Erwin Günter Angress
*16.5.1921 in Königshütte; ✡ Mai 2001 in Paderborn

Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Max Angress *22.1.1891 in Königshütte; ✡ vor 1945
Mutter Olga Nebel *14.11.1886 in Jedlin, Pless; ✡ vor 1945
Geschwister
Lieselotte Angress *31.1.1924 in Hindenburg; ✡ vor 1945
Beruf –
Adressen Königshütte; Hindenburg, Friedenshütter Straße 9; Paderborn, Pipinstraße 32
Heirat 13.7.1942 in Paderborn; Klara Affenkraut *7.4.1920 in Leipzig; ✡ 3.3.1943 Auschwitz
Kinder –
Weiterer Lebensweg
1927 Jüdische Volksschule
1931 Oberrealschule
Kaufmännische Lehre bei einem jüdischen Kaufmann
April 1938 – Januar 1940 Zwangsarbeit im Tiefbau
17.5.1939 mit den Eltern und Schwester in Hindenburg bei Minderheiten-Volkszählung
Januar – August 1940 im Landwerk Arensdorf
Mai 1940 mit 5 Ahrensdorfer Chaluzim zur Musterung in einer Kaserne in Juterbog; sechs später kam der „Ausschließungsschein“ „wehrunwürdig“!
25.8.1940 aus Ahrensdorf ins Lager Paderborn verlegt
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Paderborn“
5.7.1941 angeordnete Umbenennung „Jüdische Arbeitseinsatzlager Paderborn“
16.5.1942 Eltern und Schwester deportiert aus Gleiwitz
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
27.2.1943 das Lager Paderborn wird von Polizisten bewacht, um Fluchten zu verhindern
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Paderborn; mit der Bahn nach Bielefeld; mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht” ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“

2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager
3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“

Ins Lager eingewiesen zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, ihm wird die Häftlingsnummer 104892 in den linken Unterarm eintätowiert
18.1.1945 Todesmarsch über 80 km von Auschwitz nach Gleiwitz; Isidor Philipp berichtet:
„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“
„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“
Jan.1945 KL Mittelbau Dora bei Nordhausen, V2-Produktion
März 1945 Todesmarsch nach Bergen-Belsen

Nachkriegsliste Bergen-Belsen , zusammen mit Albert Hirsch und Heinz Galinski (1949 bis 1992 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Präsident des Zentralrates der Juden)
15.4.1945 Befreiung in Bergen-Belsen
Mai 1945 zurück in Paderborn
Langjähriger Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Paderborn
1989 Bundesverdienstkreuz am Bande
1997 Träger des Verdienstordens des Landes Nordrhein-Westfalen
2000 Verleihung des Ehrenrings der Stadt an den langjährigen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Erwin Angreß
2001 Tod in Paderborn
Gedenken
20.4.1983 Page of Testimony für Klara Angress von ihrer Schwester Rosel Oschrin
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de831748
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de831750
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de831739
Erwin Angress, Im Arbeitslager am Grünen Weg in Paderborn, in Opfer und Täter. Zum nationalsozialistischen und antijüdischen Alltag in Ostwestfalen-Lippe, S. 72-86; Frankemölle, Hubert (Hrsg.): Link:
www.80jahrepogrom.jgpb.de › erwin-angress
https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/78879950?s=Angress%201921&t=222915&p=0
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998
https://www.statistik-des-holocaust.de/Gleiwitz4205-1.jpg
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302-Paderborn1.jpg