Siegfried Simon Samson
Fotos Yad Vashem
*4.4.1925 in Aurich; ✡ 1945 auf dem Todesmarsch von Tröglitz nach Theresienstadt
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Abraham Josef Samson *6.3.1885 in Aurich; ✡nach dem 29.1.1943 in Auschwitz
Mutter Frieda Wolff *24.6.1892 in Aurich; ✡ 9.1.1943 in Auschwitz
Geschwister
Hertha Samson *16.10.1919 in Aurich; ✡17.10.2012 in New York
Josef Samson *20.12.1920 in Aurich; ✡ 1880 in Peterborough, England
Grete Samson *31.5.1922 in Aurich; ✡ 26.2.2014 in Boston; oo 1948 Ben Moncznik /Munn
Beruf –
Adressen Aurich, Wallstraße 22 und kurzzeitig Emderstraße 16; Neuendorf
Heirat
Kinder
Weiterer Lebensweg
Acht Jahre Jüdische Volksschule
1939 bis Frühjahr 1940 als Erntehelfer beim Bauern zusammen mit Henry Hoffmann und Menno Cohen
10.11.1938 Vater verhaftet im Novemberpogrom, „Schutzhaft“ in Sachsenhausen
15.12.1938 Entlassung des Vaters aus dem KL Sachsenhausen mit der Auflage, Deutschland zu verlassen
17.5.1939 mit den Eltern und Schwester Grete in Aurich bei Minderheiten-Volkszählung
4.3.1940 aus Aurich ins Landwerk Neuendorf
Die Vertreibungsaktion der Juden aus Ostfriesland, Aurich und Oldenburg
27. 2. 1940 Anordnung der Gestapo Wilhelmshaven, dass sämtliche Juden bis zum 1. April 1940 Ostfriesland, Aurich und Oldenburg die Region verlassen müssten; Begründung: die Nähe zum Kriegshafen Wilhelmshaven
Dr. Max Plaut von der RVJD konnte die Deportation nach Polen abwenden;
März 1940 Umzug der Eltern nach Berlin Mitte, Rosenthaler Straße 40/41; andere ziehen nach Bremen, Hannover und Hamburg.
Schwester Grete beginnt eine Ausbildung zur Krankenschwester im Jüdischen Krankenhaus, Iranische Straße
Die Chewra NOAR AGUDATI ISRAEL in Neuendorf
Juni 1938 Gründung einer Chewra (Gruppe) des „Noar Agudati Israel“ im Landwerk Neuendorf, Jugendorganisation des orthodox-religiösen Verbandes „Agudas Jisroel“ (Gründung 28.5.1912 in Kattowitz). Erklärtes Ziel der Gruppe war, dass jeder Chaluzim über zwei Jahre „an der praktischen und theoretischen Ausbildung in allen Zweigen der Landwirtschaft voll teilnimmt und von einem orthodoxen Jugendführer geistig betreut wird“.
Im Landwerk Neuendorf gab es drei Fraktionen, die orthodox-religiöse, die zionistisch-sozialistische und eine neutrale.
Siegfried Samson zur Hachschara ins Landwerk Neuendorf im Sande
Im April 1940 zählte die Chewra Noar Agudati Israel 33 Mitglieder.
Madrich der Chewra war Josef „Jossel“ Schwarz aus Nürnberg.
11.4.1940 Tod der Mutter von Noar Agudati -Madrich Josef Schwarz
Text in Iwrith: Der Ewige werde Dich im Kreise der anderen Trauernden Jerusalems trösten
https://collections.yadvashem.org/en/documents/3539753
14.4.1940 Die Chewra Noar Agudati kondoliert Madrich Josef Schwarz
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
29.1.1943 Eltern von Berlin nach Auschwitz
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
10. 4.1943 Aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager Große Hamburger Straße
19.4.1943 auf dem 37. Osttransport als Teil der Fabrikaktion, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde.
Esther Bejarano erinnert sich:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diesen mehrere Tage dauernden Horrortrip in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere. Schimschon und Esther hatten sich getrennt, sie hatte inzwischen ein Auge auf Eli Heymann geworfen, an dessen Seite sie den Transport in die Hölle überstand.
20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Ihm wird die Auschwitz-Häftlingsnummer 116965 in den linken Unterarm tätowiert
15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten
18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;
18.1.1945 Beginn des Todesmarsches von 10000 Männern aus dem KL Monowitz nach Gleiwitz
Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:
Zofia Posmysz:
„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“
Asher Aud:
„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“
Sigmund Kalinski:
„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“
Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück
Isidor Philipp berichtet:
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
Das Funktionspersonal aus Monowitz wird geschlossen nach Buchenwald deportiert.
23.1. 1945 Ankunft im KL Buchenwald
Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.
6.2.1945 Verlegt ins Arbeitskommando „Wille“, Hydrierwerke in Tröglitz, Braunkohleverflüssigung der BRABAG
7.4.1945 Befehl der SS, das Lager Tröglitz zu räumen; 3000 Häftlinge deportiert in offenen Güterwaggons mit dem Ziel KZ Theresienstadt
15.4.1945 Der Transportzug erreichte den Erzgebirgskamm. Auf dem Bahnhof Marienberg-Gelobtland zwingen amerikanische Jagdbomber den Zug zum Halten, was einige Häftlinge nutzen, um zu fliehen. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits 146 Häftlinge gestorben, die in einem Massengrab bestattet wurden. Während der Fahrt gelingt es einigen Häftlingen abzuspringen, und in die nahen Wälder zu fliehen.
17.4.1945 Vor dem Bahnhof Reitzenhain zerstören amerikanische Jagdbomber die Lokomotive. Viele Gefangene versuchen zu fliehen. Unter dem Kommando von Transportleiter SS-Oberscharführer Schmidt beteiligen sich Einwohner an der Jagd auf die Geflohenen. Dabei kommen weitere 388 Häftlinge ums Leben.
18.4.1945 Schmidt befiehlt den Fußmarsch Richtung Theresienstadt. Auf diesem Todesmarsch sterben weitere 354. Erst am 7. Mai wird der Rest bei Kaplitze von tschechischen Partisanen befreit. Nur 2100 Häftlinge erreichen Theresienstadt lebend.
Tod Siegfried Samson auf dem Todesmarsch nach Theresienstadt
1945 Schwester Grete im DP Camp Feldafing
Gedenken
25.1.2019 Pages of Testimony für die Eltern und Siegfried von Claudia de Levie
1.6.2010 Stolpersteine für die Eltern und Siegfried in Aurich, Wallstraße 22
Grabstein für
Quellen
https://collections.yadvashem.org/en/documents/3539753
https://stolpersteineaurich.wordpress.com/2010/06/01/siegfried-samson/
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1148735
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1148824
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1148790
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/7001712
BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Esther Bejerano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejerano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
Video-Interview mit Issy Philipp 1994
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130832859
https://www.ortschroniken-mv.de/images/d/d9/MAL_KZ_Aussenlager.pdf
https://www.ernster.com/annot/564C42696D677C7C393738333839313434333533387C7C504446.pdf?sq=2
https://www.topfundsoehne.de/ts/de/service/mediathek/videos/2020/139178.html
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013