Kaufmann Max

Max Monti Kaufmann

*12.12.1913 in Echzell, Büdingen; ✡9.4.2000 in Bielefeld

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Theodor Kaufmann *3.6.1880 in Bisses, Büdingen; ✡ nach 1942 in Minsk

Mutter Emilie Fuld *6.10.1883 in Schaafheim; ✡ nach 1942 in Minsk

Großeltern Simon Kaufmann (✡22.12.1928 ) und Hilda Rossmann

Geschwister

Julius Kaufmann *1.2.1910 in Büdingen; ✡ nach 1942 in Minsk

Beruf Kfm. Angestellter

Adressen Echzell, Hauptstraße 91 Frankfurt, Fichtestraße 18; Bielefeld;

Heirat 23.2.1942 in Bielefeld Johanna Egert *6.4.1921 in Berlin; ✡ 1943 in Auschwitz

Kinder –

Weiterer Lebensweg

Vater Theodor Metzger in Echzell

4 Jahre Volksschule, 6 Jahre Realschule

20.5.1936 Umzug der Familie nach Frankfurt, Musikantenweg 49

1937 Cousin Manfred nach Palästina

1938 Cousin Erwin mit Kindertransport mit 13 Jahren in die USA

1938-September 1939 Max Kaufmann in Frankfurt, arbeitslos

September 1939 -1941 Lehrgut Schocken Gut Winkel in Spreenhagen

Johanna Egert auch zur Hachschara in das Lehrgut Schocken Gut Winkel in Spreenhagen

17.5.1939 Johanna in Gut Winkel bei der Minderheiten-Volkszählung

17.5.1939 Max Kaufmann in Frankfurt bei der Minderheiten-Volkszählung

Johanna Egert und Max Kaufmann 1940 in Gut Winkel

Das Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a

1939 Nach­dem zahl­rei­che, in Bie­le­feld le­ben­de Jü­din­nen und Ju­den in „Ju­den­häu­sern“ zwangs­ein­ge­wie­sen wur­den, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Ko­blen­zer Stra­ße 4 und Paderborn, Grüner Weg 86;

Anfang September ent­stan­d für zu­nächst 36 Praktikanten ein Wohn- und Ar­beits­la­ger in der Ko­blen­zer Stra­ße 4 (heu­te: Ar­tur-La­de­beck Stra­ße 6). Das Haus beherbergte zuvor die Praxis des nach Holland geflüchteten Orthopäden Dr. med. Bernhard Mosberg.

23.3.1940 wegen der räumliche Enge Wechsel von 57 Bewohnern in das Lager in der Schloß­hof­stra­ße 73a, einem ehemaligen Gutshof.

Dort bestand auch eine Un­ter­kunft für alte und kran­ke Jü­din­nen und Ju­den („Sie­chen­heim“) als Ein­rich­tung der RVJD. Vom Lager aus wurden die Männer kolonnenweise bei den Straßen-, Tief- und Gleisbauarbeiten der Fa. Nebelung & Sohn eingesetzt.

1940 erfolgte ein Austausch männlicher Bewohner mit dem Umschulungslager Paderborn; die zionistischen Chawerim wechselten nach Paderborn und umgekehrt. Allein am 9. und 10.Juni 1940 kommen 10 Paderborner in das Lager in der Schloß­hof­stra­ße 73a.

26.2.1941 Max Kaufmann zusammen mit Johanna Egert  von seinen Eltern aus Frankfurt, Fichtestraße 18 ins Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld

Zwangs­ar­beit als Fabrikarbeiter bei der Fir­ma Fried­rich Dar­gel in der Hee­per Stra­ße 132, Trieb­rie­men- und Le­der-Fa­bri­k in Bielefeld

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager Bielefeld“

23.2.1942 Heirat in Bielefeld mit Johanna Egert aus Berlin

Herbst 1942 Errichtung von Baracken für junge Familien auf dem Gelände.

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

Ende Februar/März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz deportiert, um den Arbeitskräftebedarf im Nebenlager Buna zu decken.

27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.

1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld, mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz

Erwin Angress berichtet:

„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“

2.3.1943 ab dem Güterbahnhof Bielefeld für 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit den 69 Insassen des Lager Bielefeld Schloßhofstraße und allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager Paderborn.

3.3.1943 Ankunft und Selektion der ‚Alten Rampe‘ am Güterbahnhof von Auschwitz;

Ernst Michel berichtet:

„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“

Max Kaufmann eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, auf LKW in die Quarantäneblöcke des „Arbeitslager Buna“ gebracht; Tätowierung der „nichtarischen“ Häftlinge, er bekommt die Auschwitz-Häftlingsnummer 105112  in den linken Unterarm tätowiert Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943

„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“

Johanna Kaufmann wurde bei der Selektion an der Rampe von Auschwitz das letzte Mal gesehen.

Ende 1943 bekommt Max eine bevorzugte Funktion in der Häftlingspoststelle. Bericht von Daniel Hoffmann: „Er (Paul Hoffmann)konnte von da an kleine Sendungen direkt über die Poststelle empfangen. Monti sorgte dafür, dass sie nicht von der SS kontrolliert wurden und die anderen dort beschäftigten Häftlinge nichts entnehmen konnten.“

15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten

18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca. 60 000 Häftlinge; 10000 Männer aus Monowitz

18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau

Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:

Asher Aud:

„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“

Sigmund Kalinski:

„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“

Isidor Philipp berichtet:

„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“

Übernachtung in einer Ziegelei in Nikolai, weitere 25 km bis nach Gleiwitz

19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück, Sachsenhausen

Isidor Philipp berichtet:

„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“

Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.

21.1.1945 Aufteilung auf verschiedene Transporte

Max Kaufmann mit 4000 Häftlingen von Gleiwitz in offenen Güterwaggons Irrfahrt über Tschechien, nach Mauthausen und wieder nach Deutschland

„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“

28.1.1945 Ankunft von 3500 Häftlingen, 500 Toten Nordhausen KL Mittelbau Dora bei Nordhausen, V2-Produktion

2.2.1945 verlegt „von Dora“ als Schreiber nach Nordhausen Boehlke Kaserne

1945-49 Bielefeld Anton-Bruckner-Straße 4

1950 Rückkehr nach Echzell, er baut ein Haus in der Gettenauer Straße; später wieder nach Bielefeld, er behielt aber lange Zeit noch eine Wohnung unterm Dach in seinem Echzeller Haus, wo er wohnte, wenn er, wie er es häufig tat, seine alte Heimat besuchte.

9.4.2000 Tod in Bielefeld

Eltern und Bruder Julius

11.11.1941 Eltern und Bruder Julius Kaufmann von Frankfurt nach Minsk

Gedenken

15.7.1994 zahlreiche Pages of Testimony für die Fam. Kaufmann von Menachem Kaufmann

15.12.1999 Page of Testimony für Johanna Egert von Gut Winkel Chawera Gertrud Weinflasz

Quellen

Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)

Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007

http://juedisches-echzell.de/uploads/berichte/Rede%20Degkwitz%20Teil%202.pdf

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de896257

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de896555

#https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de896619

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1088209

https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss=%7B%22q%22:%22Egert%22%7D

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130831998

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/2628588

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/79270937

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_43a.html

https://yvng.yadvashem.org/ad

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_1.jpg

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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