zum Arbeitseinsatz nach Lossow in der Nähe von Frankfurt/Oder verpflichtet

26.9. -17.11.1939 Zunächst nach Neuendorf, dann Ernteeinsatzlager in Lossow, Kreis Lebus

19.11.1939 aus Ahrensdorf, Beeskow ins Umschulungs- und Einsatzlager Paderborn, Grüner Weg

Februar 1940 zur Behandlung einer schweren Hauterkrankung ins Israelitische Krankenhaus Hannover

2.4.1940 auf sein Betreiben Wechsel ins Lager Bielefeld, Schloßhofstraße 73 a;

Daniel Hoffmann schreibt:

„Aus dem Umschulungslager Paderborn war seit 1940 eine größere Anzahl von männlichen Personen nach Bielefeld verlegt worden, Im Gegenzug wurden die zionistisch eingestellten jüdischen Männer im Schloßhof nach Paderborn verlegt.“

3.8.1942 Lotte Windmüller (spätere Verlobte), die vom Lager Bielefeld Koblenzer Straße 4 kommt

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

26. 2. 1943 Paul erfährt, dass seine Mutter aus Iserlohn am nächsten Tag ins Sammellager zur „Deportation in den Osten“ nach Dortmund muss. Der Saal der Gastwirtschaft Gerold am Brackeler Hellweg war in Dortmund die Sammelstelle für die etwa 300 zur Deportation bestimmten jüdischen Arbeiter und ihre Familienangehörigen aus dem Regierungsbezirk Arnsberg.

27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.

1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld; mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz; Paul Hoffmann und seine Verlobte Lotte Windmüller teilen sich die Saalgarderobe mit der Familie Rosenstein aus Warburg.

2.3.1943 Johanne Peppmöller begleitet ihre Pflegetochter Lotte und Paul Hoffmann zum Güterbahnhof Bielefeld; 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager.

 Seine Mutter Selma befindet sich im selben Transport aus Dortmund.

Eine in Neisse von Lotte und Paul aus dem Zug geworfene Postkarte an Johanne Peppmöller wird tatsächlich zugestellt. Im Weiteren kann Paul noch 50 weitere Briefe an „Peppe“ aus Auschwitz herausschmuggeln.

3.3.1943 Ankunft in Auschwitz; an der „Rampe“ sieht er zum letzten Mal Lotte Windmüller

Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:

„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“

Paul erhält nach der Selektion die Häftlingsnummer 104951 in den linken Unterarm tätowiert und wird für Transport- und Montagearbeiten auf der Werksbaustelle der I.G. Farben in Buna-Monowitz eingesetzt.

Transport- und Montagearbeiten auf der Werksbaustelle der I.G. Farben

Er überlebt mit Hilfe seines Freundes Heinz Giesener, Kapo im Kommando 90 und eines NSDAP Mannes der Gestapo.

Bis Februar 1944 war er insgesamt fünfmal im Krankenbau.

Februar 1944 bis Januar 1945 Schreibstube im Kalkulationsbüro des Bunawerkes vermittelt durch den mit ihm befreundeten Kapo Heinz Giesener mit dem er in Paderborn und Bielefeld war; Büroleiter Hans Schorr, ein NSDAP-Mitglied, hat ihn geschützt

18.1.1945 Todesmarsch über 80 km von Auschwitz nach Gleiwitz; Isidor Philipp berichtet:

„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“

Von Gleiwitz ging der Transport mit der Bahn weiter:

„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“

26.1.1945 Ankunft im KL Buchenwald; Unterbringung in Block 58

17.2.1945 Arbeitskommando „Stein“, Organisation Todt in Eschershausen

3.3.1945 Verlegung ins Nebenlager Hecht, Organisation Todt in Holzen, Weserbergland

Rückverlegung in das KL Buchenwald

Das Ende des KL Buchenwald

5.4.1945 Himmlers Befehl zur Evakuierung von Buchenwald (47500 Häftlinge);

6.-10.4.1945 Die SS beginnt mit der Evakuierung des Konzentrationslagers; etwa 28.000 Häftlinge des Stammlagers und mindestens 10.000 Häftlinge der Außenlager werden auf insgesamt 60 Marschrouten – meist zu Fuß – auf die Todesmärsche getrieben, 12000 (Schätzung) kommen auf diesen Märschen um.

6.4. 1945 von den ca. 6000 Juden im Lager, können etwa 3000 versteckt werden; 3105 Juden werden im Lager zusammengetrieben, in den Werkshallen der DAW (Deutsche Ausrüstungswerke) eingesperrt und Richtung Flossenburg in Marsch gesetzt

7.4.1945 Todeszug nach Dachau verlässt Weimar mit ca. 7000 Häftlingen

10.4.1945 9.280 Insassen haben an diesem Tag Buchenwald in zwei Kolonnen verlassen. Die SS kündigt für den folgenden Tag die vollständige Räumung des Lagers an.

Evakuierung des KL Buchenwald in Güterwaggons nach Theresienstadt, Flossenbürg und Dachau

10.4.1945 Paul Hoffmann erneut auf Todesmarsch mit Ziel KL Flossenbürg

12.4.1945 Paul kann unbemerkt allein in einen Wald flüchten

13.4.1945 Befreiung nahe Eisenberg in Thüringen durch US-Panzerdivision

1949 nach Köln zur Ausbildung

Juni 1949 Rückkehr nach Bielefeld; wohnt bei Lottes Pflegemutter im ehemaligen Lager- und später Judenhaus Koblenzer Straße 4; Kaufmännischer Leiter der Herrenwäschefabrik Kaufmann &Sachs in Bielefeld

1962 Umzug von Bielefeld nach Düsseldorf mit Frau und zwei Kindern

1962-1986 Geschäftsführer der SG Düsseldorf

1966 1966 Wiedersehen mit Artur Guttentag in Ost-Berlin, beide als Zeugen im Prozess gegen den Standortarzt von Monowitz Dr. med. Horst Fischer. Im Ost-Berliner Gästehaus Johanneshof teilten sie sich ein Doppelzimmer. Artur Guttentag wollte Paul Hoffmann davon überzeugen, dass die
DDR die bessere Wahl für einen deutschen Juden sei.

11.2.2008 Tod in Düsseldorf

Gedenken

2007 – „Lebensspuren meines Vaters“ Buch des Sohnes Daniel Hoffmann

Stolperstein für Lotte Windmüller in Bielefeld, Detmolder Straße 76

Quellen

Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters. Eine Rekonstruktion aus dem Holocaust, Wallstein Verlag, Göttingen, 2007

Daniel Hoffmann, Sklavenarbeit und Mußestunden. Paul Hoffmanns Jugendjahre im Arbeitslager „Schloßhof“, in: Der Schloßhof. Gutshof, Gasthaus, Jüdisches Lager, hrsg. von Bärbel Sunderbrink, 2012, S. 146-161

Daniel Hoffmann, Die zwiespältige Stimme meines Vaters. Paul Hoffmann als Zeuge des
Holocaust im Nachkriegsdeutschland, in: Holocaust Education Revisited. Wahrnehmung
und Vermittlung. Fiktion und Fakten. Medialität und Digitalität, hrsg. von Anja Ballis und. Markus Gloe, Wiesbaden 2019, S. 191-206

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.dfb.de/ePaper/Auf-den-Spuren-von-Julius-Hirsch/60/

http://www.wollheim-memorial.de/de/paul_hoffmann_19212008

https://www.dfb.de/ePaper/Auf-den-Spuren-von-Julius-Hirsch/58/

Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7

Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 6115); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85

https://spurensuche-bielefeld.de/spur/die-stille-heldin-johanne-peppmoeller-1885-1976/

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de938864

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_16.jpg

https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/6108098?s=Hoffmann%20Paul%201921&t=0&p=0

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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1 Kommentar

  1. Lieber Herr Wittstamm, heute habe ich zufällig Ihre Datensammlung im Netz entdeckt. Ich bin sehr bewegt. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer wertvollen Arbeit. Ich habe über viele Personen, deren Namen ich schon Jahrzehnte kenne, mir bisher unbekannte Details erfahren. Bei meinem Vater Paul Hoffmann sind Ihnen ein paar Fehler unterlaufen. Seine Schwester Mathilde ist am 5.11.1923 geboren und am 12.11.1973 in New York gestorben. Mein Vater ist nicht 1949 nach Köln verzogen. Dort war er nur für kurze Zeit zu einer Ausbildung. Er hat bis 1962 in Bielefeld gelebt und ist dann nach Düsseldorf verzogen. Von dem Arbeitskommando „Stein“, Eschershausen, wusste ich nichts. Mein Vater hat darüber nichts aufgezeichnet. Er war im Februar 45 in Holzen. Danach ist er nach Buchenwald zurückgebracht worden. Die Karteikarte, die Sie abbilden, kenne ich nicht.
    Ein kleiner Einwand: Für das Bildmaterial, das Sie verwenden, geben Sie kein Copyright an. Dadurch wird der Eindruck erweckt, sie seien gemeinfrei. Das ist jedoch nicht der Fall. Aber ich freue mich, dass Sie alles so detailliert dokumentieren.
    Beste Grüße von Daniel Hoffmann

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