Rudolf Rudi Friedmann
*6.7.1922 in Wiesbaden; ✡ 21.8.1942 in Majdanek
Staatsangehörigkeit polnisch, staatenlos

Vater Adolf Abraham Arie Hersch Zwi Grünspan *1898 in Kielce; ✡ unbekannt
Mutter Lisa Sure/Suse Friedmann *20.6.1892 in Tscherkassy, Ukraine; ✡ Juni 1942 in Sobibor
Großmutter Ida Jehudit Friedmann geb. Saslawski *15.8.1870 in Tscherkassy; ✡28.1.1941 in Wiesbaden
Onkel Georg Friedmann *13.3.1904 in Tscherkassy; ✡21.3.1969 in Hartford, Connecticut
Geschwister
Berta Friedmann *25.5.1921 in Wiesbaden; ✡28.5.1921 in Wiesbaden
Bernhard Friedmann *10.7.1923 in Wiesbaden; ✡unbekannt
Cousin
Martin Friedmann *27.11.1922 in Wiesbaden; ab 12.12.1939 auf dem Gehringshof; nach Juni 1942 in Majdanek/Sobibor
Beruf landwirtschaftlicher Praktikant
Adressen Wiesbaden, Nettelbeckstaße 23, Adlerstraße 56, Ludwigstraße 3; Idstein; Hattenhof
Heirat ledig
Kinder keine
Weiterer Lebensweg
1904 Flucht der Familie aus Tscherkassy vor Pogromen in Russland nach Wiesbaden

1923 ist die Wohnadresse der Mutter Lisa Sure bei ihrem Mann Adolf Grünspan, Adlerstraße 56
12.3.1934 Tod des Großvaters Jakob in Wiesbaden, Hellmundstraße 37
Eltern spätestens 1935 getrennt lebend
1935 Rudi aktives Mitglied des „Schild“, der Sportabteilung des ‚Reichsbunds jüdischer Frontsoldaten’ zusammen mit seinen Cousins Susi Martin Friedmann
10.11.1938 Verhaftung der Onkel Adolf und Georg Friedmann im Novemberpogrom in Wiesbaden
16.11.1938 Onkel Adolf und Georg in „Schutzhaft“ im KL Dachau
23.12.1938 Entlassung von Onkel Adolf Friedmann aus dem KL Dachau

29.12.1938 Entlassung von Onkel Georg Friedmann aus dem KL Dachau
17.5.1939 Rudolf Friedmann mit Mutter Lisa, Großmutter Ida und den Onkeln Georg und Moritz bei Minderheiten-Volkszählung
Juli 1939 Onkel Georg Friedmann flüchtet über Ostende nach Dover
Juli 1939 Cousin Felix Morgenstern mit Kindertransport nach England
6. 8.1939 Onkel Adolf Friedmann einen Brief an den nach England geretteten Cousin Felix (Eltern Jankel Morgenstern und Tante Regina Friedmann):
„Ich freue mich besonders, dass Du Dich so energisch für Deine Angehörigen einsetzt, dass sie auch nach England kommen sollten. Bei dieser Gelegenheit lieber Felix möchte ich Dich bitten, vielleicht kannst Du oder einer, den Du gut kennst, etwas für den Rudi tun, damit er auch evtl. nach England auswandern könnte. Vielleicht kann er auf einer Jeschiwa kommen, er ist doch im Jüdischen sehr begabt, oder vielleicht irgendwohin auf Hachscharah, Du lieber Felix wirst es am besten wissen, wie Du es anfangen sollst.“
21.8.1939 Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis für Rudolf und Cousin Martin Friedmann durch die Polizei Wiesbaden
Das jüdische Umschulungslager Gehringshof
12.11.1939 Rudolf Friedmann zur Hachschara in das jüdische Umschulungslager Gehringshof in Hattenhof bei Fulda; Träger ist der Bachad, 1928 gegründete Jugendorganisation des orthodox-jüdischen Misrachi; das hebräische Akronym בָּחָ״ד BaChaD steht für Brit Chaluzim Datiim, deutsch ‚Bund religiöser Pioniere‘; Träger zuletzt die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD.
Der Gehringshof wurde 1929 erworben von der Kibbuz-Haddati-Bewegung, Mitglied im Bachad, zuvor in Betzenrod und Rodges, ab April 1934 auch Kibbuz Hag Shamash
Die Ausbildung erfolgte auch auf den umliegenden Bauernhöfen. Neben dem Gehringshof bestanden in Hessen Hachscharalager in Grüsen, Külte bei Volkmarsen und Lohnberghütte bei Weilburg.
12.12.1939 Cousin Martin folgt auf den Gehringshof
19.4.-6.5.1940 beide Cousins vorüber in Hattenhof abgemeldet

19.6.1940 Abmeldedatum beider Cousins aus Hattenhof
17.11.1941 zusammen mit mehreren Wiesbadener Juden fängt er in Idstein bei der Fa. Landauer und Donner an, Gerberei und Lederfabrik;

Landauer stellte in der Hauptsache Hutleder her, die in verschiedenen Farben für Hutfabriken produziert wurden.
Auf der vorletzten Seite des Feldpostbriefs, den die NSDAP Ortsgruppe Idstein im
Dezember 1941 an Frontsoldaten schickte, schrieb der Ortsgruppenleiter Merz:
“ Doch etwas muss ich Euch erzählen! Das Straßenbild hat in letzter Zeiteine „Belebung“ erhalten. Wir haben wieder Juden hier, mehr als früher! Mit dem gelben Davidsstern geziert, latschen sie von der Bahn her in dieFabriken zur „Arbeit“! Was wird das denen so ungewohnt sein, mal zu „arbeiten“; denn dieses Wort steht noch nicht im jüdischen Wörterbuch. Aber
jetzt müssen sie ran an die Arbeit. Mit Schawwesschmutz können diese Parasiten heute kein Geld mehr verdienen. Und wohin diese Juden ein Volkbringen, das habt ihr in Russland ja selbst erlebt.“
8.6.1942 dort arbeitet er bis zur anstehenden Deportation nach Majdanek

11.6.1942 Rudolf mit seiner Mutter Lisa, insgesamt zehn Mitgliedern der Familie Friedmann aus Wiesbaden nach Lublin; Majdanek/Sobibor
Nach Ankunft in Lublin werden die meisten direkt nach Selektion in die Gaskammern von Sobibor geschickt; 160 arbeitsfähige Männer gehen zum Aufbau in das Konzentrationslagers Majdanek. Im Totenbuch von Majdanek ist sein Name mit der Häftlingsnummer 11425 und dem Todesdatum 21. August 1942 festgehalten.
21.8.1942 Tod in Majdanek
Gedenken
Schwester Berta 1921 auf dem Jüdischen Friedhof Platter Straße in Wiesbaden beigesetzt
12.12.2005 Pages of Testimony für die Familie Friedmann von Arie Friedmann
7.7.2006 Stolpersteine für Cousin Martin, beide Eltern und Schwester Susi in Wiesbaden, Scharnhorststraße 48
24.4.2008 Stolpersteine für Rudolf und seine Mutter Lisa in Wiesbaden, Hellmundstraße 37
Quellen
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/78790374
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/78790374
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de870848
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de871008
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de870880
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de870939
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT420611-Wiesbaden2.jpg
http://www.fuldawiki.de/fd/index.php?title=Gehringshof
Arolsen Archives, Arolsen Signatur DE ITS 2.1.1.1 HE 016 JÜD 7 ZM
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13.pdf