Siegfried Kaufmann
*30.8.1905 in Zierenberg; ✡21.6.1979 in Kassel
Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos
Vater Rudolf Kaufmann *23.11.1878 in Zierenberg, Wolfhagen; Kaufmann; ✡3.6.1942 Izbica, Sobibor
Heirat der Eltern 15.8.1904
Mutter Henriette Schartenberg *23.5.1880 in Zierenberg; ✡3.6.1942 Izbica, Sobibor
Geschwister
Alfred Kaufmann *6.1.1911 in Korbach; oo Berta Speier (*25.2.1906); ✡14.11.1973
Beruf Arbeiter, „Mechaniker“
Adressen Korbach, Orpetalerstraße 50; Kassel, Wörthstraße 23; Wartekuppe, Tränkepforte 1/2
Heiraten
1. Ehe
Gertrud Katzenstein *4.7.1916 in Kassel; Überlebende; später oo Grett; ✡30.9.2006 Lake Worth, Florida
Kind aus erster Ehe Helga Kaufmann *21.3.1938 in Kassel; ✡ Juni 1943 in Riga
1946 wird die Ehe geschieden
2.Ehe
Rosa Loeser *9.1.1910 in Rheydt; ✡20.2.1950 in Arolsen im Wochenbett
Kind aus zweiter Ehe Ursula Kaufmann *15.2.1950; oo Dr. med. Helmut Scharwenka (*7.12.1924 ✡März 2009)
3.Ehe
Leonore Indefrey
Weiterer Lebensweg
9./10.11.1938 „Schutzhaft“ im Novemberpogrom, 300 jüdische Männer ins KL Buchenwald; Geldanweisungen von Vater Rudolf, Bau-Berufsgenossenschaft und Ehefrau Gertrud Kaufmann
21.1.1939 Entlassen aus dem KL Buchenwald
17.5.1939 in Kassel mit Ehefrau Trude und Tochter Helga bei Minderheiten-Volkszählung
15.10.1940 -9.12.1941 Wohnadresse Kassel mit Frau Trude und Tochter Helga
6.11.1941 Zuzug der Schwiegermutter Ida Katzenstein geb. Neumarkt (*17.1.1879)
18.11.1941 „Besprechung über die Judenevakuierung“ im Sitzungssaal des Oberpräsidiums Kassel
20. 11.1941 Vermögenserklärung zugeschickt, bis zum 25. 11 ausgefüllt bei der Gestapo vorzulegen
6.12.1941 Verhaftung, Verbringung in die Turnhalle, Schillerstraße mit Frau, Tochter und Schwiegermutter
9.12.1941 1012 Juden in einer großen Kolonne zum Kasseler Hauptbahnhof

9.12.41 Nachmittags Abfahrt des Zugs DA36 über Berlin, Breslau, Posen, Königsberg, Tilsit nach Riga
12.12.1941 Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga bei 40° Kälte
Unterwegs Selektion der 17-45-jährigen Männer, Fußmarsch nach Salaspils
Rückblickend berichtete Siegfried Kaufmann:
„Auf dem Marsch ins Getto wurden wir Arbeitsfähigen ausgesucht, so daß wir das Getto gar nicht betreten haben. Unser Kommando war ca. 80 – 90 Mann stark.“
„Die jungen Männer bis 35 Jahre mussten zur Seite treten und kamen geschlossen nach Salaspils.“
„Das Arbeitslager Salaspils war z.Zt. als ich ankam nur zwei Baracken groß und da schon vor dem Transporte aus Köln und Düsseldorf dort angekommen waren, blieb uns eine Unterkunft versagt. Erst im Laufe der Zeit wurden weitere Baracken erstellt.“

Siegfried Kaufmann, Leiter Lagerpolizei in Salaspils, muss Befehle von Lagerkommandant Nickel ausführen; anwesend bei den Exekutionen der jüdischen Mithäftlinge; Zeugenaussage Julius Rosengarten:

In seiner Funktion kann er vielen Mitgefangenen das Leben retten. Zeugenaussage von Wolf Hirsch aus Kiel (1966):

Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos, Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung
Juli 1942 Siegfried und Alfred verlegt von Salaspils ins Ghetto Riga
Beide auch hier als Ghettopolizei eingesetzt
Siegfried Kaufmann als Ghettopolizist anwesend bei dem Massaker an den jungen lettischen Ghettopolizisten auf de Blechplatz, zusammen mit dem Gruppenältesten von Hannover Günther Fleischel.
Oktober 1943 Siegfried ins Armeebekleidungsamt ABA 701 in Mühlgraben, Kasernierung
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8.-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig
17.8.1944 Transport von Stutthof mit Frau Gertrud und Bruder Alfred mit 500 Häftlingen in das KL Sachsenhausen
Im KL Sachsenhausen werden die Brüder Alfred und Siegfried vom politischen Gefangenen Fritz Altenhein aus Kassel auch mit Nahrung unterstützt.
Der Todesmarsch von Sachsenhausen
21.4.1945 Bei unmittelbar bevorstehender Befreiung durch die herannahende Rote Armee beginnt die Lager-SS 33.000 der noch verbliebenen 36.000 Häftlinge in 500er Gruppen nach Nordwesten auf den Evakuierungsmarsch zu schicken.
Die skandinavischen Häftlinge sind bereits mit den Weißen Bussen auf dem Weg nach Dänemark und Schweden, etwa 3000 Kranke, Ärzte und Pfleger bleiben zurück.
Nur die ersten Kolonnen erhielten noch Lebensmittel. Die Häftlinge mussten täglich 20 bis 40 Kilometer zurücklegen. Das Internationale Rote Kreuz konnte durch Verteilung von Lebensmittel-Paketen viele Häftlinge retten. Wer nicht mehr weiterkonnte, wurde von der SS erschossen. Über 6000 kamen auf dem Marsch um.
22. /23. 4.1945 die Rote Armee und polnische Einheiten befreien das Hauptlager.
Etwa 18.000 Häftlinge lagerten auf dem Todesmarsch vom 23. bis 29. April 1945 im Belower Wald, dem Stadtforst von Wittstock. Auf dem Weitermarsch verschwanden die begleitenden Wachmannschaften; in der Gegend von zwischen Parchim und Schwerin trafen die Marschkolonnen auf ihre Befreier der US Army und der Roten Armee.

Mitgefangener Fritz Altenhein hatte sich bereits am 30.4.1945 im Wald von Below abgesetzt.
6.8.1945 Rückkehr nach Korbach; Ehefrau Gertrud zieht nach Kassel
1946 Scheidung von Gertrud Katzenstein
1946 Zweite Heirat mit Rosa Löser
1945-46 Suchanzeige der Schwägerin Berta Kaufmann für Trude Kaufmann/Katzenstein, Relative search forms used by the World Jewish Congress (WJC) in Stockholm, 1945-1946

15.2.1950 Geburt der Tochter Ursula
20.2.1950 Ehefrau Rosa verstirbt in Arolsen im Wochenbett
4.5.1950 Alfred und Siegfried Kaufmann wohnen mit ihren Familien in Korbach, Prof.-Kümmell-Straße 5; sie betreiben dort ein Textilgeschäft.
17.3.1951 dritte Ehe mit der Kindergärtnerin Leonore Indefrey
März 1958 Geschäftsaufgabe und Umzug nach Kassel
Gedenken

4.4.1989 Page of Testimony für Helga Kaufmann von ihrer Mutter Gertrud Miriam Kaufmann/Grett
Quellen
Hessisches Personenstandsregister, 1849-1931, Sta Zierenberg Geburten Nr. 28 aus 1880
Hessisches Personenstandsregister, 1849-1931, Sta Zierenberg Heiraten Nr. 8 aus 1904
Marion Lilienthal, Deportation und Ausplünderung der Korbacher Juden, Korbach 2013
http://www.gedenkportal-korbach.de/bruederkaufmann.html
http://www.gedenkportal-korbach.de/pdf/deportation.pdf
U.S. Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI)
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de896204
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de894945
Zeugenaussage Wolf Hirsch im Prozess gegen Bovensiepen und andere Stapomänner aus Berlin, S. 44
Zeugenaussage Joel Julius Rosengarten im Prozess gegen Bovensiepen u.a., S. 136-139
https://collections.arolsen-archives.org/en/archive/6253017/?p=1&s=Kaufmann%201905&doc_id=6253019
https://collections.arolsen-archives.org/en/archive/70443333/?p=1&s=Kaufmann%201905&doc_id=70443333
https://collections.arolsen-archives.org/en/archive/6252912/?p=1&doc_id=6252913