Bensew Hans

Hans Martin Bensew

*1921 in Wunstorf; ✡ 13.8.1942 im KL Buchenwald

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Hugo Heine Bensew *7.11.1879 in Wunstorf; ✡nach 1942 im Ghetto Warschau

Mutter Martha Rosenfeld *8.8.1889 in Stadthagen, Lemgo; ✡ nach 1942 im Ghetto Warschau

Großeltern Moses Bensew und Theodora Freudenthal

Onkel Jakob Wolf

Geschwister

Werner Arnold Bensew *11.6.1924; ✡Aug 1977 Mount Vernon, NY

Kurt Bensew *8.1.1926 in Wunstorf; ✡ nach 1942 im Ghetto Warschau

Beruf

Adressen Wunstorf, Lange Straße 26; Westerkappeln, Hof Stern;

Heirat ledig

Kinder –

Die Hachschara Bewegung

In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.

Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.

Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachschara-Stätten (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).

So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.

Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.

Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.

Hof Stern in Westerbeck

Der erste Hachschara-Hof in Westfalen entstand in der Gemeinde Westerkappeln. Die Umschulungs- und Einsatzlager des RVJD in Bielefeld und Paderborn folgten erst später und bestanden von 1939 bis 1943. Die Brüder Leo (1900-1938) und Rudolf Stern (1898-1957) aus Osterkappeln hatten den Hof Elstroth, Westerbeck mit der Hausnummer 74 in der Gemeinde Westerkappeln mit 20 Hektar Land Ende 1932  bei einer Zwangsversteigerung erworben. In den Jahren 1933 bis 1938 verpachteten sie den Großteil ihres Hofes Stern an den jüdischen Pfadfinderbund „Makkabi Hazair“, der hier eine landwirtschaftliche Ausbildung für die mittlere und die reguläre Hachschara(>17 Jahre) anbot.

Januar 1934 Beginn der Hachschara; die ersten Chawerim heißen Henry Cohen (Altkarbe), Edgar Adamski (Leipzig) und Markus Lichter (Chemnitz)

1934-1938 arbeiteten und lernten hier 97 „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) 31 Mädchen und 66 Jungen, im Mittel 19 Jahre alt. Manche blieben nur wenige Tage, andere bis zu eineinhalb Jahren zwei allerdings sogar zweieinhalb Jahre

1937 in Westerbeck auf dem Hof Stern 27 Bewohner gemeldet

Von Juni 1936 bis zum Februar 1938 verließen viele Jugendliche den Hof, zumeist in ihre Heimatorte, 18.2.1938 18 Personen abgemeldet aus Westerbeck. Dieser Exodus markiert wohl das Ende der strukturierten Hachschara-Ausbildung.

März -August 1938 nur noch fünf Chaluzim auf dem Hof gemeldet.

Die Leitung des Hofes lag zuletzt (Mai-November 1938) bei dem aus Syke bei Bremen stammenden Ehepaar Dora und Siegfried Löwenstein, die mit ihrer Tochter Grete auf dem Hof lebten.

9./10. November 1938 in der Pogromnacht überfiel ein SA-Trupp den Hof. Das Verwalterehepaar Löwenstein wurde brutal misshandelt, das Mobiliar wurde zerstört, Fensterscheiben wurden zerschlagen. Vier junge Männer lebten zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Hof Stern. Sie wurden ebenso wie der Verwalter Siegfried Löwenstein festgenommen und in Westerkappeln inhaftiert. Während Löwenstein nach einer Woche auf den Hof zurückkehren konnte, wurden die vier anschließend für einige Wochen ins KZ Buchenwald verschleppt. Nur Rudi Frank kann später nach Santo Domingo flüchten.

3.12.1938 Zwangsverkauf des Hofes an den Landwirt Heinrich Pöppelwerth aus Haustenbeck/Lippe

Weiterer Lebensweg

Hans Benzew zur Hachschara auf den Hof Westerbeck/Stern, Hachscharalager des jüdischen Pfadfinderbundes „Makkabi Hazair“ auf Gut Westerbeck in Westerkappeln

In der Pogromnacht vom 9./10.11.1938 wird Hans Bensew durch die SA festgenommen und in Westerkappeln inhaftiert und nachfolgend für einige Wochen ins KZ Buchenwald verschleppt. Von dort kann er kurzzeitig auf den Hof Stern zurückkehren, den er dann im Februar 1939 endgültig verlässt.

7.12.1938 Vater Hugo aus Buchenwald entlassen, Häftlingsnummer 23662

4.2.1942 Anordnung der „Schutzhaft“ durch Stapo Wunstorf wegen „Schlägerei mit deutschen Volksgenossen“

31.3.1942 Eltern und Bruder Kurt ab Hannover auf dem Transport Gelsenkirchen-Münster-Hannover-Warschau

3.4.1942 Einweisung in das KL Buchenwald; Unterbringung in Block 36

9.5.1942 Arbeitskommando 53 Steinbruch, der härteste und gefährlichste Platz in Buchenwald; hier wurden Häftlinge häufig von den SS-Wachen unter dem Vorwand „auf der Flucht“ erschossen

13. 8.1942 im KL Buchenwald „auf der Flucht erschossen“

Die Todesmeldung erfolgt aus dem HKB Häftlingskrankenbau in Buchenwald durch den Sanitätsdienstgrad SS-Hauptscharführer Friedrich Karl Wilhelm

Der Obduktionsbericht führt fünf Einschusslöcher im Rücken und drei am Hinterkopf auf; unterschrieben ist der Bericht vom SS-Lagerarzt Hauptsturmführer Waldemar Hoven

Sowohl Wilhelm wie Hoven wurden im Buchenwald Prozess 1948 zum Tode verurteilt

Gedenken

Stolperstein

27.5.1987 Pages of Testimony  für die Familie Bensew von Nichte Theresa Bensew, Tochter des Bruders Werner

26.6.2013 Pages of Testimony für die Familie Bensew von Cousin Dan Kohen

Quellen

Jüdische Einwohner von Westerkappeln seit 1933 mit Belegungsliste Westerbeck, erstellt von der Gemeinde Westerkappeln am 14.11.1946

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_nwd_420401-39.html

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5280831

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5281084

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de839712

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de839715

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de839713

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de839714

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de901410

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

Gisbert Strotdrees, Kibbuz Westerbeck (Hof Stern), in: Hachschara als Erinnerungsort, 12.12.2022.

https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/4.pdf

https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/ein-kibbuz-in-westfalen/

https://www.wochenblatt.com/landleben/nachrichten/fluchtpunkt-landwirtschaft-ein-bauernhof-als-rettende-insel-12528911.html

https://archive.org/stream/MitteilJdischerPfadfinder/Nr.%2010%20%281936%29_djvu.txt

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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