Wilhelm Willi Naftalie
*10.9.1890 in Soldau, Dzialdowo, Pommern; + 1944 in Riga
Staatsangehörigkeit deutsch
Vater unbekannt Naftalie
Mutter Charlotte Thal *30.9.1863 in Graudenz; Berlin; +6.7.1942 in Theresienstadt;
Geschwister
Margarete Naftalie *7.12.1893 in Soldau; oo Blankenstein; 13.6.1942 Berlin->Sobibor
Siegfried Isidor Naftalie *23.5.1906 in Soldau; oo Lucie Rosenthal (*1911); Berlin; Riga; + Stutthof
Beruf selbständiger Vertreter für Textilwaren, später für Süßwaren
Adressen
Dortmund; Berlin, Köpenicker Straße 30; Bochum, Querenburger Straße 24, Rheinische Straße 28
Heirat 2.12.1919 in Berlin Rosa geb. Naftalie *20.12.1904 in Lautenburg; Riga; + 28.2.1963 in Israel
Kinder
Erich Martin Naftalie * 8.5.1920 in Dortmund; 1939 Palästina
Hans Claus Naftalie *16.4.1930 in Bochum; oo Rosa ; 1939 Rotterdam; +28.3.1943 in Sobibor
Weiterer Lebensweg
1919- 1926 in Dortmund
Umzug nach Berlin, Köpenicker Straße 30
August 1929 Umzug nach Bochum
August 1929 bis Ostern 1930 Sohn Erich Martin in der jüdischen Volkschule in Bochum
Ostern 1930-8.12.1930 Sohn Erich in der Goethe-Oberrealschule
1936-Nov 1938 Sohn Hans besucht die jüdische Volkschule in Bochum
10.11.1938 im Novemberpogrom verhaftet, nach Sachsenhausen deportiert
16.12.1938 Entlassung aus dem KL Sachsenhausen
17.5.1939 mit der Ehefrau in Bochum bei Minderheiten-Volkszählung
1939-1941 Zwangsarbeit im Bergbau in Bochum; seine Witwe schreibt:
1939- Jan 1942 Notstandsarbeiter, Zwangsarbeitslager Borghorst, Dumte; Regulierungsarbeiten an der Steinfurter Aa
Mein Ehemann war von Beruf selbständiger kaufmännischer Vertreter in Bochum. Er wurde am
10.11.1938 bei der allgemeinen Verhaftungswelle auch verhaftet und nach Sachsenhausen ge
bracht, von wo er Ende Dezember 1938 entlassen wurde. Zu einem Zeitpunkt, den ich nicht
mehr mit Bestimmtheit anzugeben vermag, der aber in die Zeit des Kriegsausbruchs gehört, wurde mein Ehemann zur Zwangsarbeit abgeordnet und zwar musste er in einem Bergwerk in der
Nähe von Bochum arbeiten und beim Straßenbau in einem Dorf Dumpte bei Münster helfen. Ich
kann mich erinnern, dass mein Ehemann zur Zeit des Kriegsausbruchs schon nicht mehr zu Hause war. Er durfte manchmal über das Wochenende nach Hause kommen, blieb aber in Zwangsarbeit bis zu unserer Deportation. 117 Diese erfolgte im Januar 1941 (1942) Wir kamen beide nach Riga.
Dezember 1941 Ankündigung der „Umsiedlung in den Osten“
24.1.1942 Bochumer Hauptbahnhof, weiter nach Dortmund, Sammellager Viehhof
27.1.1942 Transport Dortmund nach Skirotawa; Riga, Ghetto
1.2.1942 Ankunft Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto
Februar 1942 Männer aus den ersten Transporten vom Ghetto zum Aufbau nach Salaspils
15.3.1942 2. Dünamünde Aktion im Ghetto Riga;
2.8.1942 192 Männer nach Aufbau von KL Salaspils zurück ins Ghetto
Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung
Außenlager des KL Kaiserwald „Arbeit mit Kabeln, im Wasser stehend“
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Libau nach Danzig
28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig; auf Kohleschiffen weiter nach Stutthof
1.10.1944 Ankunft von Rosa Naftalie in Stutthof
Oktober 1944 Verlegung ins Außenlager Thorn, Aufbau einer neuen AEG-Fabrik
Außenlager AEG-Thorn-Winkenau, Kabelabteilung mit ungefähr 5000 jüdischen Frauen als Gefangenen
20.1.1945 Marsch von Thorn nach Bromberg
26.1.1945 Befreiung durch die Rote Armee
16.3.1954 Eidesstattliche Erklärung der Ehefrau Rosa
Mein Ehemann war von Beruf selbständiger kaufmännischer Vertreter in Bochum. Er wurde
am 10.11.1938 bei der allgemeinen Verhaftungswelle auch verhaftet und nach Sachsen
hausen gebracht, von wo er Ende Dezember 1938 entlassen wurde. Zu einem Zeitpunkt, den
ich nicht mehr mit Bestimmtheit anzugeben vermag, der aber in die Zeit des Kriegsausbruchs
gehört, wurde mein Ehemann zur Zwangsarbeit abgeordnet und zwar musste er in einem
Bergwerk in der Nähe von Bochum arbeiten und beim Straßenbau in einem Dorf Dumpte bei
Münster helfen. Ich kann mich erinnern, dass mein Ehemann zur Zeit des Kriegsausbruchs
schon nicht mehr zu Hause war. Er durfte manchmal über das Wochenende nach Hause
kommen, blieb aber in Zwangsarbeit bis zu unserer Deportation.7 Diese erfolgte im Januar
1941 Wir kamen beide nach Riga ins Konzentrationslager, wo wir aber bald getrennt
wurden. Mein Mann kam nach Salaspils, einem Lager, von dem nur wenige lebend
zurückkamen. Gerettet wurde von diesem Lager, soweit mir bekannt, niemand. Mein
Ehemann kam noch einmal von Salaspils nach Riga zurück. Ich habe meinen Mann
manchmal aus der Entfernung gesehen, das letzte Mal im Mai 1944. Ich hörte noch im Juli
oder August 1944, dass er im Lager und am Leben sei. Jemand, der ihn kannte, berichtete mir
das. Er hat damals bei den Kabeln gearbeitet, eine besonders hässliche Arbeit, weil diese im
Wasser stehend geleistet werden musste.
Gedenken
31.5.2006 Stolpersteine für Wilhelm und Sohn Hans Naftalie Bochum, Querenburger Str. 24
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Hubert Schneider, Die Entjudung des Wohnraums: Judenhäuser in Bochum; Münster, 2010
Gedenkbuch der Opfer der Shoa aus Bochum und Wattenscheid, 2000
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_420127.html
https://collections.arolsen-archives.org/archive/4578551/?p=1&s=Naftalie&doc_id=4578553
https://collections.arolsen-archives.org/archive/130346009/?p=1&s=Naftalie&doc_id=130346009
Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008
Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984
Anita Kugler, Scherwitz – Der Jüdische SS-Offizier, 2017