Max Kiwi
*26.11.1887 in Schwersenz; ✡ 4.3.1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Vater Hermann Kiewe (1853-1910)
Mutter Friederike Kaliski (*1862)
Großeltern Isaak Moses Kiwi (1814-1895) und Dore Fass
Tante Bertha Kiwi *8.5.1850 in Posen; oo Julius Jacob
Cousin Isidor Kiwi *21.12.1897 in Schwersenz
Geschwister
Else Kiwi *1886 in Schwersenz
Beruf Tischlermeister
Adressen Schwersenz; Schwerin; Groß Breesen;
Heirat Sara Jacob *30.10.1884 in Schrimm; ✡ 4.3.1943 in Auschwitz
Kinder
Hermann Kiwi *21.1.1914 in Schwersenz; ✡?; oo Frances
Weiterer Lebensweg
Gruppenwanderer Lehrgut Groß Breesen
Mai 1936 Eröffnung des nichtzionistischen Übersee-Gruppenwanderer Lehrgutes Groß Breesen; im Gegensatz zu anderen Lagern ist Groß Breesen nicht an jüdische Organisationen gebunden, war jedoch stark geprägt vom Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (C.V., assimiliert, liberal, national)
1936-1939 Curt „Bo“ Bondy Lagerleiter und pädagogischer Leiter, auf Bitten von Leo Baeck; von vielen ‚Groß-Breesenern‘ wurde er als charismatische Persönlichkeit, der sie viel zu verdanken haben, verehrt. Unterstützt wurde er von Ernst Cramer, einem älteren Praktikanten.
Sommer 1936 mit der Familie ins Überseeauswanderer Lager Groß Breesen
Werner Angress schreibt dazu:
„Tischlermeister Max Kiwi, der kurz nach der Inbetriebnahme Groß-Breesens mit seiner Familie dort eintraf, richtete die Tischlerei mit modernen Maschinen und Werkzeugen ein und war für den handwerklichen Teil der Ausbildung verantwortlich. Dabei wurde er von seinem Sohn Hermann unterstützt, der seine Gesellenprüfung abgelegt hatte und sich als ausgezeichneter Lehrer erwies.“
10.11.1938 Überfall der SA auf den Hof in Groß Breesen, alle über 18-Jährigen Männer werden mit einem Bus abgeführt und ins KL Buchenwald gebracht, auch Curt Bondy, der als Homosexueller besonders gefährdet war. Zu den Verhafteten gehört auch Hermann Kiwi und sein Vater Max.
10.11.- 4.12.1938 Max Kiwi interniert im KL Buchenwald, Häftlingsnummer 26062
10.11.- 4.12.1938 Hermann interniert im KL Buchenwald, Häftlingsnummer 28380
Werner „Töpper“ Angress (Amsterdam) berichtet:
„Nachdem ich noch mit Frosch zusammen war, fand ich beim Nachhauskommen Hilla vor […] Sie erzählte, daß sie Breesen kurz und klein geschlagen haben. SS stahl Geld, Schreibmaschinen usw.. Es ist furchtbar. Die Jungen scheinen in Buchenwald zu sitzen. Ich hatte gerade mit Schwarzschild telefoniert, der mir die Grenzübertrittsscheine von Prinz, Juwa und Paul Hirsch bestätigte. Die Jungen müssen sehr, sehr bald raus. Hilla will Donnerstag nach Australien.“
29.12.1938 Cousin Isidor Kiwi wird aus dem KL Sachsenhausen entlassen
4.12.1938 Hermann und Vater Max entlassen aus dem KL Buchenwald
Nach der Entlassung gehen Max und Sohn Hermann ins Lehrgut zurück;
15.12.1938 Hermann Kiwi mit 5 weiteren aus Buchenwald Entlassenen emigriert nach Amsterdam Werner „Töpper“ Angress berichtet:
„Als eben einzig Wichtiges ist zu sagen, daß sechs Leute, Dackel (Gerd Tworoger), Juwa, Prinz, Hermann Kiwi, Floh und Paul Hirsch, hier gestern in Amsterdam angekommen sind, worüber Du das diesbezügliche Telegramm bereits erhalten haben wirst. Dieser erste Trupp geht Montag weiter nach Wieringen, und weitere Jungen sind hier zur Bearbeitung vorgeschlagen. Aus dem KZ. sind sämtliche Jungen und Bo-Scheier und Kiwi entlassen.“
Hermann zunächst mit vieren weiter in das Hachschara Werkdorp Wieringer Meer
Fast alle Breesener der ersten und zweiten Generation vor November 1938 verlassen Deutschland, nur Max Kiwi bleibt als einziger der früheren Ausbilder in Groß Breesen.
Die weiterhin verantwortliche RVJD in Berlin überträgt die Lagerleitung dem Pädagogen Walter Bernstein als Nachfolger Bondys.
17.5.1939 Max Kiwi mit Ehefrau und Cousin Isidor in Groß Breesen bei Minderheitenzählung
Die Thalhimer-Farm „Hyde Farmlands“
4.1.-5.2.1940 Sohn Hermann Kiwi mit zwei Werkdorpern/Groß-Breesenern Paul Hirsch und Gerd Tworoger aus dem Werkdorp auf der SS VEENDAM von Rotterdam-New York
Ziel: W. Franken, der von Thalhimer für die Farm „Hyde Farmlands“ eingestellte Farmmanager
William B. Thalhimer, Warenhausbesitzer in Richmond, kaufte die Farm „Hyde Farmlands“ in Nottoway County, Virginia zur landwirtschaftlichen Ausbildung jüdischer Jugendlicher für die „Virginiagruppe“ der Breesener (Chawerim aus dem Hachscharalager Groß-Breesen)
1940 Vierundzwanzig Groß-Breesener können mit einer Sonderquote für Landwirte nur für die Hyde Farmlands einreisen.
30.4.1940 – bei US Census erfasst in Haytakol, Nottoway auf Hyde Farmlands als „farmhand“ mit den zwei Werkdorpern Gerd Tworoger und Hermann Kiwi, 24 jüdischen Flüchtlingen aus Groß-Breesen, so auch Rolf Falkenstein aus Recklinghausen
Als „Head“ wird Henry Cornes Heinz Kahn (HaKa) aus Eschwege geführt
Ende 1941 nach Erkrankung von Thalhimer wird die Farm geschlossen; bei Kriegseintritt der USA gehen viele Chawerim in die US Army;
Das Ende des Lehrgutes Groß Breesen
31.8.1941 Gestapobefehl: Das Lehrgut Groß Breesen wird Arbeitslager
31.10.42 Verbringung von 22 Juden aus Groß Breesen in das Judenlager im Kloster Grüssau bei Breslau, darunter alle Ehepaare und junge Frauen. 25 junge Männer verbleiben noch auf dem Hof.
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“ als Vorbereitung auf die „Fabrikaktion“
22.2.1943 Verhaftung der Juden im Arbeitslager Grüssau, sogenannte VI. Grüssau-Aktion
23.2.1943 Ankunft des Grüssauer Transports in Auschwitz; von 250 Juden aus Grüssau werden nur sechs Männer (Nr. 104027 bis 104032) in das Lager zur Zwangsarbeit übernommen
26.2.1943 Das Tagebuch von Günther Marcuse endet mit dem Hinweis, dass bis zum 1.3.1943 mit einer Gestapoentscheidung zum Abtransport der „Volljuden“ zu rechnen ist, während die „Halbjuden“ in Groß Breesen verbleiben sollten.
28.2.43 Schließung des Lagers im Kloster Grüssau
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
1.3.1943 Cousin Isidor Kiwi auf dem 31. Osttransport von Berlin nach Auschwitz
Anfang März 1943 Verbringung der „Volljuden“ aus Groß Breesen in ein Sammellager nach Breslau, als Leiter der Gruppe Meister Max Kiwi mit Frau und 21 jungen Männern.
5.3.1943 Deportation der Groß-Breesener mit dem Breslauer Transport nach Auschwitz; eine Transportliste ist nicht überliefert.
6.3.1943 Ankunft des Breslau-Transportes in Auschwitz; 16 der 21 Deportierten aus Groß Breesen bekommen in Auschwitz nach Selektion an der Rampe eine Häftlingsnummer, sind somit zu Zwangsarbeit in BUNA Monowitz vorgesehen.
Max Kiwi gehört nicht dazu.
6.3.1943 Tod in Auschwitz
Gedenken
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Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5278194
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de898506
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de898511
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1090040
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212447
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 6440); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
Volkszählung 1940 der Vereinigten Staaten
Werner Angress, Generation zwischen Furcht und Hoffnung, 1985
https://archive.org/details/jdischesausb001f022/page/n2/mode/1up?view=theater
https://www.yumpu.com/de/document/read/3840614/21-brief-19-p745-54-gross-breesen-silesia
Niederlande, Bevölkerungsregister, 1810-1936; Bron: boek, Deel: 146, Periode: 1912-1938
https://www.oorlogsbronnen.nl/mensen?personterm=Ontruiming%20Joods%20Werkdorp%20Wieringermeer