Isakowitz Heinz Georg

 Heinz Georg Isakowitz; in Argentinien Enrique Jorge

*15.2.1920 in Marienwerder, Westpreußen; ✡  in Rio de Janeiro

Staatsangehörigkeit polnisch

Religion jüdisch

Vater Hermann Hirsch Sigfried Isakowitz *15.4.1879 in Königsberg; ✡ in Riga

Mutter Dorothea Wittenberg *20.3.1878; ✡  29.10.1936

Geschwister

Erwin Sigfried Isakowitz, später Wattin *28.9.1914 in Berlin; ✡ 10.6.1990 in Stockholm; oo Sonja Lewinsky

Georg Thomas Isakowitz; ✡

Eva Isakowitz; ✡; oo Heinz Löwenstein (*22.10.1915)

Beruf Landwirtschaftlicher Praktikant

Adressen Marienwerder, Markt 11; Alt-Schermbeck;

Heirat 1952 Tony Taube Wohlgemuth aus Berlin

Kinder (1964 acht und sechs Jahre alt)

Susi Raquel Isakowitz; oo Zehavi

Tomas Isakowitz

Die Hachschara Bewegung

In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.

Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.

Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachschara-Stätten (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).

So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.

Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.

Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.

Haus Berta am Freudenberg bei Alt-Schermbeck

Auf Betreiben von Leo Gompertz, Vorsitzender der RjF-Ortsgruppe Gelsenkirchen entstand 1934 auf dem Heide und Waldgelände des Julius Goldschmidt eine Jugend und Ferienheim, Haus Berta, benannt nach der Mutter des Julius Goldschmidt. Die feierliche Eröffnung fand am 24.8.1934 im Beisein von reichsweiter RjF- und Rabbinats-Prominenz statt. Heimleiter wurde Dr. jur. Willi Stern, 1933 von den Nazis außer Dienst gestellter Amtsgerichtsrat aus Recklinghausen. Madrich für das erste Landsommerhalbjahr 1935 war Heinz Kahn (HaKa) aus Eschwege.

Die geistliche Betreuung übernahm der zuständige Bezirksrabbiner Dr. Selig Auerbach aus Recklinghausen: Edith Möller aus Hamburg war für d zuständig, Ruth Stamm für den Jugendsport und die Gymnastik. Die Beaufsichtigung der vom Ehepaar Leo und Rosa Auerbach geführten streng koscheren Küche war Aufgabe der von dem Hamburger Rabbiner Dr. Carlebach dazu empfohlenen Edith Möller aus Hamburg-Altona.

Vom 10.5.-31.10.1935 fand das bereits an einer Hachschara ausgerichtete erste „Landhalbjahr“ statt; Madrich war Heinz Kahn (HaKa) aus Eschwege.

Als vermutlich bewusste Provokation wurde Haus Berta 1937 während eines wie immer besonders festlich begangenen Freitagabend-Gottesdienst zum jüdischen Schabbat von der Gestapo geschlossen.

Aus dem Lagebericht von 1937 der Staatspolizeidienststelle für den Regierungsbezirk Münster:

„Die polizeiliche Schließung des jüdischen Ferienhauses (…) hat nach dem vorliegenden Bericht des Landrats in Recklinghausen in der Bevölkerung lebhafte Befriedigung ausgelöst.“

Weiterer Lebensweg

Vater Hermann war Inhaber eines Herrenausstattergeschäftes in Marienwerder

1934/35 in das Ferienheim/ Umschichtungslager „Haus Berta“ am Freudenberg bei Alt-Schermbeck in Trägerschaft des Reichsbund jüdischer Frontsoldaten RjF

10.5.-31.10.1935 Erstes Landhalbjahr in „Haus Berta“

8.6.-31.10.1934 Teilnehmer des Landhalbjahrs I/35 auf Haus Berta

5.12.1935 Zeugnis vom Heimleiter Dr. jur. Willi Stern, Recklinghausen

Das (gescheiterte) Umschulungsprojekt „Fomento Agrícola Adolfo Hirsch“ (1936-1940)

1936 Adolf Hirsch vom 1933 gegründeten „Hilfsverein deutschsprechender Juden“ in Buenos Aires kaufte 40 ha großes ein Landgut in Choele-Choel in der Provinz Rio Negro, Patagonien, im Süden Argentiniens mit dem Ziel, hier das landwirtschaftliche Lehrgut „Fomento Agrícola Adolfo Hirsch“ zu errichten. In Deutschland rekrutierten Agenten der ICA (Jewish Colonization Association) bis 1936 nur Landwirte und lockten mit dem Prinzip „Vorfahrer“: ein Familienmitglied musste vorfahren, um bei Bewährung die Familie nachholen zu können. Es kamen 150 deutsche Juden im Alter von 17 bis 22 Jahren nach Choele Choel. Das Projekt wurde 1940 abgebrochen; nur zwei Familien blieben zurück, auch die von Hermann Hirschmann.

Heinz Georg Isakowitz erinnert sich an seine Emigration 1936 nach Argentinien:

„So viel ich mich erinnere, wurden damals 25 Jungens meines Alters aus dem gesamten Lagerbestand ausgesucht, um als Pioniere für die Adolf-Hirsch-Stiftung auf dem argentinischen Patagonien (Choele Choel) zu arbeiten. Ich war unter diesen.“

19.1.1942 Vater auf Transport von Berlin nach Riga; gibt als Beruf Krankenpfleger an

1952 Einreise von Heinz Georg Isakowitz aus Argentinien nach Brasilien

1952-1954 Heirat

1954 Einreise aus Argentinien nach Brasilien

30.6.1954 Einwanderung von Heinz Georg Isakowitz nach Santos, Brasilien

1964 schreibt er an Leo Gompertz

Tod in Rio de Janeiro

Gedenken

Quellen

Brasilien, Einwanderungskarten von São Paulo

Hirschmann/Leimdorfer, Fomento Agrícola Choele-Choel. In: Zehn Jahre Aufbauarbeit in Südamerika. 1943

https://publications.iai.spk-berlin.de/servlets/MCRFileNodeServlet/Document_derivate_00000049/BIA_051.pdf

https://archive.org/details/leogompertzcolle01gomp/page/n59/mode/1up?view=theater

http://www.holstina.de/history/hausberta.html

https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345341#id20

http://www.dorsten-unterm-hakenkreuz.de/2012/05/28/haus-bertha-am-freudenberg-ein-lichtblick-und-kurzer-hoffnungsstrahl-fur-bedrangte-judische-kinder-aus-dem-reich-den-willen-zum-uberleben-gestarkt/

https://www.schermbeck-grenzenlos.de/index.php/aktuelles/2-uncategorised/17069-auf-den-spuren-der-geschichte-von-haus-berta

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

https://archive.org/stream/MitteilJdischerPfadfinder/Nr.%2010%20%281936%29_djvu.txt

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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