Hans Friedel Hirsch
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*12.7.1926 in Herford; Auschwitz-Überlebender; ✡5.5.1997 in Herford
Vater Martin Hirsch * 22.1.1895 in Jaraczew, Jarotschin, Polen; Überlebender
Mutter Paula Grünewald *14.11.1890 in Herford; ✡8.7.1934 in Herford (Schlaganfall)
Stiefmutter Edith Neuweck * 23.6.1904; ✡ April 1943 in Auschwitz
Geschwister
Grete Anneliese Hirsch *10.10.1928 in Herford; ✡April 1942 in Auschwitz
Cäcilie Hirsch *8.10.1930 in Herford; ✡April 1942 in Auschwitz
Adressen Herford, Alter Postweg 74 a; Castrop; Flensburg; Breslau, Brandenburger Straße 64; Groß-Breesen; Bad Oeynhausen; Herford
Beruf Kaufmann
Weiterer Lebensweg
1934 Umzug der Familie von Herford nach Castrop
8.6.1935 Hans abgemeldet aus Castrop zur Hachschara nach Molteich, Kreis Schleswig; Lager Jägerslust?
27.9.1935 Eltern mit Schwester Margret abgemeldet nach Breslau
1.1.1938 in Breslau
22.8.1938 Cäcilie Hirsch nach Breslau
Mai 1939 Hans Hirsch mit Eltern und Schwestern bei Minderheitenzählung in Breslau Brandenburger Straße 64 erfaßt
Sommer 1939 Emigration des Vaters nach England
Überseegruppenwanderer Lehrgut Groß Breesen
Mai 1936 Eröffnung des nichtzionistischen Übersee-Gruppenwanderer Lehrgutes Groß Breesen; im Gegensatz zu anderen Lagern ist Groß Breesen nicht an jüdische Organisationen gebunden, war jedoch stark geprägt vom Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (C.V., assimiliert, liberal, national)
1936-1939 Curt „Bo“ Bondy Lagerleiter und pädagogischer Leiter, auf Bitten von Leo Baeck; von vielen ‚Groß-Breesenern‘ wurde er als charismatische Persönlichkeit, der sie viel zu verdanken haben, verehrt. Unterstützt wurde er von Ernst Cramer, einem älteren Praktikanten.
Leiter der landwirtschaftlichen Ausbildung war Oberinspektor Erwin Scheier, dessen Frau Ruth oblag die Hauswirtschaft, Tischlermeister Max Kiwi die Schreinerei.
1939 -1941 Hans Hirsch im Lager Groß Breesen
31.8.1941 Gestapobefehl: Das Lehrgut Groß Breesen wird Arbeitslager
1941 Arbeitslager in Wannsee, Berlin; Herford
1942-1943 Hans Hirsch wieder in Groß-Bresen
Die Schließung der Arbeitslagers Groß Breesen
6.10.1942 Das Schloss (Hauptgebäude) in Groß Breesen muss von den Juden für „arische“ Arbeitskräfte freigeräumt werden, Unterbringung im „Schafferhaus“;
Die Grüssau Gruppe
21.10.1942 Gestapo-Offizier Hampel verliest beim Appell die Namen der 22 zur Verlegung nach Grüssau befohlenen Bewohner
30.10.1942 Verabschiedung der Ehepaare, der jungen Frauen und sechs Jungen
Günther Marcuse schreibt in sein Tagebuch:
„Nach dem Abendessen rief der Inspektor (Hildebrandt) alle zusammen, um die Leute zu verabschieden.“
31.10.1942 Verbringung der 22 Personen in das Judenlager im Kloster Grüssau bei Landeshut – neben Tormersdorf und Riebnig eines der drei Sammellager für die Juden aus der Region Breslau
25 junge Männer verbleiben noch auf dem Hof in Groß Breesen.
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15.11.1942 Belegung des Schafferhauses in Groß Breesen; Hans Hirsch Raum Nr. 3; Zeichnung Günter Marcuse
Fabrikaktion im Arbeitslager Groß Breesen
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“ als Vorbereitung auf die „Fabrikaktion“
Ende Februar/Anfang März 1943 verlassen die letzten „Volljuden“ das Lehrgut Groß Breesen
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
26.2.1943 Das Tagebuch von Günther Marcuse endet mit dem Hinweis, dass bis zum 1.3.1943 mit einer Gestapoentscheidung zum Abtransport der „Volljuden“ zu rechnen ist, während die „Halbjuden“ in Groß Breesen verbleiben sollten.
1.3.1943 Anordnung der Verbringung der „Volljuden“ aus Groß Breesen
Deportation in ein Sammellager nach Breslau, als Leiter der Gruppe Meister Max Kiwi mit Frau und 21 jungen Männern; vier „Halbjuden“ bleiben zurück (Ernst Böhm, Heinz Breslauer, Helmuth Mayer, Josef Oppenheimer)
5.3.1943 Deportation der Groß-Breesener mit dem Breslauer Transport nach Auschwitz; eine Transportliste ist nicht überliefert.
6.3.1943 Ankunft des Breslau-Transportes in Auschwitz; 16 der 21 deportierten Männer aus Groß Breesen bekommen in Auschwitz nach Selektion an der Rampe eine Häftlingsnummer, sind somit zu Zwangsarbeit in BUNA Monowitz vorgesehen. Hans Hirsch bekommt die Nummer 106932 in den linken Unterarm tätowiert.
8.3.1943 Rapport des Arbeitseinsatzführers Schwarz ans RSHA Berlin:
„Transport aus Breslau, Eingang 5.3.43, Gesamtstärke 1405 Juden. Zum Arbeitseinsatz gelangten 406 Männer (Buna) u. 190 Frauen. Sonderbehandelt wurden 125 Männer u. 684 Frauen u. Kinder.“
1943 -Jan 1945 Auschwitz III -Monowitz BUNA und Birkenau
12.5.44 bekommt er 1,- Prämie (Übergabestation)
22.12.44 amtlicher Beleg aus Birkenau dazu
18.-23.1.1945 Auflösung von Auschwitz, Todesmarsch nach Gleiwitz
Todesmarsch von Auschwitz
15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten
18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca. 60 000 Häftlinge; 10000 Männer aus Monowitz
18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau
Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:
Zofia Posmysz:
„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“
Asher Aud:
„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“
Sigmund Kalinski:
„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“
Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
19. – 23.1.1945 Ankunft der Marschkolonnen in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück, Sachsenhausen
Isidor Philipp berichtet:
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.
Hans Hirsch überlebt den Todesmarsch.
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Nach 1945 in Bad Oeynhausen, zuletzt Herford
5.5.1997 Tod in Herford
Quellen
http://www.european-migration.de/euromig/hf/minderh/relmin/juedmin/ahr98/hirsch99.htm
https://collections.arolsen-archives.org/archive/67359491/?p=1&s=Hirsch%20Hans&doc_id=67359491
Bernd Philipsen, Gut Jägerslust, in: Hachschara als Erinnerungsort, 12.12.2022. <https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/11> [25.10.2024].
Jüdische Holocaust-Gedenkstätten und jüdische Einwohner Deutschlands 1939-1945
Sterbeursachenbuch des Standesamtes Herford (Registernummer 260/1934) Paula Hirsch, geb. Grünewald
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de884593
1939 Register von England und Wales
Thomas Jasper, Stadtarchiv Castrop-Rauxel, Erfassungsbogen der Juden in Castrop-Rauxel ab 1933, 2005
Alwin Meyer, Vergiss deinen Namen nicht –Die Kinder von Auschwitz, Steidl Verlag 2016
Heinz Reuter, Die Juden im Vest Recklinghausen, Vestische Zeitschrift Bd. 77/78, 1978/1979
Werner Schneider, Jüdische Heimat im Vest Gedenkbuch 1983
Werner Angress, Generation zwischen Furcht und Hoffnung, 1985
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_sln_43a.html
Arthur Wolff, Bericht für den Groß Breesen Rundbrief Nr. 24, 1984
Damit es nicht vergessen wird, Bericht in zwei Teilen, 1991
Günter Marcuse, Tagebuch Groß Breesen; Groß Breesen Rundbrief Nr. 23, 1966
https://archive.org/details/jdischesausb001f022/page/n2/mode/1up?view=theater
https://www.yumpu.com/de/document/read/3840614/21-brief-19-p745-54-gross-breesen-silesia