
Karl Heumann
*7.12.1898 in Hellenthal, Schleiden, Rheinprovinz; ✡ 19.5.1944 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Samuel Heumann *1.6.1858 in Hellenthal; ✡30.4.1943 in Sobibor
Mutter Cäcilia Schmitz *27.11.1861 in Wollersheim; ✡ 28.6.1924 in Blumenthal /Hellenthal
Geschwister
Julius Heumann *19.8.1890 in Hellenthal; ✡1918 im 1. WK
Adolph Heumann *1891 in Hellenthal; ✡1918 im 1. WK
Rudolf *30.1.1893 in Hellenthal; ✡7.5.1943 in Auschwitz; Regina Jacob
Joseph Heumann *15.3.1894 in Hellenthal; ✡14.1.1970 in Newark
Johanna Heumann *10.5.1895 in Hellenthal; ✡20.7.1942 in Maly Trostinec
Carola Heumann *7.6.1897 ; ✡12.2.1980 in East Orange; Walter Fromm
Paula Heumann *1902 in Hellenthal; ✡1984
Helene Heumann *1904 in Hellenthal; ✡?; oo Kahn
Beruf Kaufmännischer Angestellter, Mitarbeiter der Bezirksstelle Westfalen der RVJD
Adressen Hellenthal; Jüchen; Bielefeld

Heirat Johanna Henny Falkenstein *15.7.1902 in Hochneukirch; ✡ 1.10.1944 in Auschwitz
Kinder

Margot Heumann *17.2.1928 in Hellenthal;✡ 11.5.2022 in Tucson; oo Mendelson
„Sie gilt als eine der wenigen bekennenden jüdischen Lesben ihrer Generation“ (Neue Westfälische vom 17.2.2021)

Lore Heumann *29.1.1931 in Hellenthal; ✡ 19.5.1944 in Auschwitz
Weiterer Lebensweg
Bis 1932 Inhaber eines kleinen Warenhauses in Hellenthal
1932 -1936 Kaufm. Angestellter
1936/67 Karl Heumann als Angestellter in der Bezirksstelle Westfalen nach Bielefeld, hier wohl vorwiegend für Finanzangelegenheiten zuständig
6.4.1938 Umzug der Familie nach Bielefeld ins Gebäude der Bezirksstelle in der Laerstraße 9
1938 Vater Samuel flüchtet nach Naarden, NL
Seit September 1939 plante er letztlich erfolglos gemeinsam mit seiner Ehefrau Johanna und den Töchtern Margot und Lore auszuwandern, erst nach Venezuela, dann in die USA.

von rechts Margot Heumann, Rahel Stern, Schwester Lore,1939 in Bielefeld, Laerstraße 9
1939 Nachdem zahlreiche, in Bielefeld lebende Jüdinnen und Juden in „Judenhäusern“ zwangseingewiesen wurden, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Koblenzer Straße 4 und Paderborn, Grüner Weg 86;
Anfang September entstand für zunächst 36 Praktikanten ein Wohn- und Arbeitslager in der Koblenzer Straße 4 (heute: Artur-Ladebeck Straße 6). Das Haus beherbergte zuvor die Praxis des nach Holland geflüchteten Orthopäden Dr. med. Bernhard Mosberg.
23.3.1940 wegen der räumliche Enge Wechsel von 57 Bewohnern in das Lager in der Schloßhofstraße 73a, einem ehemaligen Gutshof.
Vereinzelt nahmen jüdische Haushalte auch sogenannte Pensionäre auf, um ihre finanzielle Situation etwas aufzubessern. Das Jüdische Nachrichtenblatt war voll von solchen Anzeigen. Die vierköpfige Familie des Bezirksstellenmitarbeiters Karl Heumann betreute seit 1940 drei ältere Frauen und teilte sich die winzige Wohnung mit ihnen.
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Bielefeld“
26.11.1941 Mitunterzeichner eines „streng vertraulichen“ Schreibens der Bezirksstelle an die lokalen Büros und Vertrauensleute der RJVD als Beauftragter für den Regierungsbezirk Minden, neben dem Leiter Dr. jur. Max Ostwald und Adolf Stern zu den am 13.12.1941 anstehenden Riga-Deportationen:
„Die von der Behörde mit der Organisation und der Durchführung des ersten Transportes Beauftragten können ihre Aufgabe nur dann restlos lösen, wenn sie Ihre ganze Unterstützung erhalten. Wir hoffen nicht, dass Sie uns in irgendeinem Punkt im Stich lassen. […] Es muss alles funktionieren, sonst können Weiterungen eintreten, die niemand verantworten kann.“
April 1942 Errichtung einer Baracke als Siechenheim Wickenkamp auf dem Gelände Schloßhofstraße 73a
Mai 1942 Heumann als Leiter des Büro 2 zuständig für Buchhaltung, Finanz- und Berichtswesen
30.9.1942 im Rundschreiben der RVJD-Bezirksstelle Westfalen Nr. 33 wird er von Adolf Stern als Vertrauensmann für die JKV Bielefeld als Nachfolger des deportierten Max Hirschfeld benannt.
November 1942 Ehefrau Johanna übernimmt für einen Monat die Leitung des Siechenheim Wickenkamp; Henny Heumann berichtet 1943 im Abschiedsbrief an die Schwägerin Carola Heumann-Fromm, dass sie sich auch weiterhin für die Kranken im Siechenheim Wickenkamp eingesetzt hat.
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
Ende Februar/März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz deportiert, um den Arbeitskräftebedarf im Nebenlager Buna zu decken.
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld, mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Mai/Juni 1943 in der Bezirkstelle arbeiten und wohnen nur noch Leiter Adolf Stern Karl
Heumann und die Sekretärin Anneliese Jonas. Es kam noch Hilde Friedberger als Sekretärin hinzu.
1943 Familie Heumann wohnt weiter im Judenhaus im Gebäude der Bezirksstelle in der Laerstraße 9
22.6.1943 Karl Heumann zum Abschied an seine Schwester Carola:
„Unsere Tätigkeit hier wird bald beendigt sein, und werden wir dann zu Hennis Mutter ziehen. Sobald wie eben möglich werden wir Euch von dort schreiben.“

28.6.1943 mit Ehefrau und beiden Töchtern Transport XI/3 in Personenwagen der 3. Klasse von Bielefeld nach Theresienstadt; laut Tochter Margot soll er sich freiwillig gemeldet haben; außerdem die Familie des Leiters Adolf Stern, sowie die Sekretärin Annelies Jonas

16.5.1944 Familie Heumann auf Transport Ea von Theresienstadt nach Auschwitz
18.1.1945 Evakuierung von Auschwitz;
Carola Fromm im September 1945 über das Schicksal ihres Bruders Karl, was sie
von einem jungen Überlebenden in Erfahrung bringen konnte:
„Im Winter 44/45 beim Anmarsch der Russen (18.1.1945) sind beide von den Deutschen nach Buchenwald evakuiert worden. Leider besteht wenig Hoffnung, dass der lb. Carl noch unter den Lebenden weilt. Er hatte in Auschwitz schon geschwollene Hände und Füße vor Schwäche. Sie mussten den Weg durch das ganze Riesengebirge zu Fuß machen. […] Der junge Mann hat den lb. Carl schon während des Transportes nicht mehr gesehen.“
Tochter Margot überlebt Auschwitz und den Todesmarsch Auschwitz-Bergen-Belsen
17.7.1946 Tochter Margot im DP Center Lübeck

Juli 1946 Tochter Margot von Lübeck nach Stockholm

6.12.-16.12.1946 Margot auf der SS DROTTNINGHOLM von Göteborg nach New York
Gedenken
Pages of Testimony für Karl, Jenny und Lore Heumann von Schwester Carola Heumann-Fromm
Quellen
Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de863179
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de863189
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de970418
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de863165
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5046179
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5046177
https://www.statistik-des-holocaust.de/XI3-1.jpg
https://www.rosenland-lippe.de/wp-content/uploads/2021/07/Rosenland-25.pdf
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7243); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_43a.html
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_1.jpg
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998