Wajnflasz Gertrud

Gertrud Wajnflasz/Weinflasch

*4.10.1920 in Berlin; ✡8.6.2012

Staatsangehörigkeit polnisch; staatenlos

Religion jüdisch

Vater Israel Wajnflasz *15.8.1886 in Warschau ✡31.8.1942 in Auschwitz

Heirat der Eltern 1919

Mutter Erne Etla Wickson *17.4.1894; ✡ 14.1.1942 in Auschwitz

Die Eltern vor ihrem Betrieb; Fotos Yad Vashem

Großeltern Dov Wajnflasch

Großeltern MordechaiMarkus (1859-1940) und Rivka Wickson(✡1931 in Berlin)

Geschwister

Paula Wajnflasz *28.9.1922 in Berlin; ✡14.1.1942 in Auschwitz

Ilse Wajnflasz *5.3.1924 in Berlin; ✡14.1.1942 in Auschwitz

Bernhard Wajnflasz *17.8.1926 in Berlin; ✡14.1.1942 in Auschwitz

Beruf Landwirtschaftliche Praktikantin

Adressen Berlin Swinemünderstraße 123, Bartelstraße 6, Prenzlauer Straße 9

Heirat 13.2.1942 in Kibbuz Givat Karl Shimson Maier *14.2.1920 in Saarbrücken; ✡20.2.2015 in Naharia, Akko

Schwager Siegfried Maier *15.2.1922 in Saarbrücken; ✡ 20.10.1992 in Haifa

Kinder eine Tochter, zwei Söhne

Weiterer Lebensweg

Ostern 1927 Einschulung, 44. Gem. Schule in Berlin

19.5.1933 Wechsel in die 121. Gem. Schule in Berlin

1934 Umzug in die Prenzlauer Straße 9

29.3. 1935 Abgang nach 8 Jahren Volksschule

15.5.1939 Vermittlung eines Hachscharaplatzes im Lehrgut Schocken, Gut Winkel bei Spreenhagen durch das Palästinaamt in Berlin Meineckestraße 10

17.5.1939 bei Minderheitenzählung bereits in Spreenhagen erfasst

August 1939 letztes Wiedersehen mit der Familie bei der Barmitzwa von Bruder Bernhard in der Berliner Synagoge Rykestraße

11.9.1939-31.7.1941 Schwester Paula zur Hachschara in Polenzwerder bis zur Auflösung im Juli 1941

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung in „Jü­di­sches Forst-und Ernte­ein­satz­lager“

Schicksalswege der Familie

Die Polenaktionen – „Häftlingseuthanasie“ des Vaters in Bernburg

28.10.1938 1. Polenaktion, Abschiebung der Juden mit polnischer Staatsangehörigkeit nach Zbaszyn

1.9.1939 Überfall der Wehrmacht auf Polen

Alle Polen werden reichsweit zu feindlichen Ausländern erklärt.

Auch in Beeskow werden die polnischen Chaluzim/oth erfasst und müssen sich täglich beim Bürgermeister melden.

13.9.1939 Verhaftung des Vaters in Berlin in der 2. Polenaktion

Vater Israel in „Schutzhaft“ im KL Sachsenhausen, Häftlingsnummer 9325

5.9.1940 Vater Israel verlegt nach Dachau

12.7.1941 Vater verlegt aus Dachau in das KL Buchenwald, Block 33

November/Dezember 1941 Selektion durch die „Euthanasie“-Gutachterkommission unter Dr. med. Fritz Mennecke, Aktion 14f13 „Häftlingseuthanasie“, ebenso Hersch Hermann Münster aus Recklinghausen

3.3.1942 ein erster Transport mit 90 jüdischen Häftlingen verschiedener Nationen

5.3.1942 schreibt Sekretär Gerhard Godenschweig für Dr. Irmfried Eberl aus der Tötungsanstalt Bernburg an den Lagerkommandanten von Buchenwald:

„Mit unserem Schreiben vom 3. d. M. baten wir Sie, die restlichen 36 Häftlinge uns anläßlich des letzten Transportes zur Verfügung zu stellen. Infolge der Abwesenheit unseres Chefarztes (Dr. Eberl), der bei diesen Häftlingen die ärztliche Begutachtung vorzunehmen hat, bitten wir Sie, dieselben nicht am 18. März 1942, sondern bereits beim Transport vom 11. März 1942 mitzugeben … „
2.3.1942 „Transport I“ der ersten 90 Häftlinge nach Bernburg/Saale geordnet nach dem Alphabet von Abraham, Max (Nr. 1) bis Fuchs, Ernst (Nr. 90)

Transportliste Buchenwald in die Heil- und Pflegeanstalt Bernburg

14.3.1942 deportiert in den „Grauen Bussen“ mit 90 Männern im letzten von vier Häftlingseuthanasietransporten aus Buchenwald zur Tötung mit CO-Gas in die Anstalt Bernburg an der Saale (Total: 402 Häftlinge ermordet)

Auschwitzdeportation der Mutter und Geschwister

11.1.1943 Verhaftung der Mutter und Geschwister und Verbringung ins Sammellager

12.1.1943 Mutter und Geschwister auf dem 26. Osttransport von Berlin nach Auschwitz; 127 Männer werden zur Zwangsarbeit selektiert und erhalten die Häftlingsnummer 86567-86693, alle übrigen werden in die Gaskammern geführt.

Alija beth Gertrud Weinflasch mit den Brüdern Karl und Siegfried Mayer auf der SS PACIFIC

2.8.1940 Abschiedsbesuch bei der Mutter und Geschwister

August 1940 abgemeldet mit Karl Meier mit einer Gruppe von  Chawerim aus Spreenhagen offiziell abgemeldet nach „Paraguay“ , sogenannte Sonderhachschara 7

10.8.1940 Bruder Siegfried abgemeldet aus Jessen-Mühle, zunächst Zugfahrt nach Berlin

16.8.1940 mit dem Zug aus Deutschland fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, die bereits Kinder in Palästina hatten, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Reiseleiter war Efraim Frank

30.8.1940

Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim

3. 9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau;

10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chaluzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN

10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;

Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.

Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen

31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet

1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa.

4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)

5.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden

8.11.1940 Registrierung im Camp Atlith; Karl und Bruder Siegfried geben als Referenz an seinen Cousin Abraham Reinheimer, Ayelet Hashahar Past Rosh Pina

zunächst auch von den Briten zur Deportation nach Mauritius vorgesehen

23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa

25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 jüdische illegale Einwanderer auf das Schiff gebracht.

Walter Steinitz, ebenfalls aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:

“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)

Die ins Wasser gesprungenen und die an Bord Überlebenden werden als Schiffbrüchige der SS Patria von den Briten an Land gebracht.

25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.

26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;

Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.

1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können

September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith

12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.

Gedenken

12.5.1983 Pages of Testimony für die Eltern von Karl Shimshon Maier

128 Pages of Testimony für die Eltern, Geschwister und ca. 100 Chaluzim aus Gut Winkel von Gertrud Maier-Weinflasch

Grabstein für Siegfried Maier auf dem Tsur Shalom Cemetery, Kiryat Bialik, IsraeL

Quellen

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de921843

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de921890

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/71076340

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/12677461

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/5280802

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/127212070

Biographie von Israel Wajnflasz und seiner Familie; von Dr. Evelyn und Richard Grollke, Pullach

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de&s_id=&s_lastName=Weinflasz&s_firstName=&s_place=&s_dateOfBirth=&cluster=true

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316

Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen

Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V

http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html

https://objekte.jmberlin.de/person/jmb-pers-12574/Herbert+Sonnenfeld?se=Suche&qps=q%3DSonnenfeld

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/12678028

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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