Renate Krämer
*2.1.1925 in Niederklein, Stadtallendorf; ✡20.5.2023
Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos
Vater Hermann Krämer *1.2.1890 in Steinbach; Kaufmann; oo28.4.1919; Buchenwald; ✡ Bernburg a. d. Saale, Tötungsanstalt „T4-Euthanasie“; 23.6.1942 vermutlich gefälschtes Todesdatum; wohl eher der 11.3.1942 oder in den Tagen danach
Mutter Dina Stern *8.1.1888 in Niederklein; 2.11.1943 von Riga-> in Auschwitz
Großvater Abraham Krämer *11.8.1860 in Hergershausen; ✡ 9.6.1941 in Mardorf , letzte Beerdigung auf dem jüdischen Friedhof Rauischholzhausen
Dina, Ilse, Walter, Renate und Hermann Krämer; Foto Deborah Hirsch (Tochter von Renate)
Geschwister
Ilse Krämer *8.8.1921 in Niederklein; 27.4.1939 mit Affidavit von Verwandten aus Texas (Blumenthal) von Hamburg-> New York; oo Moses Ingber (*27.9.1919, + 24.9.2007); ✡11.7.1988 in Rockaway USA
Manfred Krämer *24.3.1923 in Niederklein; +26.2.1924 in Niederklein
Walter Krämer *24.1.1927 in Niederklein; Riga; oo Sally Wibensky (1932-1997); +23.8.1997 in Levittown New York; Tochter Donna Weiss
Beruf Schülerin
Adressen Niederklein; Mardorf, Haus Nr. 46 ½
Heirat Werner Karl Hirsch *21.7.1915 Karlsruhe; 1936 in die USA; ✡4.12.1987 in Levittown
Kinder
Deborah Hirsch *17.5.1952
Allan Hirsch
Weiterer Lebensweg
Volksschule
9./10.11.1938 Novemberpogrom Vater in Schutzhaft; nach Buchenwald bis 9.12.1938
17.5.1939 mit den Eltern, Walter sowie dem Großvater in Mardorf
1939 nach Frankfurt, Haushaltschule am jüdischen Altersheim Reuterweg 91
28.4.1941 Vater von der Gestapo Allendorf verhaftet, wegen „Lebensmittelhamstern“
5. Mai 1941 Vater Haftanstalt Marburg a. d. Lahn; Polizeigefängnis Kassel
18.7.1941 Vater nach Buchenwald
8.12.1941 Verhaftung und Verbringung mit dem Zug von Marburg nach Kassel, Turnhalle Wörthschule, Schützenstraße
9.12.1941 Transport Kassel nach Riga Skirotawa mit der Mutter Dina und Bruder Walter
Fahrtroute über Berlin, Breslau, Posen, Königsberg, Skirotawa
12.12.1941 Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga bei 40 Grad minus
11.3.1942 Vater überführt Bernburg a. d. Saale, Tötungsanstalt „T4-Euthanasie“; 23.6.1942 vermutlich gefälschtes Todesdatum
1942 im Waffendepot der deutschen Wehrmacht, Pistolen, Gewehre reinigen
Ab 1943 im Armeebekleidungsamt ABA 701 in Mühlgraben, Kasernierung
Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig
29.9.- 3.10.1944 140 Zwangsarbeiter ABA 701 mit dem Frachtschiff „Sanga“ nach Libau, Lettland
13.-14.10. 1944 Die letzten 50 Männer, 10 junge Frauen mit der „Drechtdijk“ auch „Drächtig“ nach Libau; Renate Krämer wohl in dieser letzten Gruppe
SS-Sonderlager Libau in Lettland, Arbeit im Hafen, Be- und Entladen von Schiffen
22.10.1944 Fliegerangriff auf Libau mit zwei Toten unter den Häftlingen
22.12.1944 schwerer russischer Bombenangriff auf die besetzte Stadt, 14 Lagerinhaftierte kommen um
19. 2. 1945 200 Häftlinge von Libau auf dem mit Granaten- und Patronenhülsen beladenen Kohlefrachter „Balkan“ über die Ostsee erst Richtung Lübeck, wegen Bombenangriffen umgeleitet nach Hamburg;
27.2.1945 Ankunft in Hamburg, von der Gestapo in Gefängniswagen vom Hafen nach Fuhlsbüttel
27.2.1945 – 11.4.1945 Polizeigefängnis Fuhlsbüttel „Kola-Fu“, Zuchthaus und Konzentrationslager
12.-15.4.1945 86 km Fußmarsch nach Kiel, ins „Arbeitserziehungslager“ (AEL) „Nordmark“ in Hassee, Außenlager des KL Neuengamme in Kiel.
Rettungsaktion „Graf Bernadotte“ durch das Schwedische Rote Kreuz
Nach Verhandlungen des schwedischen Graf Bernadotte und Norbert Masur vom World Jewish Congress, Stockholm mit Heinrich Himmler nahe Berlin werden 168 jüdische Häftlinge und ihre Kinder nach Schweden freigelassen.
1.5.1945 153 Juden mit weißen Bussen des Roten Kreuz nach Pattburg, Dänemark, Entlausung in der Quarantänestation; weiter mit dem Zug nach Kopenhagen
2.5.1945 mit der Fähre nach Malmö; erste Quarantäne ca. 10 Tage
4.5.1945 Befreiung des AEL Nordmark Hassee durch britische „Royal Army“
13.5.1945 in Smålandsstenar, Schweden in Quarantäne
8.6.1945 Holsbybrunn, Ausländerheim der Schwedischen Ausländerkommission
20.7.1945 Pensionat Wermé, Sjöstäppsvägen 1, Saltsjöbaden (bei Stockholm)
22.9.1945 Antrag für Aufenthalt in Stockholm, Haushaltsarbeit bei Direktor Kiewe, Parkgatan 18,
Wohnadressen in Stockholm, Neglinge, Parkgatan 18, Karlavägen 68 c/o Siegbert Kiewe
25.1.1946 auf der „Saggat“ von Göteborg nach Baltimore. Zieladresse ist Schwester Ilse Ingber, 400 Ocean P.Kway, Brooklyn
11.-20.5.1946 Bruder Walter auf dem US-Marinetransporter Marine Flasher von Bremen nach New York
1951 US-Einbürgerung
2022 lebt sie in Levittown
Gedenken
10.7.1977 Page of Testimony für seine Mutter Dina von Walter Krämer, Levittown
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939 https://www.mappingthelives.org/
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411209-10.jpg
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de904625
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de904650
http://www.alemannia-judaica.de/niederklein_synagoge.htm
https://collections.arolsen-archives.org/archive/6366499/?p=1&s=Kr%C3%A4mer%201890&doc_id=6366501
Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7106); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
Christin Sandow (Hrsg.), Käthe Fries, Schießen Sie mich nieder, Lukas Verlag 2017
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008
Gertrude Schneider, Exile and Destruction, The Fate of the Austrian Jews 1938-1945; Praeger 1995
Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984
Aufbau, Nach Schweden gerettet; Ausgabe vom 22.6.1945
Bernd Philipsen, Fred Zimmak, Hrsg., Wir sollten leben, Novalis 2020
Dietlind Kautzky, Thomas Käpernick Hrsg., Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden VSA 2020
Mein besonderer Dank gebührt Fred Zimmak für die großzügige Unterstützung meiner Recherchen.
Renate Hirsch geb. Krämer ist am 20.5.2023 verstorben. Ich hatte bis in die letzten Tage noch Kontakt mit ihr, vielleicht können sie das Todesdatum ergänzen.
Danke für diese Information!