Sitta Hecht geb. Stern
*14.8.1902 in Neustadt, Marburg; ✡ 1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Salomon Stern *1.2.1869 in Neustadt; ✡21.3.1935
Stiefmutter Rosa Neuhaus *12.10.1887 in Baumbach; ✡ in der Shoa
Halbbruder
Max Grünewald *10.12.1891 in Waldgirmes; ✡11.3.1942 in Bernburg (14f13 Euthanasie)
Beruf Hausfrau
Adressen Neustadt; Witzenhausen; Neuendorf
Heirat 1931 in Neustadt Carl Hecht*16.5.1895 in Hebenshausen; ✡ 1943 in Auschwitz
Tochter
Rita Hecht *1.5.1933 in Witzenhausen; ✡ 1943 in Auschwitz
Weiterer Lebensweg
17.5.1939 mit Mann und Tochter Rita in Witzenhausen bei Minderheiten-Volkszählung

22.2.1940 Carl Hecht von Witzenhausen gemeldet im Landwerk Neuendorf
Oktober 1940 Rita Hecht abgemeldet aus Witzenhausen zum Schulbesuch in Eschwege; Rita dort vermutlich bei Verwandten untergebracht

2.11.1940 Sitta Hecht von Witzenhausen gemeldet im Landwerk Neuendorf
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
Mai bis September 1941 Auflösung der Hachscharalager Ahrensdorf, Jessen, Havelberg; Verlegung der Chaluzim in das Lehrgut Neuendorf im Sande; nur ein kleiner Teil darf noch im Landwerk selbst arbeiten, die meisten werden zur Zwangsarbeit bei Unternehmen in Fürstenwalde verpflichtet.

25.10.1941 die Eltern holen Tochter Rita aus Berlin (Waisenheim?) nach Neuendorf
17.12.1941 von Witzenhausen abgemeldet ins Landwerk Neuendorf
2.4.1942 Verhaftung der älteren und der bereits bei der Gestapo zuvor auffällig gewordenen Chaluzim aus Neuendorf und Deportation auf Lastwagen in eine große Turnhalle nach Frankfurt/Oder
3.4.1942 Deportation dieser Neuendorf-Gruppe mit 1009 Personen nach Warschau
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
31.3.1943 Die Belegschaftsliste des Landwerk Neuendorf enthält 96 Männer (drei abwesend) und 66 Frauennamen
7.4.1943 Zustellung der Transportlisten für Neuendorf
10. 4.1943 169 Chawerim aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager ehemaliges jüdisches Altenheim Große Hamburger Straße; in Berlin vom Transport zurückgestellt 16 Personen (Geltungsjuden, Juden aus privilegierten Mischehen etc.)
19.4.1943 Chawerim aus 10 jüdischen Einsatzlagern, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde auf dem 37. Osttransport von Berlin nach Auschwitz (Fabrikaktion)
Esther Bejarano erinnert sich:
„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“
Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diese mehrere Tage dauernde Fahrt in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.
20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:
„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“
Vermutlich nicht zur Zwangsarbeit im Auschwitz eingewiesen, sondern nach der Selektion an der Rampe mit der Tochter Rita in die Gaskammern geschickt
Schicksal des Halbbruders Max Grünewald
Juni 1938 Max Grünewald verhaftet in der Aktion ASR („Arbeitsscheu Reich“)
14.6.1938 interniert als ASR-Jude im KL Buchenwald
November 1941 Selektion durch den Arzt durch Fritz Mennecke in Buchenwald in der „14f13- Häftlingseuthanasie
5.3.1942 schreibt Assistent Gerhard Godenschweig für Dr. Irmfried Eberl aus der Tötungsanstalt Bernburg an den Lagerkommandanten von Buchenwald
„Mit unserem Schreiben vom 3. d. M. baten wir Sie, die restlichen 36 Häftlinge uns anläßlich des letzten Transportes zur Verfügung zu stellen. Infolge der Abwesenheit unseres Chefarztes (Dr. Eberl), der bei diesen Häftlingen die ärztliche Begutachtung vorzunehmen hat, bitten wir Sie, dieselben nicht am 18. März 1942, sondern bereits beim Transport vom 11. März 1942 mitzugeben … „


11.3.1942 deportiert mit 90 Männern im zweiten von vier Häftlingseuthanasietransporten aus Buchenwald zur Tötung mit CO-Gas in die Anstalt Bernburg an der Saale (Total: 402 Häftlinge ermordet)
Gedenken
25.3.1990 Page of Testimony für Carl Hecht von Chawer Eli Heimann

1946 Monument zum Gedenken an die zerstörte Synagoge und die ermordeten Juden aus Witzenhausen
Quellen
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1068106
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de857696
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1068342
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1068204
https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/gsrec/current/6/sn/juf?q=stern+raboldshausen
BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)
Harald Lordick, Das Landwerk Neuendorf: Berufsumschichtung – Hachschara – Zwangsarbeit; in Pilarczyk, Ulrike (Hrsg) Hachschara und Jugendalija, Schulmuseum Steinhorst, 2019
Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996
Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2
Esther Bejerano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989
Esther Bejerano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013